Die Vollkornbrötchen-Problematik

Vor einiger Zeit wurde hierzulande der Euro eingeführt. Praktisch zeitgleich gab es damals in großen Teilen der Gastronomie eine rabiate Preiserhöhung längst überfällige Anpassung des Preisniveaus. In der sogenannten „mittleren Gastronomie“ Berlins waren davon zunächst vor allen Dingen die Preise offener Weine und preiswerter Hauptgerichte betroffen. Man saß kopfschüttelnd in gar nicht mal so vornehmen Restaurants und versuchte sich zu erinnern, ob man tatsächlich schon mal 9 DM für ein Viertel Dornfelder oder 16 DM für Sülze mit Bratkartoffeln bezahlt hatte. 4,50 € bzw. 8 € klangen natürlich viel sympathischer…
Als der Boden dergestalt vorbereitet war,  zogen die Preise für die Vorspeisen nach. Ich hörte auf, Kartoffelsuppe zu essen. Weil ich genau wusste, dass ich mir bisher keine Kartoffelsuppe mit 50 Pfennig Wareneinsatz für 13 DM hatte andrehen lassen.
Doch diesmal reagierten die mittleren Gastronomen auf das Gejammer ihrer Gäste, die sich beschwerten, dass z. B. ein gemischter italienischer Vorspeisenteller mit etwas eingelegtem Gemüse, zwei, drei Rädchen Salami und einem Stück Provolone plötzlich 9 € statt 9 DM kosten sollte. Sie senkten aber nicht etwa die Preise, sondern erhöhten die Größe der Portionen. Eine ebenso einfache wie geniale Strategie: Mit einem minimal erhöhten Wareneinsatz konnte man dem Kunden die Preiserhöhung schmackhaft machen erklären den Wind aus den Segeln nehmen.
Seitdem schaff ich – in der „mittleren Gastronomie“ – kein „À-la-Carte“-Essen mehr. Ich bin nun wirklich kein Kind von Traurigkeit, aber Vorspeise UND Hauptgericht (vom Dessert – Eis mit heißen Himbeeren für DM 14 – ganz zu schweigen) sind angesichts der Portionsgrößen wirklich nicht drin bzw. reinzubekommen.
Nu, ist ja nicht wirklich ein Problem. Da die geduldigste, beste Gemahlin von allen und ich einen durchaus ähnlichen Geschmack haben, teilen wir uns einfach eine Vorspeise. Portionsgröße und Kosten sind halbiert, alle glücklich.
Sollte man meinen. Aber warum wärme ich eigentlich diese uralte, längst abgefrühstückte Teuro-Kamelle wieder auf? Frühstück ist das Stichwort. Vor ein paar Wochen hat der Bäcker, bei dem ich morgens meine Brötchen hole, die Preise für Vollkornbrötchen empfindlich erhöht. Und als seine Kunden sich massiv deswegen beschwerten, erinnerte er sich der mittleren Gastronomie…

Size does matter!Hat jemand eine Idee, was ich mit einem täglich anfallenden, überzähligen halben Vollkornbrötchen anfangen kann?

9 Gedanken zu „Die Vollkornbrötchen-Problematik

  1. Du wirst lachen, aber haargenau das habe ich schon versucht. Problem ist, dass dieser dunkle Vollkornbrötchenteig im Panzanella geschmacklich ein bißchen sehr speziell wird. Mit Kürbiskernöl geht’s ganz gut, aber das mag man ja auch nicht alle zwei, drei Tage essen.

  2. Aber generell ist die toskanische Küche die Sektion, an die man sich wenden sollte, wenn es darum geht altes Brot zu verarbeiten. Wundert mich auch nicht, toskanisches Weißbrot kann man, glaube ich, so gar nicht essen vor lauter Salzlosigkeit.

  3. Wir teilen uns die ‚Semmeln‘ und die Vorspeisen und die Desserts. Wir gehen auch nur noch mittags zum Essen, abends zu teuer und mit vollem Bauch ins Bett, das verträgt unser Alter nicht mehr :-).

  4. Schön, dass du mal wieder vorbeischaust, Louie! Den Bäcker wechseln? Nu, der Bäcker ist 10 Meter von der Haustür entfernt UND die Brötchen schmecken, das ist ja das Problem. Und Lokale wie deins ham wa in Berlin nicht. Schoppen gibt’s gar nicht, und Riesling ist unter 4,50 nicht zu haben, und das ist dann meistens eine Plörre, die dir die Schuhe auszieht.

  5. Ich hab’s übrigens tatsächlich mit einem Bäckerwechsel probiert. Ich bin jetzt Kunde bei einer Bäckerei, deren Vollkornbrötchen zwar teurer, aber dafür kleiner sind als bei meinem bisherigen Lieferanten. Ich bin mir nicht sicher, ob das tatsächlich sinnvoll ist.

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