Der BRAZ

Den BRAZ, also den Besten Romananfang Aller Zeiten habe ich vorgestern beim Stöbern in der Buchhandlung entdeckt. Buch gegriffen, aufgeschlagen, erstes Kapitel, erster Absatz:

„Sackerment“, rief Goethe, als ihm hinterrücks eine verkorkte Flasche Burgunder so heftig über dem Schädel zerschmettert wurde, dass ihm der Schlag in alle Glieder ging. Er hatte nicht einmal mehr die Zeit gehabt, seinen Daumen aus dem Mund der Frau zu nehmen. Benommen lehnte er sich an den Tisch, um nicht in die Knie zu gehen, aber schon hatte der andere ihn am Kragen gepackt und herumgewirbelt, bereit, ihn mit einem Fausthieb niederzustrecken. Schiller hatte indes das Geweih samt Schädel und Trophäenbrett gegriffen und ließ es nun auf den Rücken des Angreifers niedersausen. Als der Mann ohnmächtig zu Boden ging, knirschten die Scherben unter seinem Leib. Während Schiller das Geweih nicht aus der einen Hand gab, stütze er mit der anderen seinen Freund, bis der seine fünf Sinne wieder zurechtgesetzt hatte.

Buch zugeklappt, bezahlt, nach Hause getragen, durchgelesen. Robert Löhr: Das Erlkönig Manöver. Die deutschen Klassiker suchen und finden das ganz große Abenteuer. Hinreißender Schmöker.
Und – wie gesagt – für mich der beste Romananfang aller Zeiten. Mag wer dagegen halten?
[tags]Roman, Anfang, Schreiben[/tags]

Kartoffelsalat Alzheimer

Am Freitag hab ich mir diese Kochsendung mit Martina und Bernd Neuner-Doppelname rein gezogen, in der sie Kartoffelsalate in Serie produziert haben. Einer hatte es mir besonders angetan, und weil wir am nächsten Tag bei der Schwester der geduldigsten Gemahlin von allen eingeladen waren und etwas zu essen mitbringen sollten, hab ich den gleich nachgekocht. Ich hätt mir die Sendung ja noch mal rein ziehen können, ich hatte sie ja aufgezeichnet, aber das brauchte ich nicht, weil ich mich an das Rezept noch gut erinnert habe:

Kartoffelsalat Alzheimer
Zwei bis drei Pfund Kartoffeln kochen, abgießen, in der Pelle abkühlen lassen, bis sie nur noch warm sind, pellen und in dünne Scheiben schneiden. Salatsauce rühren aus 3 bis 4 Esslöffel Mayonnaise (gerne selbstgemachte), der gleichen Menge Joghurt, zwei Zehen durchgepressten Knoblauch, ein bis zwei Bund feingehackten Dill, anderthalb Esslöffel scharfen Senf, etwas Salz und einem großzügigen Schuß Kürbiskernöl. Wird sehr grün. Mit den Kartoffeln vermischen und servieren bzw. zur Schwester der geduldigsten Gemahlin von allen tragen. War ein Riesenerfolg, ist binnen 5 Minuten weg gewesen.
Am Sonntag hab ich mir dann doch noch mal die Sendung reingezogen und fest gestellt, dass Martina und Bernd Neuner-Doppelname diesen Salat so gar nicht gekocht haben, sondern dass ich in meiner Schusslig- und Vergesslichkeit so zwei bis drei Rezepte durcheinander geworfen habe. Das Ergebnis kann sich aber wirklich schmecken lassen, deshalb hab ich dem Rezept einen naheliegenden Namen gegeben und es hier aufgeschrieben. Damit ich es nicht vergesse.
[tags]Kochen, Rezept, Kartoffelsalat[/tags]

Splitterbrötchen (IX)

Gestern ist Martenstein an mir vorbei geradelt. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber es weht einen tatsächlich ein Hauch von Kurzweil an, wenn Martenstein vorbei radelt.

Als ein Kandidat Jörg Pilawa in seiner Quizsendung mit „Herr Jauch“ ansprach, hat der noch nicht mal mit der Wimper gezuckt. War Pilawa nun hochprofessionell, oder hat er es einfach nicht gemerkt?

Im Tagesspiegel schreibt ein Herr Mühling, F. Scott Fitzgeralds Großer Gatsby sei der „literarische Prototyp des mühelosen Gewinners“. Ich appelliere an Herrn Mühling, das Buch doch (noch?) einmal zu lesen.

Wieso erlaubt Ottmar Hitzfeld eigentlich, dass Ze Roberto bei „Dr. House“ mitspielt?

Das Insider-Manöver ist beinahe so alt wie die Menschheit: Eine Gruppe gründen, um sich über Menschen lustig zu machen, die nicht zu dieser Gruppe gehören. Das macht Spaß. Das ist einfach. So einfach, dass viele Insider es schon mit einer eigenständigen Leistung verwechseln.

[tags]Pseudoweisheiten, Tiefsinn, Wichtigtuerei[/tags]

Hermsdorf bei Nacht – diesmal aus Podersdorf

Podersdorf bei Nacht
Da die beliebte Netzecken-Serie „Hermsdorf bei Nacht“ auch diese Woche ausfallen muss, weil ich nicht nach Hermsdorf komme, veröffentliche ich – um das Stammpublikum dieser Rubrik bei Laune zu halten – einfach ein bereits mehrere Wochen altes Foto aus Podersdorf am Neusiedler See. Podersdorf ist nicht Hermsdorf, zugegeben, und eine S-Bahn gibt es dort ebenfalls nicht, aber wenigstens Nacht ist dort auch. Von abends bis morgens. Und schön ist es in Podersdorf. Sehr schön.
[tags]Hermsdorf, S-Bahn, Nacht, Podersdorf, Etikettenschwindel[/tags]

Aus dem Stellvertreter-Leben

Eben hat sich die Welt für einen Moment zu drehen aufgehört. Als ich im Supermarkt ein neuartiges Produkt entdeckte. Ein Produkt, das sich „Löffelschaum für Padmaschinen“ nennt.
Ja, Löffelschaum für Padmaschinen. Ich bin erst mal mindestens eine Minute lang wegen zweier abwegiger Lese- und Assoziationsfehler (Parmaschinken statt Padmaschine ging ja noch, aber dass ich dann vermeinte Maraschino-Kirsche statt Padmaschine zu lesen, war ziemlich daneben) vor dem Aufsteller rumgestanden, und dann dämmerte mir langsam, was eine Padmaschine sein könnte: so eine dieser Kaffeemaschinen, die so tut, als wäre sie eine italienische Kaffeemaschine. Toll. Und dann war mir auch klar, was dieser Löffelschaum wohl sein muss: ein ingeniöses Produkt, dass so tut, als wäre es Milchschaum, den man beim Italiener auf die Kaffeespezialitäten gelöffelt bekommt. Dann konnte die Welt sich auch weiter drehen, weil ich verstanden hatte, was Löffelschaum für Padmaschinen ist: die Estrellisierung des Cappuccino. Im Hotel Estrel in Berlin-Neukölln läuft seit Jahren „Stars in Concert“, eine Show, in der Schauspieler so tun, als wären sie Frank Sinatra, Tina Turner oder Michael Jackson. Und dank Löffelschaum für Padmaschinen kann ich jetzt eine Flüssigkeit in meine Tasse füllen, die so tut, als wäre sie Cappuccino. Wir leben in einer großen Zeit!
[tags]Produkt-Unfug, Estrel, gehirnalbern, Ungeheuer![/tags]

Versager!

Mensch, SPIEGEL ONLINE, ihr schreibt ja genauso aktuell, fachlich und kritisch wie sonst nur der kicker:

…hat Scholl alles erreicht, rein sportlich blieb er der Unvollendete. Seine Karriere wirkt wie ein Versprechen, das nie ganz eingelöst wurde. Er kann keine Weltmeisterschafts-Teilnahme vorweisen, und insgesamt 36 Länderspiele klingen nicht nach großer Karriere.

Vollkommen korrekt. Achtmal Deutscher Meister, fünfmal Pokalsieger, Uefa-Cup-Sieger, Champions League-Gewinner, Weltpokalsieger und Fußball-Europameister… merkwürdig unvollendet, dieser Scholl. Hat nix aus seinem Talent gemacht. Danke, Spiegel-Online-Sportredaktion, für diesen Hinweis! Wäre mir sonst nicht aufgefallen, was für ein Versager dieser Scholl ist.

[tags]Scholl, Fußball, Spiegel Online, Gehirnversagen, Recherche-Unlust, Ungeheuer![/tags]

Im Weg

Ich geb ja zu, ich steh manchmal im Weg. Da kann ich nichts gegen machen, weil ich ein Mensch bin, der gelegentlich ein wenig verträumt durchs Leben schliddert, da kommt man des öfteren ein wenig vom eigenen Wege ab und gerät in den Weg anderer Menschen. War bisher kein Problem, die konnten mir bisher ja bescheid sagen, dass ich im Weg steh, dann hab ich Platz gemacht. Aus irgendeinem Grund geht plötzlich „im Weg stehen“ noch, aber „bescheid sagen“ geht nicht mehr.
Gestern Abend war ich bei Kaiser’s (Deppenapostroph von Kaiser’s und nicht von mir) am Theo und stehe an der Fleischtheke an. Und neben der Fleischthekenschlange (Mönsch, wie der Grzimek dieses Wort wohl aussprechen würde?) war so’n Sonderangebotsaufbau mit Irgendwas. Ein junger Mensch wollte an mir vorbei, um sich sein Irgendwas abzugreifen, aber da war nicht genug Platz, und ich hab ihn nicht gesehen, weil er von hinten kam. Aber statt zu sagen „Sie stehen im Weg, können Sie mal Platz machen?“ versucht er, durch mich durch zu gehen mich beiseite zu schieben.
Und dann oben an der Kasse bin ich immer ein bißchen überfordert, mein eingekauftes Zeugs in die Tasche und gleichzeitig meine Heppiditischts-Karte in die Brieftasche zu stecken, und die Oma die ältere Dame hinter mir hatte es wohl eilig oder ich war ihr nicht schnell genug, aber anstatt zu sagen „Machense doch ma Platz, Sie halten den ganzen Betrieb auf!“ haut die ältere Dame die Oma mir den Einkaufswagen in die Hacken und fängt an zu schieben.
Ich dachte, die gute Frau wäre nicht mehr zu toppen, aber dann hocke ich im M19 neben einem Dauertelefonierer, und als der an der Bülowstraße raus muss, sagt der nicht etwa „Ich muss aussteigen, lass mich mal durch!“ sondern hält mir einfach den Zeigefinger unter die Nase und zeigt auf den Ausgang, während er mit irgendwem weitertelefoniert.
Warum redet denn keiner mehr mit mir? Ich bin doch nicht taub. Ich steh doch nur im Weg.
[tags]Alltag, Berlin, Zivilisationskrüppel, Ungeheuer![/tags]