Splitterbrötchen (CDLIII)

Den Satz der Woche schuf Dschungelkönig Menderes: „Ich denke, heute ist ein guter Tag zum Wäsche Trocknen.“

Wer eine Obergrenze fordert und nicht bereit ist, sie gegebenenfalls mit Gewalt durchzusetzen, ist ein Dampfplauderer. Wenn Seehofer das also wirklich ernst meint, passt kein Blatt Papier zwischen ihn und die Damen Petry und von Storch.

2016-01-30 20.23.15 (2)Der kulinarische Höhepunkt der Woche: Krautshäuptchen. You can take the boy out of Eschwege, but you can’t take Eschwege out of the boy. Unfotografiert blieb der Runner-Up, eine köstliche Fischsuppe im Dolcini.

Bin ich wirklich der einzige, dem die frappierende Ähnlichkeit zwischen Serena William’s Coach Patrick Mouratoglou und Dr. Bob aufgefallen ist?

Vielleicht verkläre ich die Vergangenheit, aber an eine Zeit mit einem derart miesen, dauergereizten öffentlichen Klima kann ich mich nicht erinnern. Auch die Bereitschaft intelligenter Menschen, sich jederzeit eines pöbelhaften Tons zu bedienen, erscheint mir neu und deprimierend.

 

Splitterbrötchen (CCCXCIX)

Angesichts einer alten Fanta-Flasche minutenlang in Kindheitserinnerungen versunken.

Nach den Anschlägen in Paris hat unsere liebe Kanzlerin es ganz deutlich gemacht: Wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung. Wegen unserer Sicherheit. Allerdings hat Frankreich diese Vorratsdatenspeicherung seit 2006…

Mildes Erstaunen über die junge Dame, die sich mit Gedichtanalysen, aber nicht mit Miete, Steuern und Versicherungen auskennt: Hört die ihren Eltern nicht zu?

Den Satz der Woche schuf Trainer-Gigant Jürgen Klopp: „Wir sind maximal selbstkritisch. Aber viele Fehler haben wir nicht gemacht.“

Damit sollte der BVB sich als Fußballverein mit Anspruch jedoch nicht zufrieden geben. Wir warten mit angehaltenem Atem auf Aki Watzkes nächste PK, in der er unwiderlegliche Beweise präsentiert, dass Kalle Rummenigge die Tabelle manipuliert hat, als gerade niemand hingeguckt hat.

Geschenkt bekommen: ein Tütchen Dukkah, Gewürzmischung anscheinend ägyptischen Ursprungs. Soll man mit Fladenbrot und Olivenöl zu sich nehmen, ich hab’s mit Joghurt und Olivenöl verrührt und mit Selleriestangen aufgedippt. War auch sehr angenehm.

Das Rennen um den Titel „Vollhonk 2015“ ist eröffnet, und überraschenderweise hat  Bernd Matthies vom Tagesspiegel seinen Hut in den Ring geworfen. In einem bodenlos bornierten, strohdummen Kommentar versucht er, den Charlie-Hebdo-Redakteuren eine Mitschuld an ihrer Ermordung anzudichten. Soso, Matthies, Terror ist also vermeidbar. Man muss einfach nur die Terroristen nicht provozieren, dann passiert auch nix. Wen haben denn die Opfer im koscheren Supermarkt provoziert und mit was? Und werden Sie, Matthies, in zukünftigen Gastro-Kolumnen darauf verzichten, Schweinefleisch-Zubereitungen zu erwähnen, um die Gefühle von Menschen nicht zu verletzen, deren Religion dieses Lebensmittel verbietet?

Apropos Klopp: Dessen Brille sieht exaktemang so aus wie die, die einer meiner Lehrer trug. Damals, als wir aus diesen alten Flaschen Fanta tranken.

Gerade nachgeschlagen (war nötig): 400 in römischen Ziffern ist tatsächlich CD. Das kriegen wir dann nächste Woche.

 

Die Swap-Datei. Oder sowas.

„There ain’t no such thing like a free lunch“ ist eins dieser Sprichwörter, mit denen Eltern ihre Kinder nerven. „Es gibt nichts umsonst im Leben“ ist die prosaischere deutsche Variante für die englische Erkenntnis, dass man immer zahlen muss, auch wenn das Mittagessen angeblich gratis war.
Eine Rechnung wird uns dieser Tage präsentiert, und zwar die Rechnung für unsere Bequemlichkeit. Darf ich kurz an die Anfänge der Personal Computer erinnern, an die XTs, ATs und 386er, mit denen man vor fünfundzwanzig, dreißig Jahren die ersten Schritte in Textverarbeitungen, Spreadsheets etc. machte?
Wenn man damals so ein Ding gekauft (für ein unsinniges Geld übrigens), auf dem Schreibtisch platziert und eingeschaltet hatte… passierte erst mal gar nix. Weil einen nur ein leerer Bildschirm anguckte, auf dem erhellenderweise nur „C:\“ zu lesen war. Ja, genau sowas wie die Windows-Eingabeaufforderung. Die Windows-Eingabeaufforderung hieß damals MS-DOS und war das Betriebssystem, dass man erstmal erlernen musste, denn die PCs wurden mit kryptischen Tastaurkürzeln bedient. Mit „format a:\“ konnte man eine Diskette in Laufwerk A: formatieren, mit „cd arbeit“ in einen Ordner namens „arbeit“ wechseln, sich mit „dir“ den Verzeichnisinhalt anzeigen lassen und mit „wp“ Wordperfect starten, die damals (und vielleicht noch heute) beste Textverarbeitung der Welt. Das war am Anfang etwas kompliziert, weil einem die Befehle ungewohnt und willkürlich erschienen. Was sie aber gar nicht waren. Wenn man sich einmal mit der Funktionsweise eines solchen PCs auseinander gesetzt hatte, und gerafft hatte, dass „cd“ die Abkürzung für „change directory“ und „format“ die Abkürzung für „format“ war, ging einem das GeDosse ganz flott von der Hand.
Und man wusste haargenau, warum der Rechner was tat. Wenn das Diskettenlaufwerk oder die Festplatte ansprang, dann nur aus dem Grund, weil ich dem Rechenknecht gesagt hatte, dass er etwas speichern oder laden sollte. Auch wenn man mit einer Textverarbeitung oder einer Tabellenkalkulation arbeitete, wusste man eigentlich immer genau, was der Rechner tat.
Das war nicht schwer, aber die meisten Menschen, die anfingen, mit Computern zu arbeiten stöhnten, wie schwer und unbegreiflich doch diese PCs wären.
Und dann kam Windows (bzw. dieses Mac-Zeugs). Einfach mit der Maus draufzeigen und klicken. Ist heute Standard, war damals sowas wie die erste Mondlandung. Kein Mensch musste mehr Tastaurbefehle auswendig lernen oder die Funktionsweise des Dingenskirchen verstehen, den er da bediente.
Mir war das unheimlich. Wenn Windows lief, ratterte plötzlich meine Festplatte los, ohne dass ich ihr das Losrattern erlaubt hatte. „Ist die Swap-Datei. Oder sowas“, erklärten einem die Windows-Experten. Auf die Frage, was denn „oder sowas“ sein könnte, kam nur ein Achselzucken.
Ich hab mich an DOS geklammert, bis es nicht mehr ging. Ich wollte die Kontrolle über meinen Rechner nicht aufgeben. Aber 1996 oder 97 war es soweit, ich warf den letzten Rechner, dessen Funktionsweise ich hundertprozentig verstanden hatte, auf den Müll und kaufte einen mit Windows 95. Die Auftraggeber bestanden darauf, dass ich meine Texte mit einer hundertprozentig kompatiblen Windows-Textverarbeitung lieferte, und soweit ging mein Starrsinn dann doch nicht, dass ich gutes Geld ablehnte.
Und bald war auch mein Unbehagen wegen der dauernden Festplattenzugriffe und anderer Merkwürdigkeiten in Windows 95 (davon gab es viele!) verschwunden. War ja wirklich bequemer, und was dieses Betriebssystem nun ganz genau auf meinem Rechner veranstaltete, musste ich ja nun wirklich nicht wissen, solange er die Texte ausspuckte, die ich vorher eingetippt hatte. War eben die Swap-Datei. Oder sowas.
Und heute sitzen wir alle an Kisten, die alle irgendwie mit dem Internet und untereinander vernetzt sind, und außer ein paar tausendprozentigen Geeks und Nerds weiß eigentlich keiner, was die Kiste, an der er sitzt, tatsächlich macht. Könnte die Swap-Datei sein. Oder sowas. Wobei „sowas“ ein Virus sein kann. Oder die NSA. Oder die Briten, die Chinesen, die bräsigen Onkels in Strickjacken vom WDR-Computerclub oder eine Kombination aus allem. Wir wissen’s nicht, und wir werden’s nicht mehr herausbekommen. Wir wollten’s ja unbedingt einfach und bequem haben.
Es hat zwar ein paar Jahrzehnte gedauert, aber jetzt ist der Kellner mit der Rechnung für den Gratis-Lunch gekommen.