Yes, we can!

Sagt mal, Ihr Amis,

wie ich heute der Zeitung entnehmen muss, habt ihr euren Obama wirklich verinnerlicht und wollt fundamental was ändern:

Das erste Mal seit 1992 hat ein Land bei Olympia mehr Goldmedaillen als die USA geholt. Was seinerzeit der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) gelang, schafften diesmal die Chinesen. China gewann 51, die USA gewannen 36 Mal Gold…
In den amerikanischen Medien aber wird Chinas Erfolg als symptomatisch für Chinas Aufstieg zu der Weltmacht gesehen. Chinas politische Führer könnten sich freuen, schreibt Bob Hunter, Kolumnist beim „Columbus Dispatch“. Sie wären die perfekten Gastgeber gewesen und hätten der Welt ihre Überlegenheit gezeigt. Das sei bitter, denn: „Damit hat China seine Methoden gerechtfertigt.“ China sei eine „Sportmacht“, die sich etabliert habe, schreibt Gordon Monson im „Salt Lake Tribune“. „Vor London müssen wir etwas ändern.“

Von China lernen heißt also Siegen lernen. Das USOC will tatsächlich in den nächsten 4 Jahren zu chinesischen Methoden greifen, also – ich nenne mal nur die erfolgreichsten – den Kommunismus einführen, flächendeckend die Umwelt plätten, in großem Stil Andersdenkende drangsalieren, wegsperren und umbringen und in den Ausweispapieren junger Sportlerinnen herumradieren.
Und diesen ganzen Aufwand wegen 15 lumpiger, erschwindelter Goldmedaillen? Da wär doch sogar ein Krieg preiswerter. Naja, ihr müsst das wissen.

Tschö.
Der Chris

[tags]Olympia, Peking, Medaillenschwurbel, Gehirnmissbrauch, Ungeheuer![/tags]

Olympische Gänsehaut-Momente V: 100m in 11,9

Da hab ich lange überlegt, ob ich diesen Gänsehaut-Moment in die Netzecke stelle. Schließlich hatte er ja später Nandrolon in der Zahncreme. Ich fiel damals aus allen Wolken, als ausgerechnet Dieter Baumann positiv getestete wurde. Nicht, dass ich naiv bin: Natürlich muss man sich seit einigen Jahrzehnten grundsätzlich bei jeder sportlichen Höchstleistung fragen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Aber Baumann? Baumann doch nicht! Andererseits: den Quatsch, dass die Stasi (der kenianische Geheimdienst, die Da-Vinci-Bruderschaft, die Söhne Harald Norpoths, you name it) seine Zahncreme manipuliert hätten, den kann er seiner schwäbischen Großmutter erzählen, während sie die Spätzle abseiht.
Wie dem auch sei, 92 in Barcelona war er vielleicht hoffentlich bestimmt sauber, als ihm der größte Gänsehaut-Moment von allen gelang, als er die hundert Meter in 11,9 Sekunden lief. Okay, mögen jetzt manche sagen, 11,9 Sekunden über hundert Meter ist durchaus keine Weltklasseleistung, und diesen Skeptikern gebe ich hundertprozentig recht. Vor seinem Hundert-Meter-Sprint war Baumann allerdings schon 4900 Meter gelaufen, und das sollte ein etwas anderes Licht auf die Sache werfen. Während der letzten Runde hab ich jedenfalls keinen Pfifferling mehr auf Baumann gegeben, gegen die afrikanischen Jungs hatte Dieter doch keine Chance, und dann hat dieser Trottel sich auch noch abdrängen lassen, auf Platz fünf oder wo, jetzt ist nur noch Bronze drin, ach Quatsch, Bronze ist auch weg, Baumann, dummer Versager, kann nur die Alleebäume auf der schwäbischen Alb überholen, hat nix drauf, der Mann. Und dann ging die Lücke auf…

Für Momente wie diesen ist das Wort „unwiderstehlich“ geprägt worden. Ich krieg heute noch Gänsehaut, wenn ich zugucke. Und feuchte Augen.

[tags]Olympia, Gänsehaut, Baumann, Barcelona[/tags]

Olympische Gänsehaut-Momente IV: Entfällt wg. Blödheit

Eigentlich sollte hier jetzt ein charmanter kleiner Text über Frank Busemann stehen. Ich wollte mit einer geschmeidigen Überleitung von „Hollywood Hingsen“ anfangen und dann ohne Umschweife auf die Spiele von Atlanta zu sprechen kommen, wo Busemann einen der unterhaltsamsten Zehnkämpfe aller Zeiten vom Stapel ließ. Nicht nur, dass der junge Herr, der gerade vom Hürdenläufer zum Mehrkämpfer umgeschult hatte, eine schier unglaubliche Serie von Bestleistungen hinlegte, nein, er und sein auf der Tribüne mitfiebernder Vater/Trainer ließen eine Serie von lakonischen Sprüchen vom Stapel, die das sportliche Heldenbrimborium mit knochentrockenem Humor erdeten.
Ein paar dieser Sprüche wollte ich zitieren, und ein wirklich nettes Video hatte ich auch bei Youtube gefunden. Doch dann kam der Donnerstag, mit dem Donnerstag kommt seit Jahrzehnten der Donnerstag-kicker, und im kicker stand ein Interview mit Busemann, der als Grüßaugust der ARD gerade in Peking weilt:

kicker: Wie gefallen Ihnen die Spiele?
Busemann: Ich bin positiv überrascht. Der Chinese ist ein netter, zuvorkommender Mensch. Auch wenn er einen nicht ganz so oft versteht. Alles ist wie erwartet sehr gut durchorganisiert – bleibt nur die Frage, ob das Besondere, das Leichte auf der Strecke bleibt. Aber man kann sich hier wohlfühlen.

Und deshalb fällt der Busemann-Beitrag aus. Über Herrn Busemann schreib ich erst wieder, wenn er gemerkt hat, wo er eigentlich gelandet ist.

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Autofocus

Wenn ich den Zeitungen glauben kann, dann ist das Geheimnis der meisten olympischen Medaillengewinner gelüftet:: sie sind bis zu den Ohren zugedopt können besonders gut fokussieren. Womit nicht gemeint ist, dass sie in der Lage sind, ein Kamera-Objektiv scharf einzustellen (damit wären die meisten wohl überfordert), nein, sie können sich einfach besonders gut auf ihren Sport konzentrieren, in dem sie alles andere ausblenden. Von Steroid-Bolide Michael Phelps zum Beispiel sagt man, dass er beim Wettkampf nur das Wasser sieht, sonst nichts. Er sieht also nichts als Wasser, und dann, ja, dann schwimmt er. Muss wahnsinnig aufregend sein. Wäre nix für mich.
Auf alle Fälle ist der Aufenthalt in Peking sicherlich wesentlich kommoder, wenn man in der Lage ist, das Schicksal von Menschen wie Herrn Ji Sizun auszublenden. Herr Ji Sizun hat nichts weiter getan, als den Worten der chinesischen Machthaber und der Herren vom IOC in Sachen Meinungsfreiheit zu vertrauen. Die beide versichert hatten, dass es möglich wäre, während der Spiele in eigens dafür vorgesehenen „Protestzonen“ in Peking friedlich zu demonstrieren. Alles, was man tun musste, war, die geplante Demonstration anzumelden. Herr Ji Sizun glaubt an Recht und Gesetz, denn er ist Anwalt. Deshalb hat er in der ersten Woche der Spiele einen entsprechenden Antrag gestellt. Nachdem er dies getan hatte, konnte er gerade noch seine Angehörigen telefonisch von „Problemen“ benachrichtigen, dann verschwand er. Niemand hat seitdem etwas von Herrn Ji Sizun gehört.
Es wäre natürlich ein schöner Zug vom IOC, wenn es jetzt den Gastgeber mit gebotenem Nachdruck auf das Einhalten seiner Versprechen hinweisen würde. Was hindert diese feigen, geldgierigen Säcke eigentlich daran, den Despoten „Der Weitsprung findet erst statt, wenn Herr Ji Sizun wieder wohlbehalten aufgetaucht ist und unbehelligt demonstriert hat, wie es zugesichert war“ zu sagen? Ach so, das geht nicht, weil die TV-Sender ordentlich Geld hingelegt haben, damit der Weitsprung pünktlich stattfindet. Und die Sponsoren haben auch ordentliche Summen abgedrückt, die wollen keine „bad news“ im Zusammenhang mit den Spielen Hat Herr Ji Sizun eben die Arschkarte gezogen. Selber Schuld, dass er den Worten von IOC und chinesischer Regierung vertraut hat. Hätte doch wissen müssen, dass das gewissenlose Lügner sind, denen Herr Ji Sizun am Arsch vorbei geht.
Und deswegen interessiert es mich immer weniger, wenn irgendeine fokussierende Schwimmerin zur „Power-Frau“ hochgejubelt wird und Franzi „Ich bin so stolz auf sie!“ kreischt, wenn J. B. Kerner heldenhaft zwischen Peking und Nürnberg pendelt, weil wir ihn bei keinem Event verpassen dürfen und wie‘s allüberall so heftig menschelt, wenn‘s statt Gold nur Silber, Bronze oder garnix gibt.
Darauf fokussiert man gern. Auf Menschen wie Herrn Ji Sizun eher nicht. Ich hätte nie gedacht, dass Olympische Spiele mich einmal derart ankotzen würden.

[tags]Peking, Olympia, Menschenrechte, Ji Sizun[/tags]

Olympische Gänsehaut-Momente III: Mit dem Pornobalken auf Lattenhöhe

Ein bisschen sehr tragisch ist es schon, dass man zuerst an seine monumentalen Fehlleistungen denkt, wenn man sich an Jürgen Hingsen erinnert.
Die drei Fehlstarts über hundert Meter in Seoul, die ihn sofort aus dem Wettbewerb katapultierten… So, als wollte er sich absichtlich und möglichst unelegant aus dem Zehnkampf verabschieden, bevor der eigentlich begonnen hatte. Da hingen wir mit offenen Mündern vor der Glotze und fragten uns: „Kann man wirklich so doof sein wie Jürgen Hingsen?“
Und natürlich das Stabhoch-Drama in Los Angeles. Um Himmelswillen. Der bizarrste Stabhochsprung aller Zeiten. Da hingen wir mit offenen Mündern vor der Glotze und fragten uns: „Kann man wirklich so doof sein wie Jürgen Hingsen?“
Er machte es einem aber auch leicht, ihn doof zu finden. Sein nassforsches Auftreten („Ich bin der größte Athlet aller Zeiten.“) und der dämliche Pornobalken unter der Nase… Jürgen Hingsen wirkte nicht wie ein Ernst zu nehmendes Sportidol, sondern eher wie ein geltungsbedürftiger Krefelder Gebrauchtwagenhändler, der mal ordentlich auf den Putz hauen will.
Aber als ich für diesen kleinen Text ein wenig recherchierte, begann ich, Hingsen mit anderen Augen zu sehen. Um Himmelswillen, der Weltrekord, den er 1984 aufgestellt hat, ist ja noch immer Deutscher Rekord! Seit 24 Jahren war kein deutscher Zehnkämpfer besser als Hingsen. War wohl doch kein ganz schlechter.
Und wenn man sich an den Zehnkampf in Los Angeles vor dem Stabhochspringen erinnert, dann war das eine der spannendsten Sportveranstaltungen, denen ich je zugesehen habe. Daley Thompson (mit ähnlichem Oberlippenzierat wie Hingsen ausgestattet, war damals wohl Mode unter Mehrkämpfern) hat ständig vorgelegt, doch Hingsen hat stoisch gekontert und ist immer näher an ihn heran gerückt. Beim Diskus hatte er ihn beinahe, doch dann hat Thompson im letzten Versuch eine neue persönliche Bestweite aus dem Zylinder gezaubert. Knapp daneben ist auch verfehlt, dachten wir, aber es ist ja noch alles drin, es stehen ja noch drei Disziplinen aus. Was kommt als nächstes? Ach, Stabhochsprung…

Für viele bewegungsbegabte Sportler ist eine Karriere als Schauspieler in körperbetonten Action-Filmen eine logische Konsequenz, und als Hingsen nach den Spielen von Los Angeles eine Hauptrolle in einem neuen Meisterwerk aus der Siggi-Rothemund-Schmiede namens „Drei und eine halbe Portion“ angeboten wurde, griff er beherzt zu. Auch in diesem für ihn ungewohnten Metier verleugnete er sich nicht und drückte dem Wettkampf Film seinen eigenen Stempel auf.

Daley Thompson pflegte seinen Dauerrivalen übrigens gern als „Hollywood Hingsen“ zu bezeichnen. Jetzt wissen wir, warum.

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Olympische Gänsehaut-Momente II: Albatros fliegt

In Zeiten, da ich der Zeitung entnehmen muss (nein, ich gucke immer noch nicht), dass diese Nation sich glücklich preisen darf, wenn ihre Schwimmer den gegenüberliegenden Beckenrand erreichen, ohne zu ertrinken, scheint es unglaublich, dass wir mal einen Mann am Start hatten, der den Amerikanern nicht nur Paroli bieten, sondern sogar davon schwimmen konnte. Der zu den Spielen fuhr, ohne viel Aufhebens sein Ding durchzog und mit ein paar Medaillen zurückkam. Denn das war das eigentlich Sympathische an Michael Groß alias „Der Albatros“: seine Unaufgeregtheit. Während die Reporter am Beckenrand sich ein ums andere Mal überschlugen, peitschte er sich mit seiner enormen Flügelspannweite durchs Wasser, stieg aus dem Becken und ging zur Tagesordnung über. Ein ganz normaler, freundlicher Mensch, der lediglich schneller schwimmen konnte als andere. Mehr war Michael Groß nicht, und mehr wollte er auch nicht sein, auch wenn Jörg Wontorra ihn mit seinem hektisch geröchelten „Flieg, Albatros, flieg!“ in mythische Sphären abzudrängen versuchte. Wie dem auch sei, 84 in Los Angeles sorgte der Albatros für ganz großes Kino:

Eine weitere Goldmedaille hätte Michael Groß für die knochentrockenste Antwort aller Zeiten auf eine dämliche Reporterfrage verdient.
Reporter: „Herr Groß, wie war ihre Taktik über hundert Meter Delphin?“
Groß: „Ich sprang ins Wasser und bin so schnell geschwommen, wie ich konnte.“

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Olympische Gänsehaut-Momente I: Der Kran

Seit Freitag laufen diese dubiosen Spiele, die ich ja nicht gucken mag, aber die ganzen zweieinhalb Wochen ohne Spocht? Geht gar nicht. Deshalb hab ich youtube nach ein paar ollen Olympia-Kamellen abzusuchen, die ich hier in den nächsten Tagen vorzeigen werde. Paar Gänsehaut-Klassiker, aber auch ein paar Sachen, die ich mir selbst erst wieder ins Gedächtnis rufen musste. Den heutigen Moment allerdings nicht, wenn man das einmal gesehen hat, kann man‘s nie mehr vergessen.
Stichwort Ringen. Für mich eine etwas gewöhnungsbedürftige Sportart. Männer verschiedener Gewichtsklassen grapschen aneinander herum, bis einer den anderen umgeworfen hat. Big Deal. Nichtsdestoweniger hat die Sportschau in den Sechziger Jahren gern und ausführlich Ringen gesendet, und so war auch ein Ringer-Muffel wie ich vertraut mit Wilfried Dietrich, der in jeder, aber auch wirklich jeder Sportschau als der „Kran von Schifferstadt“ bezeichnet wurde. Vermutlich hatte die ARD seinerzeit diesen Spitznamen-Witz für teuer Geld eingekauft, und deshalb musste er so oft wie möglich verwendet werden. „Und jetzt kommt Wilfried Dietrich, der Kran von Schifferstadt…“ „Wilfried Dietrich, den man ja nicht nur in Schifferstadt den Kran von Schifferstadt nennt…“ „Vielleicht wissen ja einige von Ihnen noch nicht, dass Wilfried Dietrich auch der Kran von Schifferstadt genannt wird…“ Auch wenn es einem physiologischen Wunder gleich kommt, so ein Kran kann einem tatsächlich ganz weit aus den Ohren heraushängen.
Wie dem auch sei, 1972 trat Wilfried Dietrich, der… nein, ich schreib es nicht… also, unser Wilfried Dietrich trat noch mal bei den Spielen in München an, ohne dass ihm irgendjemand allzu viel zutraute. Der… Ringer Wilfried Dietrich hatte seine beste Zeit schon hinter sich, mehr als ein achtbares Abschneiden war wohl nicht drin, und tatsächlich reichte es letztlich nicht zu einer Medaille. Aber wer interessierte sich denn 1972 noch für Wilfried Dietrich? Tagesgespräch war der amerikanische Ringer Chris Taylor, mit fast 200kg der schwerste Olympiateilnehmer aller Zeiten, der im Freistil eine Bronzemedaille errungen (ha!) hatte. Alle Welt rätselte, ob dieser Koloss überhaupt ringen konnte, oder ob er einfach dadurch gewann, dass er sich auf seine Gegner drauflegte und sie unter seinen vier Zentnern begrub. Und als dann unser Kr… Wilfried Dietrich mit seinen damals 39 Jahren in Griechisch-Römisch gegen dieses Riesenbaby antreten musste, war die Frage nicht: „Kann er das gewinnen?“, sondern die Frage war „Kann er das überleben?“ Und dann entkorkte (bitte auf den Kommentator achten, natürlich sagt er es) Wilfried Dietrich diese unglaubliche Nummer:

 

Tja, was soll man dazu sagen? Der Zorn des Kran?

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