Splitterbrötchen (CCCLXII)

Diesjähriger Spargelzubereitungsvarianten-Favorit: Aufm Blech im Ofen.

Schöne neue Welt: Wenn Menschen etwas fotografieren wollen, kaufen sie sich heutzutage ein Telefon.

Spargelsaucen-Favorit (seit mehreren Jahren): die Avocado-Pampe (reife Avocado zermusen, mit zwei, drei Esslöffeln Hühnerbrühe, gehackten Frühlingszwiebeln, Zitronensaft und reichlich Kürbiskernöl verrühren. Das Drüberstreuen gehackter Kresse schadet nicht).

Zum Vergleich:
„Ihre Karte steht zur Entnahme bereit.“ (Schwurbeliges Bankautomaten-Deutsch)
„Ömür, machst du Backshop?“ (einfaches, klares Edeka-Deutsch)

Auf youtube findet man ein Video, in dem ein Octopus ein Schraubglas aufschraubt. Von innen. Nu stellen Sie sich mal vor, das Glas stünde in Ihrer Speisekammer…

Wer einen grandiosen Höchstkomik-Theaterabend erleben möchte, der eile ins Renaissance-Theater und sehe sich „Der nackte Wahnsinn“ an. Großmeisterlich. Und saukomisch.

Und ein Berliner Spargeltipp für heute: Mai- und Spargelfest im Rudolph-Wilde-Park am Rathaus Schöneberg. U. a. kann man frischesten Spargel kaufen und den gratis von einer ganz faszinierenden Maschine schälen lassen. Ja, und Spargelwein gibt’s auch.

Splitterbrötchen (CCCLXI)

Den Satz der Woche verdanken wir Altmeister Effjott Wagner: „Es ist so irritierend, unseren Altkanzler in den Armen Putins zu sehen.“

Um bei Putin zu bleiben: Laut SpOn haben Frau Merkel und Herr Obama ihn aufgefordert, für Stabilität in der Ukraine zu sorgen. Haben die beiden sich diese Forderung gut überlegt? Was tun sie, wenn er das wörtlich nimmt?

Absolutes Wochenhighlight: die geduldigste Gemahlin gibt eines ihrer (zu) seltenen Gastspiele in der Küche und haut Hühnerherzen in sahniger Senfcreme raus. Zum Niederknien!

Sekundenlanger, verstörender Realitätsverlust, als ich den neben den angeketteten Fahrrädern liegenden Außenbordmotor bemerkte.

Dass die Masse Mensch sich gern am Sturz großer Männer labt, ist bekannt. Mit welcher Vehemenz jedoch die Qualitätsmedien diese Woche versuchten, den Sturz Guardiolas herbeizuschreiben, war dennoch überraschend.

Ich verstehe nicht, warum ausgerechnet dieser Film kein Kult-Film geworden ist. Warum ausgerechnet dieser Film komplett aus dem kollektiven Gedächtnis verschwunden zu sein scheint. Obwohl ausgerechnet dieser Film alles hat, was ein Klassiker haben muss und noch etwas mehr: Er zerreißt einem das Herz. Ich meine „Die fabelhaften Baker Boys„.

Zurück zu Putin und der Ukraine. Wer über die diesbezügliche Berichterstattung verärgert ist und 25 Minuten Zeit hat, sollte Gabriele Krone-Schmalz zuhören. Es lohnt. Sehr.

Splitterbrötchen (CCCLX)

Menschen, die keine Angst haben, sind für gewöhnlich überhaupt nicht mutig. Meist ist eher ein gerüttelt Maß an Blödheit im Spiel.

Ich verstehe die ganzen negativen Kommentare zu Real Madrid-Bayern München nicht. Die Bayern haben also schlecht gespielt. Natürlich. Das ist das normalste von der Welt, dass Madrid im Bernabeu zwei Halbzeiten lang nur auf Konter spielt.

Unterschätzter Leckerbissen: eingelegter Handkäse („mit Musik“). Marinade aus einem gescheiten Essig, Frühlingszwiebeln, Senf und neutralem Öl, 12 Stunden marinieren lassen… derzeitiges Lieblings-Strohwitwer-Essen.

Eine riesige Brache mitten in einer Millionenstadt ist eine einmalige städtebauliche Chance, die gerade in eindrucksvoller Weise versemmelt wird. Die auf dem Tisch liegenden Vorschläge sind symptomatisch für das derzeitige geistige Klima Berlins: mutlos, ideenlos.

Aus Irland habe ich mir die Reste unseres Bord-Frühstückstees mitgebracht. Den haben wir im Supermarkt als Schnäppchen gekauft, 80 Beutel für 1,40 Euro (kein Tippfehler). Aus drei dieser Beutel kann man eine Kanne Tee kochen. Dieser Tee ist geschmacklich Lichtjahre von hiesigen Beuteltees entfernt und von dem aus einer losen „English Breakfast“-Mischung zubereitetem nicht zu unterscheiden. Als Teetrinker hat man’s in Irland und Großbritannien tatsächlich besser.

Schnell noch ein Tipp für den Gemüseeinkauf in Berlin: der Markt in der Crellestr. (Mittwoch und Samstag, jeweils vormittags). Extrem preiswert, großes Angebot, kernige Atmosphäre.

 

 

Splitterbrötchen (CCCLIX)

Zur Männerwoche auf Irlands Gewässern: The craic on board was plenty. Irland ist ein gesegneter Ort, gelegentlich jedoch etwas hochpreisig.

Guinness, irische Frühstückwürstchen und Ingwer-Kekse sind herausragende Kulturleistungen, vor denen sich der Rest der Welt täglich verneigen sollte.

Sollte es jemand nach Enniskillen verschlagen: Im „Kamal Mahal“ kann man sehr, sehr gut und preiswert (!) indisch essen. Von dem Laden können sich die Berliner Inder eine dicke Scheibe abschneiden.

Ich schrieb es schon des öfteren, ich schreibe es aus gegebenem Anlass erneut: Die Unschuldsvermutung ist eine der wertvollsten Errungenschafent der Menschheit. Ein Mensch ist erst schuldig, wenn seine Schuld bewiesen ist, nicht bereits, wenn er unter bloßem Verdacht steht. Mir scheint, dass wir nur noch Millimeter von der Hexenverbrennungs-Barbarei entfernt sind.

Splitterbrötchen (CCCLVIII)

Vor ein paar Jahren hat er gesagt, dass er keine Songs mehr schreibt, weil es ihn langweilt. Ich hätte aber trotzdem gern ein Album mit neuen Billy-Joel-Songs.

Der zukünftige Berliner Kulturstaatssekretär Tim Renner hat vor Vertretern der Buchbranche in einer Rede erfrischenden Klartext geredet und den Herrschaften gesagt, dass sie gerade alles falsch machen, was man nur falsch machen kann. Bin gespannt, wie lange seine Bürokraten brauchen, um ihn kleinzukriegen.

„Der Sachzwang ist schuld, nur der Sachzwang ist schuld“, hat Dieter Hildebrandt mal gesungen.

Was richtig nervt: Leute, die, nachdem man eine Verabredung getroffen hat, noch umpfzig mal nachfragen, ob es denn auch wirklich recht und genehm ist.

Was gar nicht nervt: Dass ich, wenn diese Splitterbrötchen erscheinen, mit meinen vier besten Freunden auf’m Boot bin. In Irland. Bis Ostern!

Splitterbrötchen (CCCLVII)

Zeitig, zeitig: Gestern erblickten wir beim Marktbummel über den Breslauer Platz den ersten Beelitzer Spargel. Mit unerhörter Geistesgegenwart und größtmöglicher Spontanetiät stellten wir den Speiseplan von „Risotto mit Frühlingsgemüsen“ auf „Risotto mir Beelitzer Spargel“ um und konnten erfolgreich anspargeln.

Wenn Intellektuelle sich aus einer Diskussion heraushalten wollen, begründen sie das gerne mit dem bekannten „Stammtisch-Niveau“. Lohnt doch nicht. Andererseits: Wo anders als an den Stammtischen kann man für die Anhebung des Niveaus kämpfen?

Ich trage irgendeine Aura mit mir herum, die das Garwerden von Risotto-Reis verzögert. Auch gestern brauchte ich wieder 40 Minuten, um den Arborio weich zu bekommen. Die in Rezepten angepriesenen 20 Minuten habe ich in über dreißig Jahren Risotto-Praxis noch nie geschafft.

Gute Idee: das eher sanfte Spargel-Risotto mit gebratenen, großzügig mit Chili gewürzten Tomaten dekorieren. Schöner Kontrast.

Glückliche Friedenauer Jugend, die – wie wir beim ausgezeichneten Aprés-Einkauf-Kaffee im „Lotte Jakob“ hörten – mit „Elias, deine Quiche ist fertig!“ zum Essen gerufen wird.

Es ist anstrengend, anderen Menschen die Welt zu erklären. Es wird einem auch meist nicht gedankt, im Gegenteil: Man erarbeitet sich einen ruf als unanegnehmer Besserwisser, wenn man es tut. Wenn man es nicht tut, überlässt man allerdings richtig unangenehmen Typen kampflos das Feld.

 

 

Splitterbrötchen (CCCLVI)

In einem Leipziger Edeka gesichtet: gebrannte Mandeln in „Jahrmarktsqualität“. Nuja, in meiner weit zurückliegenden Jugend galt alles vom Jahrmarkt als Schund. Schön, dass sich auch das geändert hat.

Im gleichen Supermarkt gesichtet: Fonds aus dem Glas für 99 Cent (400ml). Ist ja ein Schritt in die richtige Richtung (weg von den Gangstern, die über 3 Euro für 400ml gefärbtes Wasser verlangen), aber immer noch überteuert.

Ich hab es, glaube ich, schon mal versplitterbrötchet: Ich esse und koche viel zu selten französisch. Die können’s am Besten, punktum. Dank an die beste, geduldigste Gemahlin von allen, die mich mal wieder zum Franzosen eingeladen hat.

Wenn es einen so großen Bedarf nach „Qualitätsjournalismus“ gibt, warum machen es derzeit so wenige?

 

Splitterbrötchen (CCCLV)

Die Saat geht auf, die Herr Schily vor über zehn Jahren mit seinen Anti-Terror-Paketen gepflanzt hat: Die Unschuldsvermutung verschwindet aus dem Rechtsleben und dem öffentlichen Bewusstsein, die Vorverurteilung gehört zu unserem Alltag. Und dies ist erst der Anfang einer unseligen Entwicklung.

Ich kann nicht erfolgreich „erfolgreich“ tippen. Ich tippe „erfoglreich“ und korrigiere das anschließend erfolgreich in „erfolgreich“.

In dieser Woche den nächsten Schritt auf dem Weg zur Vergreisung getan. Die werte Frau Kaltmamsell hat ein Plakat, dass ich als Student noch in der Münchner U-Bahn hab hängen sehen, als „archäologisch“ bezeichnet. Und beim Betrachten des Musikvideos einer Band, die laut Spex der nächste hot shit ist, hab ich „Aber das ist doch nur Krach…“ gedacht, bevor ich es verhindern konnte. Das Endspiel hat begonnen.

Der Geniestreich der Woche gelang Margita Broich, die demnächst für den Hessischen Rundfunk als Tatort-Kommissarin an den Start geht. Die will ihre Kommissarin nach einem Nazi-Opfer benennen lassen. Ja. Doll. Und wenn das zum Trend wird? „Anne, holst du mal den Wagen?“ – „Ist noch Kaffee da, Scholli?“

 

 

Splitterbrötchen (CCCLIV)

Zum Hochzeitstag haben wir uns eine Wallfahrt Reise nach Malente gegönnt. Was für ein traumhaft gelegener Ort! Da fahren wir öfters hin, haben wir bei der Abreise gesagt.

Das Behelligen seiner Mitmenschen mit platten Binsenweisheiten ist kein Kavaliersdelikt!

Aus Eigenbau-Bouillon und Resten vom Selbstgebackenen Brotsuppe gekocht, um Himmelswillen, war das gut! Und nach 4, 5 Löffeln war ich pappsatt, man ist diese Mächtigkeit nicht mehr gewöhnt.

Die angeblich letzte Harald-Schmidt-Show diese Woche. Was das Feuilleton nie begriffen hat: Schmidt ist kein Intellektueller, sondern ein Schauspieler, der einen Intellektuellen spielt.

All den Menschen, die nicht verstehen, warum Uli Hoeneß für seine Entscheidung, auf die Revision zu verzichten und ins Gefängnis zu gehen, Respekt gebührt, zur Erinnerung: Helmut Kohl. Karl Theodor zu Guttenberg. Alice Schwarzer. Wolfgang Schäuble. Ich kann die Liste verlängern.

Auch nicht vergessen: „Unique“ ist kein Wort der deutschen Sprache.

In dieser Woche jährte sich die erste Eheschließung zwischen Liz Taylor und Richard Burton zum fünfzigsten Mal. Ich musste daran denken, dass ich als Sechsjähriger mit meinen Eltern Urlaub auf Ischia machte, als dort „Cleopatra“ gedreht wurde. Mit offenem Mund stand ich im Hafen und bestaunte die riesigen „antiken“ Schiffe, die dort lagen. Nein, das waren keine Attrappen oder Miniaturen. Man hatte die Schiffe der damaligen Zeit in Originalgröße nachgebaut. Hier sind ein paar Fotos zu sehen. Im fertigen Film waren die Schiffe eher sekunden- denn minutenlang zu bewundern.

Das Bild der Woche: der leere Sitz in der Allianz-Arena.

 

 

 

Splitterbrötchen (CCCLIII)

Die Insolvenz der Münchner Abendzeitung ließ Wehmut aufkommen: Was war das damals – in den Siebzigern – für eine Zeitung. Tolles, populäres (!) Feuilleton von beachtlicher Wirkungsmacht (’ne gute Kritik in der AZ garantierte meist ein paar Wochen lang volle Hütte im Theater), und – natürlich – die zwischen Bierdimpfligkeit und Grand Guignol changierenden Seite-1-Aufmacher. Eisige Perfektion und Unsterblichkeit errang die AZ mit „Preuße verliebt sich in Trachtlerin – 3 Tote!“

Wieder mit dem Brotbacken begonnen. Sauerteig gezüchtet, 5-Minuten-Brote gebacken… macht wieder Spaß. Und schmeckt.

„Brätling“ ist eins der unappetitlichsten Worte, die ich kenne. Einen Brätling würde ich nie essen oder zubereiten wollen.

Endlich „Star Trek Into Darkness“ gesehen. Zu Dreivierteln wirklich gelungenes Popcorn-Kino. Blödsinnig das ziellose In-die-Gegend-Emotionalisieren des jungen Spock. Nimmt der Figur alles „Faszinierend“e.

Wenn Schriftsteller schrieben, was sie tatsächlich denken, würden kaum noch Bücher verkauft werden.