Splitterbrötchen (CCLXXVII)

Endlich einen Film via Online-Video angeschaut, den ich schon lange sehen wollte: „Mrs. Parker und ihr lasterhafter Kreis“. Was für eine Riesenenttäuschung! Die  wunderbaren Genies des Algonquin Round Tables, denen wir Meisterwerke des Journalismus, der Literatur, des Films und des Theaters (und letztlich die moderne Komödie an sich) verdanken, sind zu einem Haufen alkoholisierter Knallchargen verkommen. Und Dorothy Parker wird deppenhaft auf ihren Alkoholismus und eine unerfüllte Liebe zu Robert Benchley reduziert. Wer Mrs. Parker über diesen Film kennenlernt, wird sich unwillkürlich fragen, wie einer Frau mit derart begrenztem Horizont diese ganzen tollen Geschichten und Gedichte eingefallen sind.
Vom handwerklichen Standpunkt war es jedenfalls interessant zu sehen, wie Jennifer Jason Leigh an der Titelrolle scheitert. Die Darstellung einer Intellektuellen ist mit den eher kruden Mitteln des Method Acting einfach nicht möglich. Wenn man mit Strassberg-Mitteln einen hochintelligenten Menschen darstellen will, muss man mindestens so intelligent sein wie der darzustellende Mensch. Was spätestens in der Parker-Klasse zum Problem wird. Außerdem: wenn ein Schauspieler über ein Mindestmaß an Intelligenz verfügt, erkennt er die Limitierung der Method-Mittel und bedient sich ihrer (wenigstens bei einer solchen Aufgabenstellung) nicht. Q. e. d.

Menschen, die durch mein vorstehendes Gefasel vielleicht neugierig auf den „wirklichen“ lasterhaften Kreis der Mrs. Parker (also den Algonquin Round Table) geworden sind und sich auf die Suche nach einer Einstiegsdroge begeben wollen, empfehle ich die wunderbare Autobiographie von Harpo Marx: „Harpo speaks“.  Am besten auf englisch, die deutsche Übersetzung ist nur mit sehr viel Glück im Antiquariat zu finden.

Die Demütigung der Woche verabreichte mir ein Nigeria-Spammer, der glaubte, mich zum Discount-Preis von 127.500 Euro ködern zu können. Und mit Sätzen wie „Bitte, ich flehe dich an, um zu versuchen und halten alles über mich absondern wegen meiner Sicherheit!“

Um noch einmal zum misslungenen Dorothy-Parker-Film zurückzukommen: der dort als knalldeppischer Goldfisch-Imitator dargestellte Robert Benchley war ein komisches Genie von höchsten Graden. Kostprobe? Immer gern. Benchley kommentierte die Feststellung, dass Alkohol ein schleichendes Gift sei, mit den Worten „Wer hat’s denn eilig?“. Spiel, Satz und Sieg in vier Worten.

Fazit nach vier Wochen mit einem Tablet-Computer (Kindle Fire HD): Ein vollkommen überflüssiges Gerät, ich könnte jederzeit wieder ohne auskommen. Ich möchte es aber nicht.

 

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