Splitterbrötchen (MXVIII)

Einen Saldenvortrag beginnt man am besten mit den Worten: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Salden!“

Verwirrung kam auf, als ich des Namens eines neueröffneten Lieferservice ansichtig wurde: „Galileo-Pizza“. Was soll das bedeuten? Kugelförmige Calzonen in Umlaufbahnen statt klassisch flache, statische Pizzen?

Jack Lemmon wäre gestern hundert Jahre alt geworden. Er war nicht nur einer der größten Schauspieler überhaupt, er hatte auch die Idee für den besten Schauspieler-Grabstein aller Zeiten.

Wildhartlivie, CC BY 3.0, via Wikimedia Commons

In georgischem Bier ist Weisheit und Wahrheit eingebraut:

Die Grenzen des Fassbaren sprengender Beitrag zu meiner Fotoserie „Die beste, geduldigste Gemahlin von allen fotografiert Dinge“! Heute: ein niedliches Anti-Stresss-Entchen.

Es bringt nichts, einen Fehler zu wiederholen. Man muss ihn schon drei- oder viermal machen, damit es sich auch lohnt.

Während die Presse hierzulande vorwiegend Trumps Gaza-Clownerien thematisiert, drehen er und Musk in den USA das ganz große DIng. Wer auf dem Laufenden bleiben will, schaut am besten nicht hierzulande in die Zeitung, sondern regelmäßig beim seit Jahren hochgeschätzten Jason Kottke vorbei, der gerade in Sachen Trump verlässlich die Hand am Puls dieser ungeheuerlichen Zeit hat.

Es hat nie eine bessere Danksagung gegeben als diese:

Sind Sie auch ratlos, bei wem Sie in ein paar Tagen Ihr Kreuzchen machen sollen? Dann lesen Sie bitte diesen hochinteressanten Artikel von Thomas Knüwer mit der Kernthese: „Diese Wahl ist überhaupt kein Käufermarkt – sie ist ein Verkäufermarkt und die Verkäufer, also die Parteien, sind es, die für Polarisierung und Rechtsdrift sorgen.“ Ich habe daraufhin selbst diesen Wahlkompass ausprobiert und bin zu einem beinahe identischen Ergebnis gekommen:

Ich selbst würde mich haargenau da einordnen, wo der Marker auch steht, und das ist sehr weit von den wählbaren Parteien entfernt1. Knüwer scheint recht zu haben: Die Bürger stehen in der Mitte, die Parteien versuchen, die Ränder zu besetzen und vernachlässigen Menschen wie uns.

Der kulinarische Wochenhöhepunkt kam diesmal aus der eigenen Küche, für liebe Freunde hatte ich mal wieder das 40-Zehen-Huhn gemacht, das trotz – oder wegen – der einfachen Zubereitung ja ein verlässlich delikates Ergebnis zeitigt. Ich habe übrigens begonnen, ein wenig an Garzeit und Temperatur zu schrauben, weil mir in den Sinn gekommen ist, dass die bei der Gans so erfolgreiche „Methode Paulsen“ doch auch bei der Poularde funktionieren müsste. Der erste Versuch zeigte, dass ich vermutlich einer ganz großen Sache auf der Spur bin …

Da ich das Tellerfoto des Knoblauchhuhns mal wieder verwackelt habe, gibt’s zum Trost den Runner-Up, ganz ausgezeichnete Orecchiette mit schön fencheliger Salsiccia und meinem Lieblingsgemüse, Cime di Rape, serviert im verlässlich guten Mare e Monti.

Was mir immer mehr auf den Zeiger geht: Medien, die die Akteure bei jeder politischen Entscheidung in Gewinner und Verlierer einteilen. In einer Demokratie geht es zwischen den Wahlen nichts ums Gewinnen und Verlieren, sondern um das Aushandeln von vernünftigen Kompromissen.

Splitterbrötchen (MXVII)

Fürchtet die Ideen des Merz!

Historischer Moment: In der 1017. Ausgabe der „Splitterbrötchen“ erscheint erstmals das Bild eines Splitterbrötchens.

Ich fürchte, Maschinist zeichnet ein leider sehr treffendes Bild der aktuellen Situation.

Ich wollte nur mal kurz reinschauen, dann hab ich ihn doch von Anfang bis Ende angeguckt. Sechzig Jahre, nachdem ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, ist „Flug in Gefahr“ immer noch – trotz kleiner Alterserscheinungen – ein toller, spannender Film, der ein Paradebeispiel dafür ist, was für eine dichte, starke Atmosphäre durch Schauspieler, die wissen, was sie tun, erzeugt werden kann.

Wer versucht, alles richtig zu machen, muss zwangsläufig scheitern. Der Versuch, alles falsch zu machen, könnte allerdings zum Erfolg führen.

Wenn Chuck Norris eine Münze wirft, landet sie mit einem Sechser-Pasch.

Die Pointe der Woche gelang Stephen Fry2: „Elon Musk ist kein Nazi. Die Nazis haben ausgezeichnete Autos gebaut.“

Einigermaßen erstaunt war ich dann doch über den zahlreichen Applaus, den Frau Merkel bekommen hat, als sie aus dem Ruhestand heraus Friedrich Merz abwatschte. Haben die Claqueure denn schon vergessen, dass Frau Merkel uns den ganzen Schlamassel eingebrockt hat? Und zwar nicht dadurch, dass sie Schutz suchende Menschen ins Land gelassen hat3, sondern durch das rigorose Runterrocken unserer Infrastruktur wegen einer sinnlosen „schwarzen Null“, dem vor sich Herschieben dringender Reformen und dem Augenverschluss vor Putins Machenschaften.

Zum kulinarischen Wochenhöhepunkt hatte die beste, geduldigste Gemahlin von allen in die Brasserie des Adlon eingeladen. Da bietet sich ja schon bei der Anfahrt der ein oder andere recht gefällige Anblick …

Am Ort des Geschehens genossen wir dann das „Morgenpost-Menü„, einen Fünf-Gang mit perfekt abgestimmter Weinbegleitung. Der zur aromatischen Wachtel-Essenz mit Shiitake-Pilzen …

… eingeschenkte Chardonnay von Lagreder aus Südtirol war gleich ein Highlight, und zum Dessert, einer eigenwilligen, aber delikaten Tarte Tatin, freute ich mich über einen guten Bekannten im Glas, die Zweigelt-Auslese vom Kracher in Illmitz. Der Service war gut gelaunt und zuvorkommend, man sitzt dort mehr als kommod: ein wunderbarer Abend!

Wenn ein Politiker beteuert, etwas auf keinen Fall tun zu werden, wird er es natürlich todsicher tun.

Und dann beschlich mich laute Wehmut, als ich von der Schließung des Münchner Kinos am Sendlinger Tor erfuhr. Da war ich von 1975 bis 1978 Stammgast. „Yuppi Du“ hab ich dort an die zwanzig Mal gesehen.

Der glücklose Hasardeur ist eins der gefährlichsten Wesen überhaupt.

Splitterbrötchen (MXVI)

50 % der TikTok-User glauben nicht, dass Russland Fake News gezielt über Social Media verbreitet. 44 % der TikTok-User glauben, dass Corona absichtlich herbeigeführt wurde. Das ist kein Zufall. Letztes Jahr war ich zwei Tage lang zur Routinekontrolle im Krankenhaus. Mein Bettnachbar (um die 60) hing acht Stunden am Tag auf TikTok. Der Algorithmus spielte ihm im munteren Wechsel Zeichentrick-Schnipsel und menschenverachtenden AfD-Content aufs Handy. Er amüsierte sich prächtig, wechselte zwischen fröhlichem Kichern und verständigem Nicken. Ich bin seit diesen zwei Tagen für ein TikTok-Verbot.

Wann hat eigentlich der galoppierende Bedeutungsverlust der Nebelschlussleuchte eingesetzt?

Kulinarischer Wochenhöhepunkt waren eigentlich die am Mittwoch zubereiteten Krautshäuptchen, aber da die aus Fairnessgründen außer Konkurrenz laufen müssen, machten die am Montag im Steglitzer Hoppegarten servierten Pommes Frites mit Spitzkohlsalat und scharfer Sriracha-Mayonnaise an unscharfen Skatkarten das Rennen.

Auf Platz 2 landete überraschend ein überraschend delikates, schnell zusammengeklöppeltes Alltagsessen: Hähnchenleber mit Chili und Champignons, Knoblauchbohnen.

Bloß weil etwas richtig ist, muss man es noch lange nicht machen.

Neuer, die Aufmerksamkeitsökonomie revolutionierender Beitrag zu meiner atemberaubenden Fotoserie „Die beste, geduldigste Gemahlin von allen fotografiert Dinge“! Heute: ein frech im Vorgarten emporknospendes Pflänzlein, das vom Frühling kündet.

Ein Problem, das mich während meiner Autorenzeit öfter ankam: Supertitel, aber keine Plot-Idee. Zum Beispiel: „In Aufschnitt-Gewittern“

Aus unerfindlichen Gründen hab ich seinerzeit diese höchst charmante  „alfredissimo“_Folge verpasst.

„Einem Komiker darf vor nichts grausen.“ – „Die sauberste Küche ist nicht immer die beste.“ – „Man braucht ja Cholesterin.“ Wird nachgekocht.

Dass früher nichts, aber auch gar nichts besser war, habe ich gern und oft betont. Vielleicht muss ich mich revidieren. An einen geistig armseligeren Wahlkampf als diesen kann ich mich nicht erinnern.

Es ist nur eine Frage der Zeit bis die Industrie darauf kommt, dass Geräte ohne jegliche KI-Features für eine kenntnisreiche Kundschaft hochattraktiv sind. Wenn man zu dieser Erkenntnis gekommen ist, wird man beginnen, solche Geräte mit einem satten Aufschlag zu verkaufen.

Die letzte Buchhandlung vor dem Internetz

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Photo by Engin_Akyurt on Pixabay

Ich nehme an, dass er mich nicht gemocht hat. Genau weiß ich es nicht, dazu haben wir nicht genug miteinander geredet. Aber der gequälte Gesichtsausdruck, den er mir zeigte, wenn ich seine Buchhandlung betrat, sprach Bände: Er wusste, dass es jetzt schwierig werden würde. Da kam wieder der Idiot, der Bücher bestellen würde, die er nicht mochte. King. Pratchett. Irgendwelchen Spannungs-Mumpitz, der unter seiner Buchhändler-Würde war.

Die Rede ist von Herrn A., dem Inhaber einer kleinen Buchhandlung in Kreuzberg, in der ich ca. zehn Jahre lang meine Lektüre einkaufte. Herr A. war bzw. ist hoffentlich noch ein Exzentriker, der die meisten seiner Kunden deutlich spüren ließ, dass sie ihm als literarische Sparringspartner nicht gewachsen waren. Besonders Neukunden empfing er gern mit ausgesuchter Feindseligkeit. Ich hab einmal mitbekommen, wie eine gutgekleidete Dame mittleren Alters (so sagte man damals) ahnungslos seinen Laden betrat und fragte, ob er den neuen Simmel4 da habe. „Nö“, maulte er missmutig zurück. Die Dame wähnte sich nach wie vor in einer normalen Buchhandlung und fragte, ob er ihr das gewünschte Buch bestellen könnte. „Nein!“ bellte er als Antwort. Und auf ihre schüchterne Frage, warum er diese zur Kernkompetenz eines Buchhändlers gehörende Aufgabe nicht erfüllen wollte, verwies er sie mit einem garstigen „Ist mir einfach zu blöd!“ an ihren Platz, der sich außerhalb der Buchhandlung befand. Das war übrigens eins der wenigen Male, an dem Herr A. mich zum Lachen brachte.

Warum bin ich trotzdem immer wieder zu Herrn A. gegangen? „Weil’s um die Ecke war“, ist natürlich ein gewichtiges Kriterium. Das andere war das Verzeichnis lieferbarer Bücher, das bei Herrn A. mitten im Laden auf einem Tisch lag, zur gefälligen Benutzung durch die unerwünschte Kundschaft. In Zeiten vor dem Internet kam man als normaler Buchkäufer an das Verzeichnis lieferbarer Bücher, ein halbjährlich aktualisiertes, riesiges Buch in zwei Bänden, nicht ran, denn die Buchhändler hüteten es wie den heiligen Gral: Nur sie dürften daran nachschlagen, um dem Kunden dann mitzuteilen, dass das von ihm gewünschte, hochinteressante Buch aus einem kleineren Verlag vergriffen oder gerade nicht lieferbar war. Meist war es das gar nicht. Der Buchhändler oder die Buchhändlerin hatten bloß keine Lust, eine Bestellung außerhalb der bequem ausgetretenen Grossistenpfade zu tätigen. Wie Monopolisten eben so sind.

Herr A. war anders. Der kontaktierte gern obskure Kleinverlage5 und wickelte die übrigens eigentlich vollkommen unkomplizierten Bestellungen mit gelangweilter Nonchalance ab. Nicht zuletzt, weil ihm die widerspruchslose Bestellerei zahllose überflüssige Debatten mit der geistig nicht satisfaktionsfähigen Kundschaft ersparte. Deshalb stand bei ihm das VLB auch mittig im Laden: Sollten die ungeliebten Kunden ihren Schund doch selber nachschlagen! Auf diese Weise konnte er kommod an seinem Tischchen sitzen, sich heftig rauchend in vollkommen ungenießbare Bücher vertiefen oder mit seiner Schwerintellektuellen-Kamarrilla auszutauschen, die sich regelmäßig bei ihm traf. Doch, Herr A. hatte einige Freunde, Schriftsteller, Literaturwissenschaftler, geistige Flaneure, die die Niederungen des Kommerzes mieden und daher bei ihm meist keine Bücher kauften, sondern nur Kaffee und Zigaretten schnorrten.

Ich habe viele Stunden im Laden von Herrn A. verbracht und im Verzeichnis lieferbarer Bücher rumgesucht, immer bemüht, ihn möglichst wenig zu stören. Dabei bin ich auf zahlreiche Autoren und Bücher gestoßen, auf die ich ohne diese Recherchemöglichkeit niemals gekommen wäre. Dafür bin ich ihm durchaus dankbar, aber, ganz ehrlich, sein misstrauisch-zweifelndes Starren war nicht immer leicht auszuhalten. Deshalb begrüßte ich dieses neuartige Internetz durchaus frenetisch, weil plötzlich das VLB dort zu finden war. Kaum hatte ich eine AOL-CD in meinen Rechner geschoben, war ich auch schon Kunde beim „ABC Bücherdienst„, der mir sogar englische Bücher in nullkommanix herbeischaffen konnte.

Ein paar Jahre später hat Herr A. dann seine Buchhandlung geschlossen. Eigentlich wären wir ja ein gutes Team gewesen: Ein Buchhändler, der keine Kunden mochte, und ein Kunde, der keine Beratung wollte. Aber es hat nicht funktioniert, mit oder ohne Internet. Es ist grotesk, aber es ist wahr: Manchmal vermisse ich ihn. Aber wirklich nur für ein paar Sekunden.

 

 

Splitterbrötchen (MXV)

Das Gefühl, endlich alles im Griff zu haben, signalisiert meist den Beginn des Kontrollverlusts.

„Das stimmt aber nicht, was Sie da sagen, das kommt sie teuer zu stehen.“ – Tut mir leid, ich hab keine bare Münze dabei.“ – „Dann schreiben Sie mir doch einfach einen Fakten-Scheck!“

Den kulinarischen Wochenhöhepunkt erlebte ich bei unserem bereits dritten Ausflug in die Welt der georgischen Küche, wieder im Stumari. Allerdings war’s diesmal nix mit raffinierter Würzung, es ging deftig-kräftig zur Sache: Shkmeruli, Huhn in Milch-Knoblauch-Sauce.

„Glückskeksspruchvorleser“. „Wärmepumpenmao“. Wenn Maschinist sich an Robert Habeck abarbeitet, läuft er zu großer Form auf. Chapeau!

Bruce Lee war ein außergewöhnlich schneller Mensch. Allerdings soll er zwei Brüder gehabt haben, die sogar noch schneller waren als er: Quick Lee und Sudden Lee.

Dem Tagesspiegel entnehme ich, dass es jetzt „Luxusforscher“ gibt. Natürlich war die erste Frage, die mir durch den Kopf schoss: „Ob die käuflich sind?“

Ich lebe mittlerweile im Körper eines alten Menschen. Merkwürdiges Gefühl.

Wenn man sich für ein paar Minuten nach Irland träumen möchte, hilft die Beschallung durch das Irish Pub Radio enorm.

Unbegabte Menschen können nicht annähernd das erreichen, was den mit Talent Gesegneten möglich ist. Zum Ausgleich können sie wesentlich größeren ‚Schaden anrichten.

Mit der Entscheidung, dass Dubai-Schokolade aus Dubai kommen muss, hat das Landgericht Köln der bürgerlichen Gastronomie vermutlich den Todesstoß versetzt. Wirte, die außerhalb der jeweiligen Herkunftsorte Leipziger Allerlei, Pichelsteiner Eintopf, Königsberger Klops oder Hamburger Aalsuppe anbieten, stehen doch jetzt mit einem Bein im Knast!

Es ist schon beeindruckend, mit welcher Sturheit deutsche Qualitätsmedien Donald Trump immer wieder auf den Leim gehen. Während er einen ein Haufen ziemlich zwielichtiger Typen, die er in Führungspositionen installieren will, durch die Senatsanhörungen winken lässt, wird hierzulande mal wieder vorwiegend über seine  Clownerien berichtet: Grönland, Panama-Kanal, etc. Dass es sich dabei um sorgfältig geplante Ablenkungsmanöver, die mit dem entsprechenden Showmanship präsentiert werden, handeln könnte, kommt offenbar niemand in den Sinn.

Einigen Menschen scheint der Unterschied zwischen Roman, Gebrauchsanweisung und Befehl nicht mehr so ganz geläufig zu sein.

Kollege Rose hat eins meiner Lieblingsthemen6 wie immer lesenswert aufgegriffen, und dabei einen bewunderungswürdigen Text von Hellmuth Karasek zitiert. Karasek verehre ich, seitdem er in der „Televisor“-Rubrik des SPIEGEL7 mal ein experimentelles Fernsehspiel mit dem Titel „Ich heiße Frauennameandenichmichnichterinnere und du machst mich an“ mit dem lapidaren Satz „Ich heiße Fernseher und du machst mich aus“ abgekanzelt hat.

Je älter man wird, desto öfter erwähnt man insolvente Firmen. Ganz merkwürdig.

Das Wort der Woche: Heißwasser-Moppdesinfizierung.

 

Mutters Essen: Scharfe Nudeln

Dieses – für die damalige Zeit unglaublich exotische – Gericht, kam in den 60ern alle paar Wochen auf den Tisch, und zwar grundsätzlich an zwei Tagen hintereinander. Weil’s, wie der Reisauflauf, in der Pfanne aufgebraten noch mal so gut schmeckte. Während der Reisauflauf mein Lieblingsessen war, waren die „Scharfen Nudeln“, wie sie bei uns genannt worden, die Leibspeise meiner lieben Schwester Claudia. Das Rezept stand irgendwann in den 50er Jahren mal in der legendären Kasseler Post.

Wie alle Rezepte aus der damaligen Zeit ist es simpel. Ich hab’s mal aus dem Gedächtnis nachgebaut: Für 4 bis 6 Portionen braucht’s:

1 kleinen Kopf Wirsing, entstrunkt und ohne die dicken Blattrrippen in Streifen geschnitten
500 g Lammfleisch, gewürfelt (Ich hab Keule genommen)8
250 g Champignons, gescheibelt
150 g Walnüsse, gehackt
500g Bandnudeln
10 Zehen Knoblauch, gehackt
1 Zwiebel
Curry, Brühe, Butter, Salz, Pfeffer

Das Lammfleisch in etwas Butter kurz anbraten, alle anderen Zutaten dazugeben und anschwitzen, mit soviel Brühe ablöschen, dass alles knapp bedeckt ist. Zwanzig bis dreißig Minuten schmoren lassen, bis das Fleisch gar und die Flüssigkeit verkocht ist9. Die Bandnudeln separat kochen und mit der Chose vermischen.

Tja, sonderlich scharf kommt das einem heutzutage nicht mehr so, aber damals genügte ja schon ein Teelöffelchen Curry, um einen deutschen Gaumen in den Grenzbereich zu bringen10. Ich werde beim nächsten Versuch auf alle Fälle noch ein paar Chilis in Spiel bringen. Die Nüsse und die große Knoblauchmenge machen den Charme des Gerichts aus. Ansonsten ist, wie immer bei Curry, die Weinfrage nicht ganz einfach zu lösen. Ich hab einen Chardonnay von Schaller dazu getrunken und mir auf die Schulter geklopft: Gut ausgesucht, Chris!

Splitterbrötchen (MXIV)

Wie werden eigentlich Flohsamen gewonnen? Und warum haben sie Schalen?

Als ich davon hörte, dass Frau Weidel in einer Art Gespräch mit Elon Musk Adolf Hitler als Kommunist bezeichnet hat, war ich befremdet. Muss sie sich nicht sorgen, mit solchen Äußerungen ausgerechnet ihre Kernklientel, also die in der Wolle gefärbten Nazis, zu verprellen?

Thomas Schmid hat über den zukünftigen Umgang mit Rechtspopulisten nachgedacht und ist, wie immer, zu einem pragmatischen Schluss gekommen. Gefühlsmäßig möchte ich diese Richtung ablehnen, aber ich fürchte, dass er recht hat.

Otto Schenk ist gestorben. Bestimmt gibt es jemanden, über den ich irgendwann mal heftiger lachen musste als über ihn, aber der fällt mir gerade nicht ein.

Selbstgerechtigkeit hat nichts mit Gerechtigkeit zu tun, sondern nur mit einem selbst.

Den Überbrüller der Woche hat mir der Threads-Algorithmus in die Timeline gespült:
„The doctor told me ‘You have cancer but we can treat it’. I asked: ‘What’s the cure?’ The doctor replied: ‘The Cure is a British rock band fronted by Robert Smith, but let’s try to stay focussed.’“

Bei der Lektüre des vierten Bandes der „Donnerstagsmordclub“-Reihe, wurde ich nicht nur, wie in den drei Bänden davor, verlässlich gut unterhalten, ich begann auch, Richard Osman als Handwerker zu schätzen11. Wie er die Volte vom gewohnten Senioren-Krimi-Klamauk ins Todernste und wieder zurück hinbekommen hat, ist aller Ehren wert. Das schafft nur jemand, der wirklich schreiben kann.

Tiefe Teller sind still.

Unfotografiert gebliebene kulinarische Wochenhöhepunkte waren die erste Fischsuppe des Jahres bei Daniele und exzellente fränkische Bratwürste vom exzellenten Fleischer bei Ullrich nach exzellentem Rezept von Chili und Ciabatta.

Auch Peter Yarrow ist diese Woche gestorben. Von Peter, Paul and Mary12  ist nun nur noch Noel „Paul“ Stookey übrig. Yarrow hat bei „Stewball“ die Leadstimme gesungen. Warum ist dieser Song seit bald 60 Jahren eins meiner Lieblingslieder? Könnte es an der vierten Zeile der ersten Strophe liegen?

Auch nach Umschulung und Branchenwechsel: Friseur bleibt Friseur.

Vielen Menschen, die sich freudig einer Jagdgesellschaft anschließen, ist nicht klar, wie schnell man selber zum nächsten Jagdopfer werden kann. Von der Meute zur Beute ist’s auch orthografisch nur ein kleiner Schritt.

Wenn Sie anderthalb Stunden Zeit und eine VPN-Software haben, machen Sie’s wie ich und verabschieden Sie sich von Otto Schenk, in dem Sie sich in der ORF-Mediathek das Komödiantengold ansehen, das er zusammen mit Michael Niavarani in „Zu blöd, um alt zu sein“ geschürft hat.13

 

Splitterbrötchen (MXIII)

Wenn Sie so clever sind wie ich, haben Sie auch nur 40 Jahre gebraucht, um hinter den Trick zu kommen, mit dem Supermarkt-Angestellte diese dünnen Plastiktüten in der Gemüseabteilung in Sekundenbruchteilen auseinanderfalten: nur einen Finger anlecken, nicht beide!

Ich bin überzeugter Wechselwähler, ich hab mein Kreuzchen in den letzten 50 Jahren schon bei jeder demokratischen Partei (außer der CSU) gemacht. Im Februar würde ich mit Freude eine konservative Partei wählen. Die beste Zeit, um konservativ zu wählen ist, wenn Schlangenölverkäufer, die sich als „Disruptoren“ ausgeben, unterwegs sind und Punkte sammeln. Aber diese CDU ist wegen ihres unsäglichen Personals (Spahn, Linnemann, Amthor, Merz) für mich derzeit vollkommen unwählbar, ich frage mich, wie überzeugte Konservative mit diesem Gangster-Ensemble klarkommen. Für mich läuft alles auf eine Last-Minute-Entscheidung für das kleinste Übel in der Wahlkabine hinaus, ich hasse das.

Die Bedienungsanleitung der neu angeschafften Mikrowelle liest sich wie das Drehbuch zu einem Katastrophenfilm, vor allen möglichen Unwahrscheinlichkeiten wird gewarnt. Wer sich dieser Höllenmaschine auch nur nähert, scheint dem Tod geweiht zu sein. Die Bedienungsanleitung für den neuen Toaster ist ähnlich. Sie beginnt mit den Worten „Brot kann auch brennen!“

Beinahe 5 vor 12, um genau zu sein um 19:20 am 30.12., stellte Giovanni im „Brigantino“ das Pasta-Gericht des Jahres 2024 vor mich hin: Spaghetti, Calamaretti, Knoblauch, Kapern, bisschen Chili … jede Gabel ein Genuss.

Die Plattform, die Elon Musk in der traditionell auflagenschwachen WELT geboten wurde, war ursprünglich ziemlich klein. Erst als dann wirklich alle Nicht-Springer-Medien auf den Empörungszug aufgesprungen sind, wusste jeder von Musks verlogenem Quatsch. Nur, falls sich noch jemand fragt, warum die WELT das Geschreibsel veröffentlicht hat.

Warum sagt man „Verkäufer bei einer Backwaren-Kette“ und nicht „Ditsch-J“?

Die erste gelungene Mahlzeit des Jahres blieb unfotografiert: In Streifen geschnittenes, medium rare gebratenes Entrecote auf einem Bett von mit Vinaigrette angemachtem Feldsalat mit Gurke und gebratenen Champignons, dazu ein paar Bratkartoffeln. Die Zubereitung erforderte nur ein minimales küchentechnisches Knowhow, der Grundstein für die beträchtliche Delikatesse des Ganzen wurde mit der Sorgfalt beim Beschaffen der Zutaten gelegt. Gute Küche beginnt beim Einkauf.

Beim Zeitgeist ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Der war schon immer ein wetterwendischer Gesell.

Beim kulinarischen Wochenhöhepunkt war dann aber doch die Kamera im Einsatz:

Der stand beim Zweitbesuch des georgischen Restaurants „Stumari“ vor mir, zu dem die liebe NIchte eingeladen hatte: Kababi, ein kraftvoll gewürzter Hackfleischspieß mit Zwiebeln, Berberitzen, Knoblauch und einer leicht scharfen Tomatensauce namens Satsebeli, dazu Bratkartoffeln und Salat. Wieder begeisterte die Würzung: kräftig, eindeutig, trotzdem raffiniert und überraschend. Der nächste Stumari-Besuch ist bereits in Planung.

 

 

 

Splitterbrötchen (MXII)

Warum lassen sich Taucher immer nach hinten aus dem Boot fallen? Wenn sie sich nach vorn fallen ließen, wären sie ja immer noch im Boot.

Der erste Bundespräsident, an dessen Wirken ich mich erinnern kann, war Heinrich Lübke. Ich habe also schon einige Amtsinhaber erlebt, aber eine derart bräsig am Volk vorbeiredende Schlaftablette wie der aktuelle Präsi war bisher nicht dabei, 

Springer-Oberpropeller Ulf Poschardt hat Weihnachtsmärkte als „Symbol christlicher Identität“ bezeichnet. Die Bildungsbürger schütteln bitte nicht voreilig den Kopf, möglicherweise ist er da einer großen Sache auf der Spur. Lässt sich der Mitgliederschwund der Kirchen vielleicht tatsächlich aufhalten, wenn man zum Abendmahl statt billigem Messwein und trockenen Oblaten Glühwein und Champi-Pfanne reicht?

Meinungsfreiheit bedeutet aushalten, nicht goutieren, besonders wenn’s schwerfällt. 

Kulinarischer Wochenhöhepunkt war die Einladung der besten, geduldigsten Gemahlin von allen ins georgische Restaurant „Stumari“ in Schöneberg. Wir begannen mit einer Vorspeisenplatte …

… auf der sich verschiedene Pasten fanden: Spinat, Rote Bete, Aubergine, gekochte Sarsaparilla, gedünsteter Lauch, alles mit Walnüssen, Koriandersamen und diversen  Gewürzen sehr differenziert abgeschmeckt, teilweise ungewöhnlich, aber höchst delikat. Zum Hauptgang hatte ich mir Khinkali bestellt, hausgemachte Teigtaschen mit aromatischer Rind/Lammfleisch-Füllung … 

… die Gemahlin hatte sich für Chakapuli entschieden, in Weißwein geschmortes Lamm mit grünen Mirabellen und Estragon, ein Highlight des Gastro-Jahres. Als wir dann satt und zufrieden auf der Straße standen, hab ich mich erstmal ein halbes Stündchen lang geohrfeigt, dass wir nicht schon längst mal ein georgisches Restaurant aufgesucht haben. Was für eine wunderbare, durchdacht gewürzte Küche! Ich war und bin begeistert.

Die Vodafonisierung14 der Wirtschaft nimmt beängstigende Ausmaße an.

Wie meinen?

Im Perlentaucher las ich von einer Anekdote, in der Wolfgang Schäuble versucht hat, Friedrich Merz Lampedusas Roman „Der Leopard“ zu schenken. Merz soll dankend mit der Begründung abgelehnt haben, er könne mit Romanen nichts anfangen. Wenn das der Wahrheit entspricht, hat Merz Probleme damit, sich in die Lage anderer Menschen zu versetzen, ihre Wünsche, Bedürfnisse, Sorgen und Nöte zu verstehen.15 Tja …

Kulinarische Entdeckung der Woche waren „Spaghetti con Mollica“, die ich in der  grundsätzlich empfehlenswerten „Trattoria del Corso“ bestellt hatte. Das ist meine Lieblingspasta Aljolojopeperontschino plus angeröstete Semmelbrösel. Das kann man so machen, wenn man – wie im „del Corso“ – nicht am erstklassigen Olivenöl16 spart. 

Vor ein paar Tagen ist Maïté gestorben, eine der beliebtesten Gastgeberinnen und TV-Köchinnen Frankreichs, übrigens im gesegneten Alter von 86 Jahren.17 Ich empfehle dringend, sich ein paar schöne Stunden vor dem youtube-Kanal von Mme. Ordonez zu machen. Man lernt einiges über die traditionelle französische Küche, staunt über eine gelegentlich recht risikobereite Messertechnik und freut sich über die geradezu rücksichtslose Opulenz ihrer Rezepte. Hier macht sie Crepinette mit Foie Gras und Entenbrust sowie Pute mit Wachteln. Der zum Schluss zum Einsatz kommende Flammenwerfer ist sensationell!

Allerdings sind Maïtés Videos nicht unbedingt etwas für zartbesaitete Naturen. Ihr bodenständiger Umgang mit gelegentlich nicht ganz küchenfertigen Zutaten könnte sensiblere Zeitgenossen ein wenig verstören.

Die Humphrey-Bogart-Doku „Life comes in Flashes“ war nicht direkt eine Enttäuschung, bot aber für den Bogart-Kenner nur wenig neues.

You can get the boy out of Eschwege, but you can’t get Eschwege out of the boy.