Splitterbrötchen (CMLXII)

Die Presse – allen voran natürlich wieder der Tagesspiegel – schafft sich gerade wieder selbst ab und treibt dabei den Populisten Wähler zu: Leute, mit wem der Herr Wegner ins Bett steigt, ist vielleicht in euren prüden, durchbigottisierten Redaktionskonferenzen ein Empörungsgrund, den normalen Bürger interessiert das nicht die Bohne (Ja, Herr Maroldt, Ihre Leser sind weltoffener als Sie!). Den interessieren die Auswirkungen der Politik auf seinen unmittelbaren Lebensbereich. Solange ihr das nicht realisiert, bleibt eure Auflage im Sturzflug und die Weidels und Wagenknechts bedanken sich herzlich, dass ihr die Nebenkriegsschauplätze schon mal planiert.

Begeisterung bei der montäglichen Barnaby-Folge auf ZDFneo: das „Midsomer-Vogelscheuchen-Festival“! Fantastisch! Warum gibt es so schöne Veranstaltungen nicht hier?

Von einem AfD-Verbot halte ich eher wenig: das eigentliche Verfahren würde (bei sehr zweifelhaftem Ausgang) Jahre dauern, in denen diese Nazi-Arschkrampen sehr kommod die Opferrolle einnehmen könnten, um bei den Knalldeppen weitere Stimmen abzugreifen: keine schönen Aussichten. Und sollte das Verfahren tatsächlich Erfolg haben, sagen sich die AFD-Wähler dann ja nicht plötzlich „Okay, dann wähl ich eben wieder CDU.“ Im Gegenteil, dann ginge es erst richtig los: neue Parteigründung, neue, noch fatalere Narrative, Mistgabel-Proteste… der Fall wäre nicht erledigt sondern würde eine neue Dimension bekommen, die man sich nicht wünscht.

Bauernproteste in Friedenau? Kein Trecker in der Becker!

Wenn man nix schmeckt, kann man auch die richtig fiesen Sachen essen. Wobei ich hier statt „setzt der Wurst die Krone auf“ den Slogan „schlägt der Wurst den Boden aus“ wählen würde.

Waren das Zeiten, als man in einer fremden Wohnung als erstes erst mal die Plattensammlung durchsah: „Mal sehen, was das überhaupt für Leute sind…“

Erstaunlich, wie wenig Presse und Politik den totalen Realitätsverlust der Rechten thematisieren: Diese Abschiebungs-Fantasien, die da in Potsdam formuliert wurden, würden doch mit sofortiger Wirkung alles lahmlegen: die Menschen mit Migrationshintergrund, die die Brauntröten loswerden wollen, tragen doch zum Erhalt der Infrastruktur bei, die arbeiten (zum Teil mehrheitlich) in Krankenhäusern, bei den Stadtwerken, im Transportwesen, bei der Polizei(!) … wenn wir die wegschicken, geht hier gar nichts mehr.

Ausgerechnet im Genre „High Adventure“ hab ich wohl mehr blinde Flecken, als ich dachte. Anfang dieser Woche stieß ich auf die Sharpe-Serie von Bernard Cornwell: fantastisch gemachte, höchst spannend erzählte Abenteuergeschichten um einen britischen Soldaten während der Napoleonischen Kriege. „Sharpes Feuerprobe“ habe ich mit roten Ohren in wenigen Tagen durchgepflügt, „Sharpes Sieg“ fange ich heute an. Wenn ich das nicht irgendwie dosiert kriege, hab ich die 22 Romane in ein paar Tagen durch. Was Cornwell besonders gut kann: Action-Szenen. Da spielt er tatsächlich in der Ian-Fleming-Liga.

Neues Projekt: Lernen, wie man Eier einhändig aufschlägt. Mit kaputten Dottern funktioniert’s schon problemlos.

Unfotografierter kulinarischer Wochenhöhepunkt waren selbstgeklöppelte, klassische Kalbsbäckchen: 10 Minuten bei mittlerer Hitze angebraten, rausgenommen, Wurzelwerk im Bratfett angeschwitzt, mit Wein und Brühe mehrfach glaciert, dann die Bäckchen zurück in den Topf, nach anderthalb Stunden bei 150 Grad sind sie butterzart. Sauce pürieren, mit etwas Sahne verfeinern, fertisch.

Auf kommunaler Ebene ist es ziemlich eindeutig, wie man die AfD erfolgreich bekämpft: In Orten, wo „Kümmerer“ Bürgermeister sind, also Menschen, die sich um die Belange der Bürger kümmern und eine nachvollziehbare Politik mit dem Ziel, das Leben der Menschen etwas leichter zu machen, betreiben, machen die Nazi-Stinksocken keinen Stich. Damit wird auch das bundespolitische Problem deutlich: Mit Merz und Scholz sind zwei Typen am Start, die das haargenaue Gegenteil von Kümmerern sind.

6 Gedanken zu „Splitterbrötchen (CMLXII)

  1. Pingback: 14.1.02024 – Kümmerles Weblog

  2. „als erstes erst mal die Plattensammlung durchsah: „Mal sehen, was das überhaupt für Leute sind…“
    … der schönste Satz für einen mentalen Zeitsprung in die Siebziger-Achtziger!
    Danke dafür.

    Gruß
    Jens

  3. Hallo Chris!

    • Plattensammlung oder ersatzweise das Bücherregal
    • Wenn dir Sharpe gefällt, könntest du dir auch mal die Flashman Papers ansehen. Falls du mich nicht anno dunnemals erst überhaupt darauf aufmerksam gemacht hast …
    • Wo bekommt man Eier mit kaputten Dottern?

    Viele Grüße und alles Gute!
    Tilman

  4. Pingback: Splitterbrötchen (CMLXVIII) | Chris Kurbjuhns Netzecke

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