Schnörkelloses Wildschwein

Lange nix gekocht in der Netzecke. Da nimmt man am besten ein erprobtes Rezept, eins von den narrensicheren Dingern, die nicht schiefgehen können. Wildgulasch schnörkellos. Mit Wildschwein schmeckt’s mir am besten, also brauch ich für 4 Personen ein Kilo Wildschweinschulter oder Wildschweinkeule, in Würfel geschnitten, die man noch mal durchschneiden muss, bevor man sie in den Mund schiebt, zwei, drei Zwiebeln, eine handvoll Würfel vom durchwachsenen Speck, zwei, drei Handvoll kleine Champignons, ein großes Glas richtig trockenen Rotwein, Fleischbrühe und – fürs Gewürz-Ei – Knoblauch, Piment und Lorbeerblätter. Das gewürfelte Gulaschfleisch portionsweise braun anbraten, wenn alles goldbraun ist, kommen die gewürfelten Zwiebeln in die leere Pfanne, die werden kurz angeschwitzt, dann kommen Speck und Champignons dazu, kurz durchrühren, das Fleisch wieder dazugeben, salzen, pfeffern und mit dem Rotwein ablöschen. Etwas einkochen lassen, das Gewürz-Ei in den Topp hängen und die Brühe dazugießen (Perfektionisten, die Wildfond im Vorrat haben, nehmen natürlich solchen), dass das Fleisch knapp bedeckt ist. Hitze runter, dass es gerade noch eben simmert, so hin und wieder ein bißchen blubbst im Toppe. Warten. So ’ne Stunde, anderthalb. Dann ist fertig. Wer’s mag, kann die Sauce noch binden (Mehlbutter, Mondamin, was weiß denn ich). Wer mag, kann auch noch Sahne dazukippen. Wer mag, kann auch noch Preisselbeeren reinrühren. Ich mach das alles nicht. Mir schmeckt die schnörkellose Basisversion am Besten. Mit Rosenkohl. Oder Sahnewirsing. Klöße, Kartoffeln, Nudeln, was gefällt. Polenta passt auch sehr gut. Und was Burgundriges. Mahlzeit!
Wildschweingulasch mit Rosenkohl
Wobei dieses Gulasch ja eigentlich ein Ragout ist. Zum Gulasch fehlen die klassischen Gulaschgewürze (Kümmel, Zitronenschale, könnte man aber mal probieren), zum Pörkölt, das hierzulande gern Gulasch genannt wird, fehlt das (der?) Paprika, also ist es ein Ragout. Das klingt aber viel zu hochtrabend für dieses einfache Gericht. Deshalb bleibt’s beim Gulasch.
[tags]Kochen, Wildschwein, Gulasch, Ragout, einfach[/tags]

Das große Gänse-Pig-Out

Das machen wir jetzt seit bald 30 Jahren: einmal im Jahr kommen mein lieber Freund Uwe und seine Frau Bettina zu uns zum Gänse-Essen. Nein, Gänse-Essen wäre eine Spur untertrieben, der jährliche Gans-Termin ist der eine Abend, wo wir richtig reinhauen, wo jeder von uns vieren sich in einen klassischen Gänsebraten hinein wühlt, als gäbe es kein Morgen und soviel Gänsefleisch, Füllung, Bratäpfel, Rotkohl, Grünkohl, Klöße und Sauce in sich hinein stopft, dass es dann auch für ein Jahr genug ist. Muss ich sagen, dass ich mich – nachdem nach ca. 3 Tagen das leichte Völle-Gefühl etwas abgeklungen ist – fast ein ganzes Jahr lang auf dieses Essen freue?
Fürs große Gänse-Pig-Out kaufe ich eine Gans von ca. 5 Kilo, und zwar nicht nur aus Gründen unseres gesunden Appetits, sondern auch des Timings und der Bequemlichkeit halber. Weil ich nämlich festgestellt habe, dass ein Viech dieser Gewichtsklasse ohne viel Umstände nach exakt drei Stunden auf Stufe 3-4 in meinem Backofen perfekt gegart ist, schön durch, mit krosser Haut, aber noch saftig. Kommen wir zur Gretchenfrage: Frisch oder Tiefkühl? Im Prinzip ziehe ich frisch ja vor, aber ich muss sagen, dass ich ganz ausgezeichnete Erfahrungen mit tiefgekühlten Gänsen einer polnischen Firma gemacht haben, die nicht nur geschmacklich mit den meisten frischen Gänsen durchaus mithalten können, sondern auch praktisch küchenfertig aus der Truhe kommen.
Das freut die geduldigste Gemahlin von allen, deren Aufgabe es ist die (gegebenenfalls aufgetaute) Gans zu putzen. Also das Fett aus der Bauchhöhle rauspolken (wird natürlich nicht weggeworfen, sondern klein geschnitten und zu Gänseschmalz geschmolzen. Schwarzbrot mit Gänseschmalz und Kochkäse… auch so eine Leidenschaft!), nachgucken, ob die Gans auch richtig ausgenommen wurden und eventuell noch vorhandene Rest-Innereien entfernen und etwaige Kiele aus der Gänsehaut zuppeln (Wenn’s viele Kiele sind: Gans für eine Viertelstunde in den heißen Ofen schieben, dann kann man die Kiele ganz einfach rausziehen).
Während die geduldigste Gemahlin sich abmüht, mische ich Salz, Pfeffer und Beifuss, und mit dieser Gewürzmischung reibe ich das Viech von innen und außen großzügig ein. Außerdem mach ich ’ne Füllung: 1 Zwiebel und 2 Äpfel sehr kleinschneiden (oder gleich reiben), vermengen mit einem Pfund gemischtem Gehacktem, einem eingeweichten und ausgedrückten Brötchen, 2 Eiern, Senf, Salz und Pfeffer. Jetzt wird der Hautlappen vor der Halsöffnung der Gans mit Zahnstochern festgesteckt und die Füllung hineingestopft. Dann ist immer noch Platz für 2, 3 Äpfel und die kommen auch rein. Das ganze bloß nicht zu voll machen, locker bleiben ist die Devise, innerlich und gänslich. Die Bauchöffnung mit Zahnstochern zustecken und mit Fleischerfaden oder Baumwollgarn überkreuz zubinden, so, wie man früher die Skischuhe verschnürt hat. Dann sieht das Viech so aus. Nicht sehr vertrauenerweckend? Das wird sich ändern.
Vorher
Der Ofen wird vorgeheizt, bei meinem Gasherd wie gesagt auf Stufe 3 bis 4, beim E-Herd dürften so 180 Grad hinkommen. Und der große Gänsebräter wird startklar gemacht. Bisschen Schmalz auf den Boden, dass die Haut nicht anbackt, und – sofern vorhanden – Gänsehals, Flügelspitzen, Magen und Herz hinein legen. Obendrauf wird die Gans gepackt, zunächst mit der Brust nach unten. Ab in den Ofen. Spätestens nach einer halben Stunde sollte man es aus dem Rohr satt bollern hören, dann wird mit einem großen Glas Rotwein abgelöscht. Noch mal ’ne halbe Stunde Zeit geben, dann ist es Zeit, dass Viech umzudrehen. Dabei nicht zaghaft sein: Das Viech an den Keulen hochheben und umgedreht wieder in den Bräter setzen. Hoppsassa, das war’s.
Die meiste Arbeit ist getan. In den nächsten zwei Stunden muss das Viech nur noch alle zehn Minuten/Viertelstunde begossen werden. Auf den Flüssigkeitspegel achten, gegebenenfalls heißes Wasser angießen und vor allen Dingen die Brust schön feucht halten. Nach insgesamt drei Stunden sollte sich dem Gänsefreak ein solcher Anblick bieten:

nachher

Schon besser, nicht wahr? Bevor die geduldigste Gemahlin das Tranchiermesser schwingen kann, müssen allerdings noch mindestens zwanzig Minuten vergehen, in denen sich das Gänschen vom Öfenstreß erholen kann. Also: Gans raus aus dem Bräter, auf eine vorgewärmte Platte setzen und zurück in den mittlerweile ausgeschalteten Ofen schicken. Ofentür leicht offen lassen (Kochlöffel einklemmen), die Gans soll sich entspannen und nicht nachgaren.
In der Zwischenzeit mache ich die Sauce. Für das Entfetten derselben wende ich einen Trick an, der dem Profi-Koch die Haare zu Berge stehen lässt, der aber hervorragend funktioniert: Im Bräter haben wir jetzt einiges Gefiesel (Hals, Magen, Herz etc.), ungefähr einen Liter Gänsefett und ein paar Esslöffel konzentrierten Bratenfond. Das Gefiesel hebe ich mit der Schaumkelle raus, koche die verbliebene Flüssigkeit auf und binde den Fond mit Saucenbindemittel zu puddingähnlicher Konsistenz. Dann kann man das Gänsefett in einem Schwung abkippen, abkühlen lassen und später als Schmalz genießen. Den verbliebenen Saucenglob verdünne ich mit einem vorbereiteten aromatischen Gänsefond (mach ich am Vortag: Ein bis zwei Pfund Gänseklein kleinhacken, scharf anbraten, herausnehmen, Zwiebel und Suppengrün im Fett anschwitzen, Tomatenmark dazu, mit Wein ablöschen, fast ganz einkochen, Gänseklein wieder dazu, mit heißem Wasser auffüllen und ein paar Stunden köcheln lassen. Ein mit Knoblauch, Lorbeer, und Piment gefülltes reingehängtes Gewürz-Ei erweist sich als segensreich. Durchsieben, abkühlen lassen und über Nacht in den Kühlschrank stellen, dann kann man am nächsten Tag das Fett als Platte abheben. Natürlich kann man auch Geflügelfond aus dem Glas nehmen… Ist aber teurer und schmeckt nicht so gut). Zur Sauce kommt unbedingt noch Portwein dazu, auch Rotwein, der ruhig etwas säuerlicher sein darf als der, den wir gleich zum Essen trinken, salzen, pfeffern, einkochen, abschmecken… halt Sauce machen. Und das Messer für die geduldigste Gemahlin von allen wetzen, die jetzt den ausgeruhten Vogel in seine appetitlichen Einzelteile zerlegt. Und während sie das tut, trage ich die Beilagen auf den Tisch: den Rotkohl, den Grünkohl, die Thüringer Klöße, die Sauce… und dann folgen Äpfel, Füllung, Brust, Keulen, Flügel… und endlich, endlich, die reine Seligkeit. Ich liebe dieses Essen!

[tags]Kochen, Gänsebraten, Rezept, Lieblingsessen [/tags]

Nachgekocht: Versteckter Fisch

Eigentlich bin ich ja eher ein Küchenfreestyler, aber manchmal stößt man auf ein Rezept, dass so einleuchtend ist, dass man gar nicht anders kann als es einfach nachzumachen. Lauchstange in Ringe schneiden, mit feingeschnittener Zwiebel andünsten, bisschen Hokkaido auf der groben Reibe raffeln, kurz mitdünsten lassen, Löffelchen Schmand und Löffelchen Parmesan dazu, das alles auf eine mit Zitronensaft behandelte Lachstranche gepappt, 20 Minuten in den Ofen geschoben und…

Lachs mit Kuerbiskruste

Doch, da ist Lachs drunter, Ehrenwort. Aber man darf ihn ja nicht sehen, sonst wär es ja kein versteckter Fisch. Das genaue Rezept steht beim datenhamster.org, herzlichen Dank dafür.
Habe ich mich eben wirklich bei einem Datenhamster für ein Kochrezept bedankt?
[tags]Kochen, Lachs, Kürbis[/tags]

Bouillon!

Was für ein Scheiss-Tag! Da kommt man eine halbe Stunde zu spät ins Büro, weil man 40 Minuten auf eine 30 Sekunden dauernde Routine-Untersuchung bei der Orthopädin warten musste, wird von einer Praktikantin begrüßt, die gerade dabei ist, die Geschichte der schlechten Laune vollkommen neu zu schreiben, will dann seine Telefonliste abarbeiten und stellt zur eigenen Überraschung fest, dass alle (ALLE!) 8 (ACHT!) Leute, die auf der Liste stehen, bereits „im Wochenende“ (IM WOCHENENDE!) sind. Freitag vormittag um 10 Uhr 30. Ist die 4-Tage-Woche eingeführt worden, und ich hab wieder nix davon mitbekommen?
Ich erspare der sensiblen Leserschaft der Netzecke die weiteren Unbillen meines Tages: die steindummen, talentfreien Vollidioten, die meine Ohren abzuknabbern versuchten, die Texte, die sich meinen immer matter werdenden Bearbeitungsversuchen entzogen, die kreuzdämlichen Cold-Caller, die sogar zu doof waren, meine Beleidigungen zu verstehen… zum frühest möglichen Zeitpunkt eilte ich nach Hause, um Trost zu suchen bei der entzückendsten Ehefrau, der geduldigsten Gemahlin von allen… die sich zu Tode erschöpft von einem ähnlich harten Tag bereits zurückgezogen hat. Was jetzt? Die Rotweinflasche lockt…
Nein. Wenn es etwas gibt, was den geschundenen Menschen wieder aufrichtet, dann ist es eine gescheite Kochsession. Bouillon ist alle. Wir brauchen Bouillon. Wir kochen Bouillon!
Um die Ecke geflitzt, der Metzger des Vertrauens hat noch offen, ein paar Scheiben Rinderhesse müssen mit, eine Handvoll Kalbsknochen gibt er großzügig dazu, in der Schwarzen Olive stopft Mustafa mir das nötige Wurzelwerk in die Tüte und ich bin wieder daheim. In der Küche. Fleisch und Knochen gewaschen, in den Suppentopf gelegt, Wasser draufgeschüttet und die Hitze auf halb gedreht. Nicht volle Pulle, langsam erhitzen, das macht die Brühe voller und klarer. Sellerie, Möhren, Lauch und Zwiebel werden geputzt und in den Topf geworfen, das Gewürz-Ei wird geladen mit Petersilie, Lorbeer, Knoblauch, Nelkennägeln und Piment, aber noch nicht hineingehängt. Erst wird das Unwichtige vom Wichtigen getrennt, es wird abgeschäumt. Wenn man nicht gleich hitzemäßig Vollgas gibt, dann kann man Trübstoffe und Schmutz ganz einfach mit der Schaumkelle abheben, und was schließlich aufkocht, ist klare, reine Brühe… so soll’s doch sein. Jetzt wird gesalzen und die Gewürze werden reingehängt…
Und langsam, ganz langsam füllt sich die Wohnung mit dem Aroma der werdenden Bouillon. Der saftigen, aromatischen Brühe, die die Basis für viele zukünftige Mahlzeiten werden wird und jetzt schon den Odeur der Erschöpfung durch den Duft der Verheißung ersetzt. Jetzt – endlich! – schwindet mein Hunger und ich bekomme Appetit!
Die Bouillon ist noch Stunden von der Vollendung entfernt, aber im Kühlschrank sind noch Eier. Lauch und Pilze finden sich, ein schnelles Omelette, wunderbar! Wohlig gesättigt öffne ich den Rotwein. Sein Aroma und das der Bouillon vermischen sich, bis letztere denn fertig sein wird. Mir geht es wieder gut.
Kochen ist eine große Gnade. Wer kochen darf, dem geht’s nicht schlecht.

[tags]Kochen, Bouillon[/tags]

Die Killer-Kombination

Am Sonnabend hätte ich ein Stündchen länger schlafen können als sonst, hatte aber vergessen, den Wecker… was ist eigentlich das Gegenteil von „den Wecker stellen“?… also, ich hatte vergessen, den Wecker zu entstellen die Weckzeit aus dem Wecker zu entfernen, das Ding rappelte frühmorgens los und ich war wach. „Was machste nun mir der gewonnenen Stunde?“, fragte ich mich und antwortete relativ schnell: „Wenn du nicht direkt ins Büro fährst, sondern einen Umweg nach Neukölln machst und beim Benser frische Blutwurst holst, dann würde das wohl ziemlich genau eine Stunde dauern.“
Und so geschah es. Im Büro sank ich mit der zufriedenen Gewissheit in den Sessel, dass am Abend die beste Blutwurst der Welt auf den Tisch kommen würde, aber… wie? Shangri-La schien angesichts der derzeitigen Frischkräutersituation nicht angesagt, Bunzenparfait, Blunzengeröstel und Himmel und Erde sind zur Zeit etwas abgenudelt… eigentlich müsste mal ein neues Blutwurstrezept her. Also das Internetz angeworfen und… Nanu? „Ostpreußische Linsensuppe mit Blutwurst“? Hab ich ja noch nie gehört. Backpflaumen, Blutwurst und Linsen? Interessante Kombination, könnte ein Erfolg werden…
Für 4: 1 kg Blutwürste, am besten solche, die sich braten lassen. 250 Gramm Linsen (die feinen, grünen aus Puy sind optimal), 1 Stück Sellerie. 2 Möhren, eine Stange Lauch (das Weiße), 1 Zwiebel, Bouillon oder Gemüsebrühe oder Hühnerbrühe, ins Gewürz-Ei kommen Petersilienstengel, 2 Zehen Knoblauch, Lorbeer und Piment, und Gänseschmalz, Backpflaumen nach Belieben (wenn’s harte sind, sollte man sie ein wenig einweichen), ein Gläschen Wein, etwas Essig oder Balsamico. Nach Belieben Schmand.
Gemüse putzen und kleinschneiden, in nicht zu knapp Gänseschmalz andünsten, die Linsen dazugeben, kurz mitdünsten und mit der Brühe (welche auch immer man verwendet) ablöschen, aufkochen lassen, salzen und Pfeffer, das gefüllte Gewürz-Ei reinhängen und eine halbe Stunde kochen lassen. Währenddessen die Blutwürste pellen und in dicke Scheiben schneiden. 1 Blutwurst kleinwürfeln und nach einer Viertelstunde zusammen mit den Backpflaumen zu den Linsen geben. Nach einer halben Stunde sollten die Linsen weich sein, dann den Wein und den Essig/Balsamico dazukippen (nicht vorher! Sonst werden die Linsen nicht weich.) und etwas einkochen lassen. Die Blutwurstscheiben ohne weitere Fettzugabe in der Pfanne knusprig braten, in die Suppe geben, wer’s vertreten kann, gibt noch ein Löffelchen Gänseschmalz hinein und trägt’s zu Tisch. Dort steht ein Schälchen Schmand, aus dem sich jeder einen Klacks in die Suppe rühren kann, dann wird gekostet, und…
Ja. Oooooh, ja! Linsen, Pflaumen, Blutwurst… das gehört zusammen! Das wird’s jetzt öfters geben. Und beim nächsten Mal bin ich diesen betörenden Duft gewöhnt, dann werd ich vielleicht dran denken, vor dem Essen ein Foto zu machen.
[tags]Kochen, Linsen, Blutwurst[/tags]

Manieren für die Rübe

Die geduldigste Gemahlin von allen liebt Steckrüben. Während andere Männer sich glücklich preisen würden, eine Frau mit derart preiswerten Leidenschaften an ihrer Seite zu wissen, hält sich meine Begeisterung in Grenzen. Nichts gegen preiswerte, deftige Gemüsesorten, aber ausgerechnet die Steckrübe? Nicht doch ’ne Aubergine? Sogar der ubiquitöse Zucchino dünkt mich attraktiver. Oder ein Artischöckchen? Schon gut, ich hab verstanden. Steckrübe also.
In der Tat ist es möglich, der plumpen Steckrübe Manieren beizubringen. Mit Zitronensaft. Ordentlich Zitronensaft verleiht der Steckrübe nicht gerade kulinarische Eleganz, er nimmt ihr aber komplett diese leicht dösig-penetrante Muffigkeit, wegen der sie mir zuwider war. Wenn man jetzt noch neunzig Prozent aller Steckrübenrezepte außer Acht läßt, in denen sie mit fettem Schweinefleisch zu langweilig-winterlichen Eintöpfen verkocht wird, hat man schon fast gewonnen.

Hähnchenkeulen im Steckrübenbett

Hähnchenkeule auf Steckrüben-Kartoffel-Bett
Für 2 Leute braucht’s 2 Hähnchenkeulen, 400 g Steckrübe (netto) und 2 Kartoffeln, beides geschält und gewürfelt, 1 Zwiebel und 2 Knoblauchzehen (feingehackt), 50 Gramm durchwachsener, geräucherterSpeck, gewürfelt, Zitronensaft, 1 halbes Glas Weißwein, Öl, Butter, Paprikapulver scharf, Salz, Pfeffer, Schnittlauch. Öl und Butter in einer tiefen Pfanne oder einem Wok erhitzen, Zwiebeln und Knoblauch anschwitzen, Speck, Kartoffeln und Steckrüben dazu und auf kleiner bis mittlerer Hitze anbraten, mit Zitronensaft beträufeln, salzen, pfeffern, Lorbeerblatt dazu. Hähnchenkeulen mit Salz, Pfeffer und Paprikapulver einreiben, in zweiter Pfanne auf kleiner Hitze langsam anbraten (mindestens zehn Minuten Zeit lassen), Keulen rausnehmen, auf die Kartoffel- und Rübenwürfel legen, Fett abkippen, Bratensatz mit dem Weißwein ablöschen und zum Gemüse und den Keulen geben, Deckel drauf und – je nach Keulengröße und Hähnchenalter – 20 bis 40 Minuten sanft schmoren. Hähnchenkeulen raus, fein geschnittenen Schnittlauch unter das Gemüse rühren und ab auf den Tisch damit. Mahlzeit!
[tags]Kochen, Kartoffeln, Steckrübe, Hähnchenkeule[/tags]

Weiße Bohnen reloaded

Pasta Fagioli

Meine kulinarische Einfallslosigkeit hält an. Nur mit knapper Not konnte ich einen erneuten Griff zu Stallhasenkeule und Pfifferlingen vermeiden, ansonsten machte sich gähnende Leere in der kulinarischen Kreativ-Abteilung meines Kleinhirns breit, mäkelige Entschlusslosigkeit trübte meine Sinne, und das hat grundsätzlich eins zur Folge: die Zubereitung klassischer italienischer Hausmannskost. Pasta Fagioli!
Ein knappes Pfund gekochte weiße Bohnen, ein Bund Suppengrün, 1 Zwiebel, paar Zehen Knoblauch, 1 Glass Weißwein, Tässchen Brühe, kleine Dose Tomaten, 100g irgendwie Italien-konformer Speck, 200 Gramm Nudeln (Penne sind okay), bisschen was zum Würzen (Salz, Pfeffer, 1-2 getrocknete Chilis, Thymian, Lorbeer, Piment), Olivenöl, frisches Basilikum und Parmesan.
Zwiebeln und Knoblauch schälen und in dünne Scheiben schneiden, Speck würfeln, Suppengemüse putzen und kleinschneiden, alles in reichlich Olivenöl anschwitzen.
Und während ich dieses Wurzelwerk putze und anschwitze, gestatte ich mir einen kleinen Exkurs zu eben diesem: Das vergammelte Zeugs, was man im Supermarkt unter dem Namen Suppengrün verkauft (für gewöhnlich 2, 3 eklig weiche Möhren, ein zerfetztes Stück Porree, ein verdrecktes Stück Sellerie, ein angegammelter Petersilienstengel und wenn man Pech hat, hat jemand noch ein Stück angefaulte Petersilienwurzel dazu gebunden) verdient den Namen nicht. Ich habe Glück, ich muss nur 20 Meter weiter zu Banu und Mustafa laufen, und wenn ich da um Suppengrün bitte, schneidet mir Mustafa ein großzügiges Stück Sellerie ab, sucht mir zwei schöne Möhren aus, legt eine Stange Porree, eine kleine Petersilienwurzel und ein Büschel frische Petersilie dazu. Während er das tut, unterhalte ich mich mit seiner Frau Banu, probiere eine ihrer neuen Salatkreationen oder trinke einen Capuccino. Das ganze kostet logischerweise etwas mehr als der Abfall im Supermarkt. Aber das Einkaufen bei Banu und Mustafa macht ungleich mehr Spaß, und das Essen aus ihrem täglich frisch besorgtem Gemüse schmeckt einfach besser. Einen guten Teil meines bescheidenen Rufs als Hobbykoch verdanke ich der Tatsache, dass ich beim Einkauf nicht aufs Geld sondern auf die Qualität schau. Aus Müll kannst du nix gescheites kochen.
Genug polemisiert, das Zeugs ist glasig, wir salzen, pfeffern, bröseln die getrockneten Chilis dazu, löschen mit dem Weißwein ab, lassen fast vollständig einkochen, geben die gekochten weißen Bohnen dazu und die Hühnerbrühe. Wenn wir die weißen Bohnen selber gekocht haben, haben wir vielleicht von dieser Aktion ein bisschen Kochsud aufgehoben, der gibt dem Eintopf Körper, der gehört unbedingt hinein. An Würze pack ich gerne noch ein paar Lorbeerblätter, Pimentkörner und die Petersilie dazu (ich hab so ein überdimensioniertes Tee-Ei, in das ich das Zeug reinstopfe). Das soll jetzt alles so ein Viertelstündchen vor sich hinköcheln, während dieser Zeit kochen wir die Penne, aber nur 5 statt der 10 Minuten, die auf der Packung stehen. Dann gießen wir sie ab, werfen sie zu den weißen Bohnen, geben noch die Tomaten aus der Büchse – leicht zerdrückt und ohne Saft – dazu, und lassen die Chose noch so fünf bis zehn Minütchen köcheln. In der Zeit reiben wir den Parmesan, stellen ihn zusammen mit éinem Fläschchen Olivenöl auf den Esstisch, damti sich jeder selbst bedienen kann. Wir schmecken unseren Bohneneintopf nochmal ab, streuen Basilkum drüber und servieren. Man kann sich den Krampf mit dem Basilikum, dem Parmesan und dem Olivenöl auch sparen und stattdessen gleich ein Gläschen Pesto auf den Tisch stellen. Mahlzeit!

[tags]Kochen, Pasta, Bohnen, Italien[/tags]

The Whistlin‘ Hammer

Im Supermarkt standen heut noch zwei Körbchen Pfifferlinge rum, die mich ganz jämmerlich anbettelten: „Herr Kurbjuhn, wir möchten so gern pfeifen, ach bittöööööh…“ Derart jämmerliches Bitten hat mein Herz angerührt, ich hab sie nach Hause getragen, geputzt und in das heiße Butter-Öl-Gemisch geworfen, gesalzen und gepfeffert. Und während sie fröhlich vor sich hinpfiffen, packte mich die Experimentierlust. Ich beschloss, Speck und Zwiebel einmal wegzulassen. Stattdessen hab ich zwei Tomaten gehäutet, entkernt und in Stücke geschnitten. Zwei kleine Kopfsalatherzen mussten ebenfalls dran glauben, die hab ich entstrunkt und in Streifen geschnitten. Dann hab ich erst die Tomaten, dann die Salatstreifen zu den Pfifferlingen gegeben, und als die Salatstreifen zusammengefallen waren, hab ich einen Löffel Schmand und kleingehackten Schnittlauch unnergerührt und alles auf den Tisch getragen, bevor der Schmand richtig heiß war…
Der Hammer! Die aromatischen Pfifferlinge, die Säure der Tomaten, der noch leicht knackige, frische Salat und der sanfte Schmand… Warum bin ich erst jetzt auf die Idee gekommen?

Pfifferlinge mit Tomaten und Salatherzen

Beim nächsten Mal werd ich die Tomaten erst mit den Salatstreifen dazugeben, damit sie nicht ganz zerfallen, wie sie es heute taten. Und was es zu den Pfeifhämmern gab, verrat ich nicht. Sonst heißt es nur wieder: „Dem Chris fällt nix mehr ein, der macht nur noch Pfifferlinge mit Kaninchenkeulen.“
[tags]Kochen, Pfifferlinge, Salatherzen, Tomate[/tags]

Mangoldgemüse

Mangoldgemüse

Wir essen gern Mangold. Das Zeugs macht wenig Arbeit, hat einen schönen, ausgeprägten Geschmack (immer öfter erwisch ich frischen Spinat, der nach beinahe garnix schmeckt) und lässt endlose Varianten in der Zubereitung zu. Etwa so:
Für 4 Portionen als Beilage: 1 Mangoldstaude, 1 Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, eine Handvoll Champignons, getrocknete Tomaten nach Geschmack, paar Anchovis, 1 bis 2 getrocknete Chilischoten, Schuss Weißwein. Die Mangoldblätter von den Stielen reißen, waschen, beiseite stellen. Die Stiele waschen und kleinschneiden. Zwiebel, Knoblauch, getrocknete Tomaten und Anchovis kleinschneiden, alles in reichlich Olivenöl kurz angehen lassen, Mangoldstiele dazu, durchdünsten, Chilischote dazubröseln, sparsam salzen (Anchovis), mit Weißwein ablöschen, Deckel drauf, weichdünsten, so fünf bis zehn Minuten. Champignon blättrig schneiden, in anderer Pfanne braten, zusammen mit den Mangoldblättern zu den weichgedünsteten Stielen geben. Die Blätter zusammenfallen lassen, nochmal abschmecken und servieren. Fruchtiges Olivenöl auf den Tisch stellen, damit man sich noch etwas über das Mangoldgemüse kleckern kann.
Das ganze wirkt dank Olivenöl, getrockneter Tomaten und Anchovis irgendwie mediterran, ist letztendlich aber eine erstaunlich anpassungsfähige Beilage. Neulich aßen wir’s zur klassischen Berliner Boulette, und auf dem Teller wurde nicht gefremdelt. Wenn man aber – was ganz ausgezeichnet schmeckt – noch Safran, Oliven und Tomatenconcassé hinzugibt, sollte man das Gehackte im Kühlschrank lassen. Dann passt ein Stück Lamm oder ein Mittelmeerfisch in der Tat besser. Mahlzeit!
[tags]Kochen, Mangold, Beilage[/tags]

Die Entweder-Oder-Suppe

Das schwierigste an dieser Suppe ist, herauszufinden, um was für eine Suppe es sich handelt. Entweder ist es nämlich eine Fischsuppe mit weißen Bohnen, oder es ist eine weiße Bohnensuppe mit Fisch.
Weiße Bohnen und Fisch
Wie auch immer, für 4 Portionen braucht man (Mengenangaben muss man nicht so genau nehmen): ein Pfund gekochte große, weiße Bohnen (kann man selber einweichen und vorkochen, kann man auch aus der Dose nehmen, wenn man Zugriff auf entsprechende Dosen hat. Bei meinem Gemüsehändler bekomme ich Dosenware aus der Türkei, die wirklich sehr gut schmeckt), ein bis zwei Pfund Fischfilet (paar verschiedene Sorten wären gut, auch Tintenfischtuben oder die ein oder andere Meeresfrucht sind erlaubt), 1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 1 Paprikaschote, 3 kleine Zucchini, 2 bis 3 Tomaten und so einen dreiviertel Liter Fischbrühe. Die kann man sich prima selber machen, alldieweil die Fischfilets für die Suppe ja gewürfelt werden. Einfach die anfallenden Abschnitte (Grätenstränge, Silberhäutchen, sonstiges Gefiesel) in Olivenöl angehen lassen, paar Gemüsereste (grüne Lauchblätter, Champignonstiele, Sellerie, Stück Zwiebel, was gerade da ist) dazu, mit heißem Wasser ablöschen, 20 Minuten ziehen lassen, abseihen, fertig. Kostet praktisch nix und schlägt die aromafreie, überteuerte Plörre aus dem Glas um Längen.
Zurück zur Suppe: Kleingeschnittene Zwiebel und Knoblauch in reichlich Olivenöl angehen lassen, ohne dass das Zeugs Farbe annimmt, währenddessen Paprikaschote und Zucchini putzen und kleinschneiden, dazuwerfen, durchdünsten, weiße Bohnen dazu, Prise Thymian, Chilischote schadet auch nicht, mit dem Weißwein ablöschen, beinahe vollständig einkochen lassen, salzen, pfeffern, mit der Fischbrühe auffüllen und 20 Minten lang gerade eben simmern lassen. Inzwischen die Tomaten entkernen und in Streifen oder Stücke schneiden (besessene Küchenaktivisten schälen sie zuvor) und in den letzten 5 Minuten dazu werfen.
Jetzt wirft man die gewürfelten und zitronierten Fischfilets dazu, rührt unter, stellt den Herd aus und läßt noch fünf Minuten ziehen. Rührt eventuell vorhandenes Grünzeugs (Basilikum? Petersilie?) unter und trägt zu Tisch. Dort vollendet man mit einem Schuß kaltgepreßten Olivenöls, oder man stellt ein Schälchen Pesto bereit, was sich jeder Esser über die Suppe kleckern kann, das ist verboten lecker.
Und wer jetzt immer noch nicht weiß, ob das eine Fischsuppe mit Bohnen oder eine Bohnensuppe mit Fisch ist, der nennt sie einfach LBSDGGVA, Lieblings-Bohnensuppe der geduldigsten Gemahlin von allen. Denn das ist sie.
[tags]Kochen, Eintopf, Fisch, weiße Bohnen[/tags]