Wo ist Yuppi Du?

Von einem verschollenen Lieblingsfilm ist die Rede. Yuppi Du mit Adriano Celentano. Wenn jetzt jemand „Um Himmelswillen, ein Celentano-Film!“ ausruft, dann habe ich dafür vollstes Verständnis. Dann kennt derjenige cineastische Unfälle wie „Bingo Bongo“ oder den komplett verquasten „Joan Lui“´. Aber er kennt auf keinen Fall Yuppi Du.
Ich habe „Yuppi Du“ vor 30 Jahren an die zehn Mal im Filmtheater am Sendlinger Tor in München gesehen, wo dieser Film mindestens wochen-, bzw. – wenn ich mich recht entsinne – Monate lang gelaufen ist. Ich war jedenfalls hin und weg. Ein anarchisches Film-Musical über einen ziemlich armen Mann (Celentano), dem vor zwei Jahren die Frau (Charlotte Rampling) ertrunken ist. Jetzt taucht eine Frau auf, die der Ertrunkenen zum Verwechseln ähnlich sieht. Celentano glaubt, sie ist es, sie leugnet beharrlich. Das ganze in Bildern erzählt, die an Fellini erinnern. Könnte sein, dass der Film heutzutage etwas maniriert wirkt, aber das kann man leider nicht überprüfen. Damals hat er mich – und ein paar Kommilitonen – derart beeindruckt, dass wir Stammgäste im Kino waren.
Und der Film ist weg. Nicht „schwer zu finden“, nicht „etwas für Insider“, sondern komplett verschwunden. Er ist nie (Ja, „nie“! Ich hab es recherchiert.) im Fernsehen gesendet worden bzw. auf Video oder DVD herausgekommen. Am 10. August 2002 ist eine Kopie von „Yuppi Du“ open air in Graz auf dem Franziskanerplatz vorgeführt worden. Und in einem Filmforum sagt ein Kollege, dass er eine VHS in italienischer Sprache mit griechischen Untertiteln hat (Wie gesagt, ich habe recherchiert). Ansonsten Zero. Zilch. Nada. Der Film ist weg. Weiß jemand, warum? Weiß jemand, wieso Celentano auf Yuppi Du den Deckel drauf hält?
Und bevor jemand fragt: Ja, diese Yuppi Du – Seite kenne ich. Aber der Kollege bezieht sich ja nur auf den Soundtrack. Wo ist der Film? Wo, zum Teufel, ist Yuppi Du?

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Gerüche

Ist schon komisch, wie manche Gerüche einen verfolgen. Ich habe dem Theater ja schon seit ein paar Jahren den Rücken gekehrt, aber den Geruch eine Hinterbühne habe ich immer noch in der Nase. Diese einmalige Mischung aus Staub, Schweiß, Angst, Puder, Schminke, Schimmel und Aufregung … Schon komisch, dass es so ein Geruch ist, den man am meisten vermißt.

Die Arbeiterforelle

Eins der ersten Rezepte, die ich mir als Student auf dem Zweiplattenkocher meines Einzimmerwohnklos zubereitete. Urheber dieser protein- und kalorienreichen Köstlichkeit ist kein geringerer als der grandiose Karriereverweigerer Werner Enke. Wie Enke im Jahre des Herrn 1976 dazu kam, ausgerechnet der Zeitschrift „Meine Familie und Ich“ diese Rezept zu verraten, ist mir ein komplettes Rätsel. Nichtsdestoweniger hab ich da das folgende Rezept her.
Pro Person benötigt man:
1 halbe Fleischwurst (Lyoner o.ä.)
1-2 Scheiben Gouda
1 kleingewürfelte Zwiebel
1 kleingewürfelte Gewürzgurke
Senf
4 bis 5 Scheiben Frühstücksspeck, je nach Größe der Fleischwurst
Pfeffer
Zahnstocher
Die Fleischwurst pellen und längs halbieren. Beide Hälften großzügig mit Senf bestreichen und mit Zwiebel- und Gewürzgurkenwürfeln bestreuen und pfeffern. Mit den auf Wursthälftenbreite zurechtgezimmerten Gouda-Scheiben belegen, beide Hälften zusammenklappen, mit Speckstreifen umwickeln und dieselben mit Zahnstochern fixieren. In der Pfanne bei maximal mittlerer Hitze braten, bis der Speck knusprig ist und der Käse zerläuft. Hasenfüßige Naturen entfetten auf Küchenkrepp, 76er Studenten aßen direkt aus der Pfanne.
Mit Kochkunst oder gar feine Küche hat die Arbeiterforelle natürlich nicht das geringste zu tun, aber in der Tat verstehe ich, warum Enke diese Rezept voller Stolz der Öffentlichkeit präsentierte: Es gleicht seinem Humor. Vollkommen bizarr, aber suchtbildend. Vermutlich deshalb bereite ich mir diese mordsleckere Fett- und Proteinbombe noch immer ca. einmal pro Jahr zu und verzehre sie, während ich mir die mittlerweile total abgenudelte VHS von „Zur Sache Schätzchen“ reinziehe. Getränkeempfehlung: In Isarwasser gekühltes Flaschenbier und reichlich Obstler!
Laut Enke heißt dieses Rezept übrigens Arbeiterforelle, weil die einzige Forelle, die Arbeiter sich leisten können, die Fleischwurst ist. Kapitalismuskritisch ist die Arbeiterforelle also auch noch. Wer kann da widerstehen?

John

John - Imagine

Am 8. Dezember 1980 saß ich nachmittags in meiner ersten Berliner Wohnung in der Skalitzer Straße 32 am Schreibtisch. Schöne Wohnung. Hellblau gestrichene Wände, Ikea-Regale, Rattanbett. Bastmatten auf den Dielen. Und alle paar Minuten donnerte die Linie 1 durch meine beiden Zimmer, denn die Wohnung lag Vorderhaus erster Stock.
Das Telefon klingelte, mein lieber Bruder Thomas, der leider auch schon lange nicht mehr lebt, war dran. „Ich hab’s gerade im Radio gehört, jemand hat John Lennon erschossen.“
Das konnte nicht sein. Thomas mußte sich verhört haben. Irgendjemand anders ist erschossen worden, aber doch niemand von den Beatles. Nicht John. Auf keinen Fall John. Ruhig bleiben. Ganz ruhig nachdenken. Welcher Musiker hat einen Namen, der so klingt wie John Lennon? War da nicht dieser Typ von Fleetwood Mac, der so ähnlich hieß? Bestimmt war es der Kerl von Fleetwood Mac …
Es gab damals noch kein Internet und keine durchsendenden Nachrichtensender. Ich mußte bis zur vollen Stunde warten, bis mir die SFB-Nachrichten die letzte Hoffnung raubten. Ich würde tatsächlich für den Rest meines Lebens ohne John Lennon auskommen müssen.
Ich hatte meine Hand schon am Plattenregal, wollte irgendeine Beatles-Platte auflegen, oder „Imagine“ oder meinetwegen sogar die unsägliche „Live Peace in Toronto“, aber ich ließ es dann sein. Es würde in Zukunft sehr still sein ohne John Lennon und seine Songs. Besser, ich fing an, mich daran zu gewöhnen.
Und so hockte ich ein paar Stunden auf der Bastmatte zwischen meinen blauen Wänden. Saß einfach nur da, und lernte, wie riesenhaft die Stille sein kann, wenn etwas zu Ende geht. Die Linie 1, die alle paar Minuten durch meine beiden Zimmer fuhr, machte kein Geräusch.

Die dicke Rippe

Das Lieblingsgericht meiner Kindheit und Jugend. Festtage für die ganze Familie, wenn „Rippchen“ auf den Tisch kamen. „Rippchen“, das war die dicke Rippe vom Schwein, vom unvergleichlichen Fleischermeister Gebauer aus der Pontanistraße gepökelt und geräuchert. Eine schlichtweg sensationelle rustikale Köstlichkeit, mit krachend-knuspriger Kruste und unvergleichlich saftigem Fleisch. Und einfach zuzubereiten noch dazu! Die dicke Rippe ungewürzt in den Bräter verfrachtet, eine oder zwei kleingeschnittene Zwiebeln dazu (verspielte Naturen jubeln der Rippe noch einen geriebenen Apfel unter), ein Tässchen heisses Wasser angießen, Deckel drauf und ab damit in den mit mindestens 240 Grad beinahe auf Volllast laufenden Backofen. Nach einer halben Stunde wird der Deckel entfernt und die Rippe regelmäßig begossen, und nach einer oder anderthalb Stunden (das hängt davon ab, wie dick die dicke Rippe ist) ist sie fertig. Während das Fleisch ausruht, kann, wer möchte, mit Sahne und Saucenbinder aus dem Bratfond eine Sauce machen, mach kann sich aber auch so auf Vegetariers Alptraum stürzen. Sauerkraut als Beilage ist traditionell, bei meiner lieben Mutter gab es meist Salzkartoffeln und Erbsenmöhrengemüse dazu, Kartoffelsalat wäre eine denkbare Alternative. Bier ist als Begleiter unerläßlich, in der Heimat natürlich das beste Bier der Welt!
Doch einen Wermutstropfen muss ich – leider – zur dicken Rippe reichen. Sie schmeckt nicht mehr wie früher. Das Geheimnis ihrer unvergleichlichen Delikatesse war eine mittig in das Fleisch eingebettete, leicht faserige Fettschicht, die den modernen Schweinen leider weggezüchtet wurde. Und die nichts, aber auch gar nichts mit den wabbeligen Fettschichten moderner Zuchtschweine zu tun hatte.
Diese Fettschicht sorgte nicht nur dafür, dass das Fleisch saftig blieb, während die hohe Ofenhitze für die knusprige Kruste sorgte, nein, das schmelzende Fett durchtränkte das Rippenfleisch mit einem einzigartigen, unvergleichlichen Aroma. Angesichts der heutigen Fett-Phobie scheint es kaum glaublich, dass meine Geschwister und ich uns bei Tisch um die fettesten Stücke regelrecht stritten. Und doch war es so.
Ich fürchte, die dicke Rippe meiner Kindheit ist Geschichte. Was habe ich nicht schon alles versucht, um dieses Gericht mit dem heutzutage angebotenem Schweienfleisch zu rekreieren. Die Hitze reduziert, die Garzeit verlängert, die Niedertemperaturmethode ausprobiert… mehr als akzeptabel waren die Ergebnisse leider nicht.
Doch wie man so schön sagt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Mutige Fleischer feiern Erfolge mit der Wiederentdeckung urtümlicher Schweinerassen wie dem Mangalitza-Schwein … Vielleicht kommt man ja irgendwie in Berlin an die dicke Rippe von so `nem Viech ran… Und mein guter Freund Heiko Wolff hat einen Räucherofen auf dem Balkon stehen. Und Pökeln kann ja auch nicht so schwer sein…
Auch mit fuffzich muss man sich noch Ziele setzen.

Speicherriesen

1000 MB passen DA drauf!
Gerade habe ich mir bei ebay eine kleine Speicherkarte für mein Mobiltelefon gekauft. Das Dingelchen hat mich (inkl. Versand) 25 Euro gekostet, ist halb so groß wie mein Daumennagel und fasst 1 Gigabyte, also 1000 MByte an Daten. Während ich mich mit meinen großen Wurstfingern abplagte, das Dingelchen in den dafür vorgesehenen Schlitz zu friemeln, fiel mir aus unerfindlichen Gründen plötzlich meine allererste Festplatte ein. Die superschicke SH 205, die ich mir 1987 (oder 88?) für meinen Atari 1040 ST zulegte, war damals State of the Art: Dieses schnaubende Stück Hightech fasste die damals unvorstellbare Menge von 20 (zwanzig!) Megabyte an Daten, fand in einem Pizzaschachtel-großen Gehäuse (später sollte der Mega ST darin daher kommen) Platz, das einen Lüfter beherbergte, dessen Betriebsgeräusch dem eines unter Volllast laufenden 1800-Watt-Staubsauger entsprach, und war für den damals als Schnäppchen angesehenen Preis von 1200,- D-Mark zu bekommen.
Ist doch schön, wie die Zeiten sich geändert haben.

Um die fuffzich…

Bald ist es soweit. Bald mache ich das halbe Jahrhundert voll und werde fünfzig Jahre alt. Für jemanden, der mit dem Slogan „Live fast, love hard, die young… and make a good looking corpse!“ augewachsen ist, eine ganz eigene Erfahrung.
Zumindest kann ich mich denjenigen, die fünfzig werden als „grauenvoll“ bezeichnen, nicht anschließen. Die einzige, oben bereits angedeutete Alternative, wie man es vermeiden kann, fünfzig zu werden, scheint mir mittlerweile doch deutlich weniger erstrebenswert.
Nichtsdestotrotz, wenn die Fünf mit der Null sich nähert, macht man sich unwillkürlich seine Gedanken. Was man gemacht hat, und was nicht. Was man jetzt gerade macht, und was nicht. Was man noch machen will…
Deshalb gibt’s hier in den nächsten paar Wochen (oder länger?) Beiträge aus der neuen Kategorie „Um die fuffzich…“. Ein paar Erinnerungen. Ein paar Vergesslichkeiten. Ein paar Lieblingsdinge. Ein paar alte Witze. Viel Spaß.