Mutters Essen: Scharfe Nudeln

Dieses – für die damalige Zeit unglaublich exotische – Gericht, kam in den 60ern alle paar Wochen auf den Tisch, und zwar grundsätzlich an zwei Tagen hintereinander. Weil’s, wie der Reisauflauf, in der Pfanne aufgebraten noch mal so gut schmeckte. Während der Reisauflauf mein Lieblingsessen war, waren die „Scharfen Nudeln“, wie sie bei uns genannt worden, die Leibspeise meiner lieben Schwester Claudia. Das Rezept stand irgendwann in den 50er Jahren mal in der legendären Kasseler Post.

Wie alle Rezepte aus der damaligen Zeit ist es simpel. Ich hab’s mal aus dem Gedächtnis nachgebaut: Für 4 bis 6 Portionen braucht’s:

1 kleinen Kopf Wirsing, entstrunkt und ohne die dicken Blattrrippen in Streifen geschnitten
500 g Lammfleisch, gewürfelt (Ich hab Keule genommen)1
250 g Champignons, gescheibelt
150 g Walnüsse, gehackt
500g Bandnudeln
10 Zehen Knoblauch, gehackt
1 Zwiebel
Curry, Brühe, Butter, Salz, Pfeffer

Das Lammfleisch in etwas Butter kurz anbraten, alle anderen Zutaten dazugeben und anschwitzen, mit soviel Brühe ablöschen, dass alles knapp bedeckt ist. Zwanzig bis dreißig Minuten schmoren lassen, bis das Fleisch gar und die Flüssigkeit verkocht ist2. Die Bandnudeln separat kochen und mit der Chose vermischen.

Tja, sonderlich scharf kommt das einem heutzutage nicht mehr so, aber damals genügte ja schon ein Teelöffelchen Curry, um einen deutschen Gaumen in den Grenzbereich zu bringen3. Ich werde beim nächsten Versuch auf alle Fälle noch ein paar Chilis in Spiel bringen. Die Nüsse und die große Knoblauchmenge machen den Charme des Gerichts aus. Ansonsten ist, wie immer bei Curry, die Weinfrage nicht ganz einfach zu lösen. Ich hab einen Chardonnay von Schaller dazu getrunken und mir auf die Schulter geklopft: Gut ausgesucht, Chris!

Dessert ohne Namen

Dieses Dessert hat keinen Namen, weil ich es dahin improvisiert hab und wirklich nicht weiß, wie ich es nennen soll. Ich hatte ein Glas Lemon Curd eines französischen Herstellers gekauft, das für meinen Geschmack und den angestrebten Verwendungszweck4 deutlich zu süß war. Beim Googlen entdeckte ich die Möglichkeit, dem Lemon Curd durch Verpampen mit Mascarpone die süße Spitze zu nehmen, das brachte mich auf diese zitrische Tiramisu-Variante.

Es braucht:
500g Mascarpone
3 bis 4 Esslöffel Lemon Curd
Orangensaft
Cointreau

Den Mascarpone mit Lemon Curd und Orangensaft cremig rühren. Löffelbiskuits mit Orangensaft und/oder Cointreau beträufeln. In eine Dessertschale eine Schicht Löffelbiskuits platzieren, die Hälfte der Mascarponecreme draufgeben, die Prozedur wiederholen, das Dessert im Kühlschrank durchziehen lassen.

Das ist buchstäblich in Minutenschnelle gemacht, Zitrone und Orange sorgen für eine Ahnung delikater Säure und die penetrante Süße des Lemon Curds war verschwunden. Wurde nach der ersten Kostprobe ins Repertoire aufgenommen.

Bleibt das Namensproblem. „Zitronen-Tiramisu“ klingt irgendwie blöd, „Zitronen-Orangen-Tiramisu“ steigert die Blödheit noch durch Umstandskrämerei. Hat irgendwer einen rettenden Einfall? Sonst bleibt’s namenlos.

Lauch mit Porree

Vom Lauch bzw. Porree habe ich – als treuer Siebeck-Jünger – immer nur das Weiße bis Hellgrüne verwendet. Alles, was grün bis dunkelgrün war, wurde erst ein wenig mit Verachtung gestraft und wanderte dann in die Tonne. Was ein ziemlicher Fehler war, wie ich vor zwei Jahren erfahren hab, als das segensreiche Internetz mich über eine Zubereitung informierte, bei der die grünen Teile des delikaten Gemüses tatsächlich die spielentscheidende Rolle spielten. Seitdem mach ich Poree zwar nicht ausschließlich aber doch immer öfter so. Weil’s so schön intensiv nach Lauch schmeckt.

Als erstes wird, wie immer, ein KüBi5 geknackt und während der ersten Schlucke lassen wir die Zutaten Ravioli passieren, um sicherzugehen, dass auch alles parat liegt. Wir brauchen pro Person (als Beilage):

1 Stange Lauch

Haben wir da, Sahne, Butter, Brühe, Pfeffer, Salz befinden sich im Vorrat. Als erstes trennen wir die den weißen bis hellgrünen Teil jeder Porree-Stande ab und legen ihn erstmal beiseite. Die grünen Blätter befreien wir von angegammelten Stelen, schneiden sie in Streifen, die wir gründlich waschen. Dann lassen wir Butter zergehen, geben die tropfnassen Lauchstreifen dazu und dünsten sie schön weich, das dauert  so 10 bis 15 Minuten. Gegebenenfalls schütten wir ein wenig Brühe dazu, falls die Chose anzubrenen droht. Anschließend kommt der Schraddelstab zum Einsatz, mitdem wir das Ganze zu einer schönen, grünen Pampe zerschraddeln. Wenn wir unser Porreegemüse mit Sahne essen, können wir sie beim Zerschraddeln dazugeben.

Mit den weißen bis hellgrünen Teilen verfahren wir wie üblich. Die werden geputzt, in feine Ringe geschnitten, gewaschen und kommen tropfnass in schäumende Butter, Dann wird gesalzen, gepfeffert und umgerührt, nach zwei, drei Minuten sollte alles weich sein, dann kippen wir die grüne Pampe dazu und sind auch schon fertig. Dieses wirklich intensiv nach Lauch schmeckende Gemüse ist eine prima Beilage zu Fleisch und Fisch, man kann es aber auch z. B. ganz gut zu Nudeln essen. Dann würd ich allerdings ein paar Speckwürfelchen drüberstreuen.

Bei mir gab’s exzellentes Kassler aus den Edeka No, 1 im Forum Steglitz dazu. Und reichlich Riesling. Mahlzeit!

Bällchen von Tala

Tala, eine kleine Gemeinde auf Zypern, ist der Heimatort von Fitos, dem genialen Wirt von unserem genialen Gegenüber-Griechen „Kipos„. Da stehen Tala-Bällchen als Vorspeise auf der Karte, kleine, besonders knusprige Bouletten, die mit Tsatsiki und Skordalia serviert werden, eins meiner Lieblingsgerichte, das bestell ich öfters. Und da Fitos‘ Tochter Christina auf Instagram das Rezept verraten hat, hab ich sie mal zuhause nachgeklöppelt. Voller Erfolg!

Es braucht (für ca. acht Bällchen): 200g Hackfleisch, 2 mittlere Kartoffeln, die gleiche Menge Zucchini, 1 rote Zwiebel, 1 Ei, Mehl, Salz, Pfeffer.

KüBi1 geknackt und sachte angetrunken? Dann kann’s losgehen. Die Zwiebel würfeln und in etwas Olivenöl weich dünsten. Kartoffeln schälen und reiben, Zuccchini reiben, beides ausdrücken und mit dem Hackfleisch, der Zwiebel, dem Ei, Salz, Pfeffer und ca. zwei Esslöffel Mehl verkneten. Flache Fladen6 formen und in Olivenöl ca. zehn Minuten lang knusprig braten. Für Skordalia war ich zu faul, deshalb gab’s bei mir nur Tsatsiki und ein bisschen Zucchini-Gemüse dazu. Und einen schönen, kalten Rosé7. Mahlzeit!

Mutters Essen: Reisauflauf

Dieser Auflauf war das Lieblingsessen meiner Kindheit und Jugend. Den wünschte ich mir immer als Geburtstagsessen, und auch zwischen den Geburtstagen kam er öfters auf den Tisch. Gleichzeitig ist er typisch für die Küche meiner Mutter: relativ wenige Zutaten, aber immer ein, zwei Gewürze dabei, die für einen interessanten Geschmack sorgen. Und: Raffinesse nebst Sorgfalt bei der Zubereitung. Wer hier aus Bequemlichkeit schummelt und zum Beispiel das Anbraten des Reises (spielentscheidend!) weglässt, raubt dem Gericht seinen Charakter. Aber der Reihe nach, zuerst die Zutaten (für eine Auflaufform, vier bis sechs Personen, drei wenn ich mitesse):

350 g Reis
1 Pfund Gehacktes halb und halb
zwei Zwiebeln
1 Tube Tomatenmark8
Brühe 9
Käse zum Überbacken10
Curry, Paprikapulver, neutrales Öl, Butter für die Auflaufform

Die Zwiebeln schälen und in kleine Würfel schneiden, in der Pfanne in etwas neutralem Öl glasig schwitzen lasse. Dann das Gehacktes dazugeben und unter Rühren krümelig braten, salzen, pfeffern, beiseite stellen.
In einem Topf 2 bis 3 Esslöffel Öl auf mittlere Hitze bringen, den Reis geduldig (5 bis 10 Minuten) darin anbraten, rühren, damit er nicht anbrennt. Wenn der Reis goldbraun ist, mit etwas mehr als einem halben Liter Wasser plus Brühwürfel ablöschen, zwei, drei Teelöffel Curry dazu, nach dem Aufkochen die Hitze runterdrehen und 20 Minuten quellen lassen. Ja, das ist zu wenig Wasser, aber er kommt ja noch mit zusätzlicher Flüssigkeit für eine halbe Stunde in den Ofen.
Wenn der Reis gequollen ist, das Tomatenmark, Paprikapulver nach Belieben, eine weitere Tasse Brühe und das gebratene Gehacktes unterrühren, salzen und pfeffern. Das alles in eine gebutterte Auflaufform geben, dick mit Käse (Mozzarella kommt ganz gut) bestreuen und bei 180 Grad eine halbe Stunde in den Ofen schieben, und dann ist fertig.

Meine Mutter hat immer „wegen der Vitamine“ einen grünen Salat dazu gereicht, das ist okay, wenn man sich nicht an der Unlogik stört, etwas Kaltes zu etwas Warmem zu essen. Auf keinen Fall sollte man je die Menge des Auflaufs reduzieren, auch wenn man nur für zwei Personen kochen möchte. Seine wahre Stärke offenbart der Reisauflauf nämlich erst aufgewärnt, wenn er mit ordentlich Butter in der Pfanne knusprig aufgebraten wird. Wahnsinn.

Leider bin ich, bis ich mit 18 Jahren auszog, daran gescheitert, meine Mutter davon zu überzeugen, den Reisauflauf einen Tag vor meinem Geburtstag auf den Tisch zu bringen, damit ich als eigentliches Geburtstagsessen die aufgebratenen Reste genießen konnte. Auf meine fundierten, wohl abgewogenen Argumente antwortete sie, wie so oft, nur mit hochgezogenen Augenbrauen bzw. einem unverständlichen Gemurmel, das sich in etwa wie „Geburtstagsessen einen Tag früher, das könnte dir so passen.“ anhörte. Tja.

 

Kaspressknödel

Vor ein paar Wochen hab ich im Nassrasurblog ein Kaspressknödel-Rezept gepostet, bei dem der Knödelteig relativ flüssig wird. Letztes Wochenende wollte ich eine größere Menge Knödel herstellen, da bot es sich an, die Knödel nicht einzeln in Pfannen zu braten, sondern die ganze Baggage ins Backrohr zu stopfen Hat prima geklappt, der besten, geduldigsten Gemahlin von allen hat diese Variante deutlich besser geschmeckt, weshalb sie, ohne jegliche Diskussion, hier in Friedenau ab sofort Standard ist,

Zutaten:
6 altbackene Schrippen
0,5 l Vollmilch
350 bis 400 g Bergkäse11
1 mittelgroße Zwiebel
2 Eier
1 Bund Schnittlauch
Butter

Die Zwiebel in kleine Würfel schneiden, die Schrippen in etwas größere, die Größe der Käsewürfel sollte dazwischen liegen. Die Zwiebelwürfelchen in reichlich Butter glasig dünsten, mit der Milch ablöschen, aufkochen lassen und über die Schrippenwürfel kippen, mit einem Kochlöffel verrühren, mindestens 15 Minuten (bis die Milch abgekühlt ist) stehen lassen, sparsam salzen (der Käse!), pfeffern, bisschen Muskat dazureiben, die zwei Eier, die Käsewürfel und den feingeschnittenen Schnittlauch zugeben und mit den Fingern schön durchkneten. Flache Knödel formen, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und im Ofen bei 180 Grad Ober/Unterhitze ca, 20 Minuten lang backen. Man kann die Knödel nach zehn Minuten wenden. Man kann es aber auch lassen, wenn man so faul ist wie ich.

Alternativ kann man die Knödel natürlich auch in der Pfanne in reichlich Butter braten, dann werden sie deutlich knuspriger. Ob die Knusprigkeit de Bequemlichkeit aufwiegt, mag jeder selbst entscheiden.

Wenn man die Knödel – wie ich letztes Mal – in Brühe auf den Tisch bringt, kann man sich die Braterei in der Pfanne sparen. Wenn man sie mit Salat und Saucen, die man auch zu Gegrilltem reichen würde (Kräuter-Joghurt-Sahnesauce mit ordentlich Knoblauch passt sehr gut), ist die Pfanne sicher eine Option. Wein? Unbedingt. Ich hatte einen Chardonnay von Steiner aus Podersdorf, das hat gepasst.

Dankbarkeits-Lieblinge 2022

Ja, die Dankbarkeit. Mein Lieblingsrestaurant. Mehr muss ich nicht mehr sagen, bzw. schreiben. Jedes Jahr, wenn wir Podersdorf verlassen, fangen wir an, uns aufs Wiederkommen im nächsten Jahr zu freuen, und für mich heißt das auch: „Dann gehen wir wieder in die Dankbarkeit!“ Dieses Jahr haben wir uns dieses exquisite, trotzdem bodenständige Vergnügen dreimal gegönnt. Beim ersten Besuch haben wir uns eine Vorspeise geteilt…

… eine Terrine von roter Bete mit Rehfilets. Dass das Teilen ein Fehler war, haben wir sofort eingesehen, wir hätten beide lieber die ganze Portion verdrückt. Deshalb gab’s beim zweiten Besuch für jeden eine eigene Vorspeise.

Bei mir war das ein kräftiges „Konblauchpannacotta mit Graubrot-Chip“.

Und beim dritten Besuch kehrte ich zu einer lieben, alten Bekannten zurück, der Fischsuppe mit Paprika. Bei den Hauptgängen lag, wie immer in diesem Lokal, die Raffinesse in der scheinbaren Einfachheit.

Beim ersten Besuch genoss ich eine in jeder Hinsicht perfekte, rosa gebratene Entenbrust auf aromatischer Gemüsesauce und gebratenen Kartoffeln

Beim zweiten Mal folgte ich der Tagesempfehlung, tatsächlich, weil mich die angekündigte Beilage neugierig gemacht hatte: gebratener Hecht mit gegrilltem(!) Eisbergsalat, und die Beilage hätte dem tadellos gebratenem Hecht beinahe die Schau gestohlen. Durch die hohe Grillhitze hatte der Eisberg ein überraschend deutliches, delikates Aroma bekommen, was ganz ausgezeichnet mit dem darüber und hineingekleckerten, knoblauchlastigen Pesto harmonierte.

Beim dritten Mal, unserem diesjährigen Abschiedsessen ließ ich mir eine Lammhüfte auf Gemüsesauce mit Polenta kommen. Wieder war küchentechnische Perfektion zu bewundern. Besser, zarter kann man eine Lammhüfte nicht hinbekommen, die Polentaschnitten waren perfekt gebraten und eigneten sich wunderbar zum Aufmoppen der herrlichen Sauce.

Die Desserts. Beim ersten Besuch des Jahres gibt es niemals ein Vertun, da wird der Käseklassiker des Lokals bestellt…

… Blauschimmelkäse mit einem Glas der hauseigenen Beerenauslese. Eine Traumkombination. Auch beim zweiten Besuch hatte ich keine Lust auf Süßes und bestellte den kleinen Käseteller…

… Gruyere, Brie, ein Rot- und ein Blauschimmel. Was mir Gelegenheit gab, die nächste Beerenauslese zu ordern. Beim dritten Mal wollte die beste, geduldigste Gemahlin von allen mich dazu bringen, schon wieder Käse zu bestellen, doch dazu war ich nach der Lammhüfte schon zu satt. Zitronensorbet in Frizzante…

… war genau richtig: fein, leicht, erfrischend und nicht zu süß.

Die Vorfreude auf unsere Dankbarkeits-Menüs 2023 hat begonnen!

Mit rohem Fisch zu Wolfram Siebeck – eine Erinnerung

„Gestern Abend hat er gesagt, er wolle gegen halb zwölf mal in der Küche vorbeischauen. Jetzt ist erst elf, dann zieh ich jetzt den Strudelteig aus, bevor er zuguckt…“ Ich nehme mir den Klumpen Strudelteig, rolle ihn aus, greife mit beiden Händen unter den Teigfladen und… in diesem Augenblick fliegt die Küchentür auf, Wolfram Siebeck und Frau Barbara stürmen herein, einen Fotografen im Schlepptau. Geistesgegenwärtig tu ich so, als wäre mir was runtergefallen und versuche, unter den Küchentisch zu tauchen… zu spät! „Guck mal, er zieht den Strudelteig!“, ruft Barbara Siebeck und eilt herbei. Unter den Augen von Barbara und Wolfram Siebeck reiße ich dann jede Menge Löcher in den Strudelteig und stammele sinnloses Zeugs, während der Fotograf ein Foto nach dem anderen schießt… Alptraum eines Hobbykochs? Nee, ist mir wirklich passiert.

Siebeck guckt in meine Pfanne

Siebeck guckt in meine Pfanne

Im Frühjahr 2009 hab ich mich irgendwie ins Halbfinale des ZEITmagazin-Kochwettbewerbs gemogelt und durfte im Park Hyatt Hotel in Hamburg für die Siebecks und ein paar andere Jury-Mitglieder kochen. Damit ging  für mich ein Traum in Erfüllung. Mein erstes Kochbuch war von Siebeck,  ich hab so gut wie alle Siebeck-Bücher im Regal, und die gehören zu den wenigen Büchern, aus denen ich auch wirklich gekocht habe. Auch wenn Siebeck von den Kritikern des Kritikers gern als elitär bezeichnet wird, als Kochbuch-Autor war er der größte Praktiker unter der deutschen Sonne. Fast alle seine Rezepte sind alles andere als elitär, sondern einfach, machbar und gelingsicher.

Über Siebecks Verdienste als Autor vergisst man gerne seine Verdienste um das Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels. Siebeck ist der Mann, der die Créme Fraiche in den deutschen Supermarkt geschrieben hat. Anfang der Siebziger Jahre begann er ausdauernd gegen das Angebot in Deutschlands Kühlregalen zu polemisieren. Da gab es damals saure Sahne, süße Sahne, Sprühsahne… und das war’s. Mit der Hartnäckigkeit eines Cato („Ceterum censeo“) prangerte er das an und ließ keine Gelegenheit aus, gegen das Fehlen von Créme Fraiche und Créme Double zu polemisieren und ihre zukünftige Anwesenheit im Sortiment zu fordern. Mitte, Ende der Siebziger war’s soweit. Die ersten blauen Becherchen eines bekannten Lebensmittelkonzern tauchten in den Supermärkten auf, wir konnten endlich mit Creme Fraiche kochen! War Siebeck zufrieden? Natürlich nicht. Umgehend wies er daraufhin, dass die Créme Fraiche des blauen Doktors deutlich weniger Fett enthielt als die französische, deren Wohlgeschmack nach wie vor unübertroffen war. Das war typisch Siebeck. Der Mann war mit dem Allerbesten gerade mal eben so zufrieden. Das haben ihm die Ahnungslosen als Arroganz ausgelegt.

Am Vorabend des Wettkochens hatte ich das große Vergnügen,  Siebeck zwei Stunden lang in der Hotel-Bar bei Wein und Tapas zuhören zu dürfen. Nachdem er ein, zwei Anekdoten erzählt hatte, begriff ich, dass dieser Mann alles andere als arrogant war, sondern schlichtweg so viel über edles Essen und Trinken wusste wie sonst niemand auf Gottes weiter Erde. Herrgottnochmal, der Mann war ja tatsächlich überall gewesen und hatte bei allen Schwergewichten der Gastro-Szene das Besteck in die Hand genommen. Der wusste Bescheid wie sonst kein zweiter. Wie kann das arrogant sein, wenn jemand sich wirklich auskennt?

„Und morgen musst du für diesen Siebeck kochen“, schoss es mir durch den Kopf, und praktisch gleichzeitig nahm mein Herz den direkten Weg ins Beinkleid. Jeder Gedanke, irgendwie mit meiner pannonischen Hausmannskost punkten zu können, verabschiedete sich in Richtung Kompost-Eimer. Schadensbegrenzung und Bekämpfen der eigenen Nervosität war angesagt, sonst nix.

Unterstützt von der besten, geduldigsten Gemahlin von allen hab ich mich dann irgendwie aus der Affäre gezogen. Beim Krautstrudel hab ich das Kernöl vergessen, und der Biskuit von den Somloer Nockerln wäre lockerer möglich gewesen (Hab ich überhaupt die Rumrosinen dazugegeben?)… das emotionale Highlight war jedoch die Fischsuppe. Ich kippte die heiße Suppe in die vorgewärmte Terrine und fügte die rohen Fischstücke hinzu, die sollten ja nur drei Minuten in der heißen Suppe ziehen, dann sind sie auf den Punkt. Dann griff ich mir die Terrine und machte mich auf den Weg ins Speisezimmer der Jury. „Du trägst gerade rohen Fisch zu Wolfram Siebeck“, dachte ich plötzlich und konnte nur mit knapper Not eine Ohnmacht verhindern. Vermutlich hätte ich die Suppe auch offensiver salzen sollen.

Egal, am Ende des Tages waren die geduldigste Gemahlin von allen und ich stolz wie Bolle auf den zweiten Platz. Und heilfroh, dass wir nicht im Finale waren, wo wir das alles nochmal hätten kochen müssen. Andererseits wäre das Finale die Möglichkeit gewesen, Herrn Siebeck ein zweites Mal zu treffen.

Das geht nun nicht mehr. Was verdammt schade ist. Ein ähnlich kenntnisreicher und leidenschaftlicher Gastrosoph ist derzeit nicht in Sicht. Fast all mein Küchenwissen verdanke ich Wolfram Siebecks Büchern und Kolumnen. Ich bin traurig und sehr dankbar, dass ich ihn kennenlernen durfte.

 

 

Dialog von Bohne mit Bohne

 

Bohnensalat

Zufällig entstandener Salat, der sich als Hit bei der geduldigsten Gemahlin von allen und bei unseren Gästen erwiesen und somit seinen Weg ins Repertoire gemacht hat. Schöne Beilage zum Lamm, geht aber auch zu anderem Fleisch oder Fisch. Am Besten lauwarm.

Es braucht für ca. sechs Leute als Beilage: 1 große Dose weiße Riesenbohnen (wer unbedingt will, kann auch selbstgekochte verwenden), ca. 700g grüne Bohnen (nett0), ein paar Tomaten, 1 rote Zwiebel, Knoblauch, Senf, Weinessig, Olivenöl, Petersilie.

Die weißen Bohnen abgießen, ca. drei Esslöffel der Bohnen mit ein wenig Brühe oder etwas Flüssigkeit aus der Dose erhitzen und mit dem Kartoffelstampfer oder Schneidstab pürieren. Aus dem Bohnenpüree, einer durchgepressten Knoblauchzehe, 1 Esslöffel Senf, Salz, Pfeffer, Weinessig und Olivenöl eine sämige Salatsauce rühren. Zwiebeln in Ringe schneiden, Tomaten in mundgerechte Stücke. Bohnen, Tomaten und Zwiebeln mit der Salatsauce vermengen, Ende der Vorbereitung.

Salat von zweierlei Bohne

Kurz bevor das Zeugs auf den Tisch soll, die grünen Bohnen bissfest kochen, abgießen, und unter den Salat heben, der jetzt warm bis lauwarm und mit ordentlich Petersilie bestreut serviert werden kann. Mehr ist nicht, schmeckt aber. Mahlzeit.

 

Turnierküche

Während der EM hab ich fürs Männerblog recht fleißig gekocht, meistens Klassiker aus aller Herren1 Länder.

Hier die Links zu den Rezepten:

Bigos aus Polen
Francesinha aus Portugal
Andivje-Stamppot aus Holland
Romfromage aus Dänemark
Moussaka aus Griechenland
Ossobuco aus Italien
Borschtsch aus der Ukraine

Und ein wenig Luft abgelassen bezüglich Event- und Ergebnis-Fans hab ich auch.

  1. Männerblog! Herren! Superscherz!