Gelegentlich diskutiere ich mit Kochkumpelinen und Kochkumpels sogenannte schwierige Rezepte, also Gerichte, deren Zubereitung ungewöhnlich kompliziert ist oder großes küchentechnisches Geschick erfordert. Meist kommen wir dann auf irgendwelche Fieseligkeiten wie Wachtelpralinen. Oder Wickelgeschichten, wo man ein Stück Fleisch oder Fisch mit Farce und Schinkenscheibe und Aromaten und Zeugs in ein Wirsingblatt einrollen muss. Oder „Saumon Soufflé“, ein Star-Gericht des alten Haeberlin aus Illhaeusern. Da wird eine Lachs-Tranche mit einer Haube aus püriertem Hecht, Eiweiß und Sahne bedeckt, die dann im Ofen wie ein Soufflé aufzugehen hat. Und dann sind da ja noch die ganzen Terrinen und Pasteten mit ihrer ausgefuchsten Optik… die Dessert-Torten mit dreierlei Füllung … und dieser spanische Küchenfreak mit seinen Stickstoffklößchen…
Nun ja, mag ja alles schön schwierig sein. Für mich jedenfalls ist der Mount Everest der Küchentechnik, das Gericht, bei dem am meisten schiefgehen kann, das Omelette.
Das beginnt beim Einkauf (gescheite Freiland-Eier, die nach Ei schmecken, Süßrahmbutter mit Butteraroma… das ist oft nicht einfach zu finden) und geht mit dem Verkleppern der Eier (2 pro Omelette) weiter, für das ich die Gabel dem Schneebesen vorziehe. Hier geht es nämlich darum, den Punkt zu finden, an dem Eigelb und Eiweiß sich innig verbunden haben, dem Eiweiß aber noch nicht die Elastizität ausgeschlagen wurde, die für die typische Omelette-Konsistenz nötig ist. Das ist – finde ich – mit der Gabel leichter abzupassen. Den häufig zu findenden Tipp, einen Schuss Mineralwasser in die Eimasse zu geben, finde ich nicht hilfreich. Irgendwie geht mir die Konsistenz von Omelette mit Mineralwasser zu sehr Richtung Rührei. Ein Omelette macht man aus Eiern, Butter und einer Prise Salz, sonst nix.
Der nächste Stolperstein ist die Temperatur, bei der die verklepperten Eier in die Eisenpfanne gekippt werden. Ja, es muss die Eisenpfanne sein. Ich weiß letztendlich nicht warum, aber in der Eisenpfanne werden die Omelettes am besten (nicht nur die Omelettes, übrigens!). Also, Eisenpfanne auf den Gasherd, auf volle Pulle erhitzen, ein großzügig portioniertes Stück Süßrahmbutter, die wie gesagt noch nach Butter schmeckt, hineingeben, die Hitze etwas reduzieren und die Butter beim Schmelzen beobachten.
Wenn die Butter schäumt und gerade eben beginnt, braun zu werden, aber noch nicht braun ist, werden die geschlagenen, leicht gesalzenen Eier in die Pfanne gekippt. Man merkt sofort, ob man den richtigen Zeitpunkt erwischt hat. Wenn die Eimasse auf dem Pfannenboden sofort stockt, sich oben aber zu goldgelber, luftiger Leichtigkeit aufplustert, hat man begonnen, ein Omelette zu backen. Ansonsten kann man einen neuen Versuch starten oder muss sich mit einem Rührei begnügen.
Ist das Omelette einmal in der Pfanne, wird nicht mehr gerührt. Punkt. Auch wenn Bocuse in seinem Kochbuch die Eimasse mit dem Spatel durch die Gegend schaufeln möchte, das Rühren unterbleibt, weil es der Konsistenz der des Omelettes schadet. Jetzt arbeitet man nur noch mit dem Anpassen der Temperatur (Besitzer eines konventionellen E-Herdes haben ganz schlechte Karten) und einem möglichen Schwenken der Pfanne, falls sich zuviel Eischleim auf dem Omelette befindet, der nicht stocken würde, bevor das Omelette unten braun wird. Das ist der nächste Knackpunkt: Herauszufinden, wann das Omelette fertig ist. Es muss unten dunkelgoldgelb und ein wenig knusprig sein, oben noch cremig-feucht, aber nicht mehr glibberig.
Das ist gar nicht einfach zu erkennen, besonders, wenn – was bei mir immer vorkommt – noch etwas Butter auf dem Ei herumschwimmt. Wenn man glaubt, dass es gerade richtig ist, dann nimmt man das Omelette vom Feuer und lässt es auf einen vorgewärmten Teller gleiten. Das Vorwärmen des Tellers ist ein absolutes Muss, weil sich die empfindliche Eierspeise auf einem kalten Teller sofort auf das unvorteilhafteste verzieht. Jetzt kann und sollte man das Omelette noch überglänzen: Ein kaltes Stück Butter wird auf eine Gabel gespießt und damit streicht man über das Omelette. Gerade so, dass sich etwas Butter löst und einen glänzenden Film auf dem Omelette hinterläßt. Das funktioniert übrigens nur, wenn man das Omelette zum richtige Zeitpunkt aus der Pfanne genommen hat. War es zu früh, reicht die Oberflächentemperatur nicht aus, um die Butter zu schmelzen. War es zu spät, wird zu viel Butter geschmolzen, was die geschmackliche Harmonie stört.
Wer jetzt das Omelette noch füllen möchte, hat selbstverständlich gleichzeitig á la minute die gewünschte Füllung (Käse? gebratene Pilze? Gemischte Frühlingsgemüse? In der Saison kann gebratener Spargel mit einem Hauch Sesam- oder Kürbiskernöl absolut sensationell sein!) vor- bzw. zubereitet, die jetzt auf die eine Omelettehälfte gegeben wird. Dann klappt man das Ganze Gebilde zusammen, OHNE dass es in der Mitte zerbricht…
Wer jetzt denkt, dass ich das ganze überkompliziere, hat vielleicht recht. Vielleicht hat er aber auch noch nie ein richtiges Omelette gegessen. Denn das kann eine grandiose Delikatesse sein und ist, wenn man es nicht täglich tut, äußerst schwierig zuzubereiten. Rührei ist einfach zuzubereiten und kann ganz lecker sein. Zu einem Omelette verhält es sich wie ein Trabant zu einem Maserati.
Ich backe seit ca. 40 Jahren Omelettes. Nicht täglich. Mittlerweile genügt fast jedes dritte meinen unbescheidenen Ansprüchen.
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Die Eisenpfanne
Eigentlich bin ich ja kein „Materialist“, was das Kochen anbelangt. Gesunder Menschenverstand, ein bißchen Wissen um Küchenchemie und -physik und – am allerwichtigsten – die Freude am Kochen und am Umgang mit den Produkten sind wesentlich wichtiger als bestimmte Küchengeräte oder Utensilien einer bestimmten Marke. Bei einem mache ich eine Ausnahme. Bei der besten Bratpfanne der Welt. Die muss aus Eisen sein.
Diese Erkenntnis und damit das Glück, die beste Bratpfanne der Welt zu besitzen, verdanke ich zwei Ärzten. Vor ein paar Jahren diagnostizierte meine damalige Hausärztin bei mir einen leichten Eisenmangel und verschrieb mir irgendwelche Tabletten, die mich zwar mit Eisen versorgten, jedoch meine Verdauung durcheinander brachten. Ich klagte einem befreundeten Mediziner, der sich gern mit „Dr. Mabuse“ am Telefon meldet, mein Leid, und der gab mir den Rat, die Tabletten weg zu werfen und mir eine Eisenpfanne zu besorgen.
In einschlägigen Haushaltswarengeschäften erntete ich mit meinem Begehr nur Kopfschütteln. „So etwas“ (Anführungszeichen deutlich mitgesprochen“) gäbe es schon lang nicht mehr. Warum ich mich denn mit so einem schweren, archaischen Monstrum herumärgern wollte? Es gäbe doch so „praktische“ (diese Anführungszeichen pflege ich mitzusprechen) beschichtete Pfannen, die wären gerade im Angebot.
Bei Manufactum wurde ich schließlich fündig, überraschenderweise zu einem Preis, den man diesem Haus eigentlich nicht zutraut. Für knapp 20 Euro konnte ich dort eine Eisenpfanne von de Buyer erstehen.
Bevor man mit einer Eisenpfanne arbeiten kann, muss man sie kräftig mit Soda ausschrubben, um den Korrosionschutz zu entfernen, der in der Eisenpfannenfabrik aufgetragen wurde. Ist das bewältigt, geht es immer noch nicht los, denn die Pfanne muss eingebraten werden. Das hört sich komplizierter an, als es ist. Einfach nicht zu knapp Öl in der Pfanne richtig heiß werden lassen, und eine Handvoll Kartoffelschalen (wenn keine Kartoffelschalen zur Hand sind, tun es auch ein oder zwei Brotscheiben), nicht zu knapp gesalzen, darin braten, bis der Boden der Pfanne sich zu verfärben beginnt. Die Kartoffelschalen rausnehmen, wegwerfen und die Pfanne mit einem Küchenpapier auswischen. Jetzt ist die Pfanne betriebsbereit.
Eine Eisenpfanne darf nicht mit Spülmittel in Berührung kommen. Nach der Benutzung wird sie mit Küchenpapier ausgewischt, bzw. bei hartnäckiger Verschmutzung mit heißem Wasser und Bürste bearbeitet. So bildet sich mit der Zeit eine Patina in der Pfanne, die sozusagen die Mutter aller Beschichtungen ist. Quatsch, was schreib ich, die Patina dieser Eisenpfannen entlarvt die Erfinder moderner Teflon-, Silverstone- oder Wasweißichschon-Beschichtungen als notorische Lügenbolde, denn keine moderne Beschichtung kann einer Eisenpfannenpatina auch nur annähernd das Wasser reichen. Wer schon mal erlebt hat, wie sanft ein Omelette aus so einer Pfanne gleitet, der verwendet den angeblich aus der Raumfahrtforschung stammenden Murks nur noch unter Gewaltandrohung.
Und die Bratkartoffeln, die diese Pfanne ganz von alleine produziert, goldbraun verkrustet außen, zartcremig schmelzend innen, solche Bratkartoffeln hab ich noch in keiner anderen Pfanne hinbekommen.
Mittlerweile verwende ich beinahe ausschließlich Eisenpfannen für meine tägliche Braterei: Ob Fisch, Fleisch, Bratkartoffeln, Omelettes… nichts hängt, nichts klebt, alles gelingt, und pflegeleicht ist die Eisenpfanne auch noch. Einziger Wermutstropfen: Sie ist schwer. Wirklich schwer. Aber dafür brauch ich keine anderen Küchenprobleme zu stemmen. Und Eisenmangel ist auch kein Thema mehr.
Die Arbeiterforelle
Eins der ersten Rezepte, die ich mir als Student auf dem Zweiplattenkocher meines Einzimmerwohnklos zubereitete. Urheber dieser protein- und kalorienreichen Köstlichkeit ist kein geringerer als der grandiose Karriereverweigerer Werner Enke. Wie Enke im Jahre des Herrn 1976 dazu kam, ausgerechnet der Zeitschrift „Meine Familie und Ich“ diese Rezept zu verraten, ist mir ein komplettes Rätsel. Nichtsdestoweniger hab ich da das folgende Rezept her.
Pro Person benötigt man:
1 halbe Fleischwurst (Lyoner o.ä.)
1-2 Scheiben Gouda
1 kleingewürfelte Zwiebel
1 kleingewürfelte Gewürzgurke
Senf
4 bis 5 Scheiben Frühstücksspeck, je nach Größe der Fleischwurst
Pfeffer
Zahnstocher
Die Fleischwurst pellen und längs halbieren. Beide Hälften großzügig mit Senf bestreichen und mit Zwiebel- und Gewürzgurkenwürfeln bestreuen und pfeffern. Mit den auf Wursthälftenbreite zurechtgezimmerten Gouda-Scheiben belegen, beide Hälften zusammenklappen, mit Speckstreifen umwickeln und dieselben mit Zahnstochern fixieren. In der Pfanne bei maximal mittlerer Hitze braten, bis der Speck knusprig ist und der Käse zerläuft. Hasenfüßige Naturen entfetten auf Küchenkrepp, 76er Studenten aßen direkt aus der Pfanne.
Mit Kochkunst oder gar feine Küche hat die Arbeiterforelle natürlich nicht das geringste zu tun, aber in der Tat verstehe ich, warum Enke diese Rezept voller Stolz der Öffentlichkeit präsentierte: Es gleicht seinem Humor. Vollkommen bizarr, aber suchtbildend. Vermutlich deshalb bereite ich mir diese mordsleckere Fett- und Proteinbombe noch immer ca. einmal pro Jahr zu und verzehre sie, während ich mir die mittlerweile total abgenudelte VHS von „Zur Sache Schätzchen“ reinziehe. Getränkeempfehlung: In Isarwasser gekühltes Flaschenbier und reichlich Obstler!
Laut Enke heißt dieses Rezept übrigens Arbeiterforelle, weil die einzige Forelle, die Arbeiter sich leisten können, die Fleischwurst ist. Kapitalismuskritisch ist die Arbeiterforelle also auch noch. Wer kann da widerstehen?
Die dicke Rippe
Das Lieblingsgericht meiner Kindheit und Jugend. Festtage für die ganze Familie, wenn „Rippchen“ auf den Tisch kamen. „Rippchen“, das war die dicke Rippe vom Schwein, vom unvergleichlichen Fleischermeister Gebauer aus der Pontanistraße gepökelt und geräuchert. Eine schlichtweg sensationelle rustikale Köstlichkeit, mit krachend-knuspriger Kruste und unvergleichlich saftigem Fleisch. Und einfach zuzubereiten noch dazu! Die dicke Rippe ungewürzt in den Bräter verfrachtet, eine oder zwei kleingeschnittene Zwiebeln dazu (verspielte Naturen jubeln der Rippe noch einen geriebenen Apfel unter), ein Tässchen heisses Wasser angießen, Deckel drauf und ab damit in den mit mindestens 240 Grad beinahe auf Volllast laufenden Backofen. Nach einer halben Stunde wird der Deckel entfernt und die Rippe regelmäßig begossen, und nach einer oder anderthalb Stunden (das hängt davon ab, wie dick die dicke Rippe ist) ist sie fertig. Während das Fleisch ausruht, kann, wer möchte, mit Sahne und Saucenbinder aus dem Bratfond eine Sauce machen, mach kann sich aber auch so auf Vegetariers Alptraum stürzen. Sauerkraut als Beilage ist traditionell, bei meiner lieben Mutter gab es meist Salzkartoffeln und Erbsenmöhrengemüse dazu, Kartoffelsalat wäre eine denkbare Alternative. Bier ist als Begleiter unerläßlich, in der Heimat natürlich das beste Bier der Welt!
Doch einen Wermutstropfen muss ich – leider – zur dicken Rippe reichen. Sie schmeckt nicht mehr wie früher. Das Geheimnis ihrer unvergleichlichen Delikatesse war eine mittig in das Fleisch eingebettete, leicht faserige Fettschicht, die den modernen Schweinen leider weggezüchtet wurde. Und die nichts, aber auch gar nichts mit den wabbeligen Fettschichten moderner Zuchtschweine zu tun hatte.
Diese Fettschicht sorgte nicht nur dafür, dass das Fleisch saftig blieb, während die hohe Ofenhitze für die knusprige Kruste sorgte, nein, das schmelzende Fett durchtränkte das Rippenfleisch mit einem einzigartigen, unvergleichlichen Aroma. Angesichts der heutigen Fett-Phobie scheint es kaum glaublich, dass meine Geschwister und ich uns bei Tisch um die fettesten Stücke regelrecht stritten. Und doch war es so.
Ich fürchte, die dicke Rippe meiner Kindheit ist Geschichte. Was habe ich nicht schon alles versucht, um dieses Gericht mit dem heutzutage angebotenem Schweienfleisch zu rekreieren. Die Hitze reduziert, die Garzeit verlängert, die Niedertemperaturmethode ausprobiert… mehr als akzeptabel waren die Ergebnisse leider nicht.
Doch wie man so schön sagt, die Hoffnung stirbt zuletzt. Mutige Fleischer feiern Erfolge mit der Wiederentdeckung urtümlicher Schweinerassen wie dem Mangalitza-Schwein … Vielleicht kommt man ja irgendwie in Berlin an die dicke Rippe von so `nem Viech ran… Und mein guter Freund Heiko Wolff hat einen Räucherofen auf dem Balkon stehen. Und Pökeln kann ja auch nicht so schwer sein…
Auch mit fuffzich muss man sich noch Ziele setzen.
Das Vielzweck-Gurken-Curry
Die Schmorgurkensaison ist kurz, aber lang genug, damit es nicht immer „mitSpeckwürfelnundSahnegeschmortschmecktsowiesoambesten“ sein muß. So man denn ein anständiges Currypulver resp. eine solche Paste im Hause hat, kann das folgende Rezept als veritable Vielzweckwaffe herhalten:
Für 2 Personen braucht man eine große (oder zwei kleine) Schmorgurken, eine Zwiebel, ein halbes Paket tiefgekühlten Blattspinat, ein Becher griechischen Sahnejoghurt, Salz, Curry und etwas Butter.
Gurken schälen, Kerne mit einem Löffel rauskratzen und in kleine Stücke schneiden. Kleingewürfelte Zwiebel in Butter andünsten, Gurkenstücke dazu, kurz durchschwitzen lassen, Curry nach Geschmack dazu, salzen, den Joghurt unterrühren und den Spinat dazugeben. 10 bis 20 Minuten warten, bis die Gurken weich und der Spinat gar sind. Das war’s schon.
Dieses obersimple Curry ist eine wunderbare Beilage zu Fleisch oder Fisch, mit Reis ein vegetarisches Hauptgericht und funktioniert sogar als Nudelsauce. Mahlzeit!
Lammhaxen in Rotwein
Es gibt Rezepte, die sind so simpel, einfach, narrensicher und gleichzeitig so lecker, dass sie letztendlich unveränderbar sind. Dieses Rezept für in Rotwein geschmorte Lammhaxen etwa. Pro Nase braucht man 2 kleine oder eine mittelgroße Lammhaxe. Bei insgesamt 4 Portionen dann noch 1 größere Zwiebel, eine Möhre, eine Lauchstange, 1 Stück Sellerie und mindestens 2 Knoblauchzehen, alles geputzt und kleingewürfelt. Und Rotwein, eher säuerliche denn fruchtig, denn Säure macht Appetit und hilft der Sauce auf die Hufe! Im großen Schmortopf wird Olivenöl heißgemacht, die Lammhaxen werden hineingelegt und langsam bei höchstens mittlerer Hitze goldbraun angebraten, was schon mal 15 bis 20 Minuten dauern kann. Dann werden die Haxen kurz außerhalb des Topfes zwischengelagert, das kleingewürfelte Wurzelwerk wird im Restfett angebraten, eine ordentliche Portion Tomatenmark mit angeröstet, es wird gesalzen und gepfeffert und mit einem Glas Rotwein abgelöscht. Wenn dieses fast verkocht ist, werden die erst jetzt gesalzenen und gepfefferten Lammhaxen dazugesetzt, weiterer Rotwein wird angegossen (die Haxen sollen nur ein Fußbad nehmen, nicht schwimmen), die Hitze heruntergedreht und der Deckel auf den Topf gesetzt. Wenn der Deckel richtig dicht schließt und der Wein im Topf nur gerade so eben simmert, war’s das. Man hat jetzt zwei Stunden (Lammhaxen aus der Markeinekehalle) bis zweieinhalb Stunden (Lammhaxen vom Bio-Markt in der Reichsstr.) Kochpause. Wer einen Aktivitätsanfall im linken Knie hat, kann die Haxen gelegentlich wenden, muß aber nicht sein. Irgendwann sind sie so weich, dass das Fleisch gerade eben noch nicht vom Knochen fällt, dann gibt’s Essen! Haxen auf die Teller, kurz den Pürierstab in die Sauce gehalten und die Küchenwand eingesaut, Sauce über die Haxen kippen und Mahlzeit!
Und immer, wenn ich Lammhaxen kaufe, denke ich, man müßte mal was anderes probieren. Vielleicht in Weißwein mit Safran und mehr Knoblauch? Oder auf einer Ratatouille? Oder vielleicht mal kochen? Separat erzeugte helle Knoblauchsauce dazu? Und in 99% der Fälle schmor ich sie doch wieder in Rotwein. Vielleicht werde ich alt.
Die Urmöhre

Ich hab mir einen Bund gegriffen, weil es erstens Kalbsgeschnetzeltes gab, zu dem ein schönes Möhrengemüse immer eine Option ist. Und weil ich immer auf der Suche nach Möhren mit Geschmack bin, denn das, was im normalen Supermarktregal ein Möhrendasein fristet, schmeckt bestenfalls nach Nichts, meistens jedoch nach muffigem Nichts. Nicht so diese Urmöhre. Nach Hause getragen, gewaschen, gescheibelt (man braucht sie nicht zu schälen), ein Zwiebelchen in Butter angedünstet, Möhren dazu, bißchen Brühe, bißchen Sahne… keinen Zucker! Diese Urmöhren sind schon von Hause aus recht süß, so dass man sich die bei den Normalmöhren zwingende Zuckerbeigabe schenken kann. Also nur Salz, Pfeffer, nach 10 Minuten bißchen Petersilie…
Was soll ich sagen? Das Geschnetzelte spielte nur die zweite Geige. Diese Möhren sind schlichtweg sensationell. Morgen mach ich sie wieder. Dicke Empfehlung.
Kürschenauflauf
Für 6 Personen benötigen Sie: 6 altbackene Brötchen, 3 Eier, ¼ Liter Milch, 3 Eßlöffel Zucker, 2 Eßlöffel Mehl, 3 Eßlöffel feingemahlene Mandeln, 1 kg Kirschen, Zimt, Butter, Mehl und Zucker (zum Ausstreuen der Form). Die Kirschen entsteinen. Die Milch erhitzen, die in Scheiben geschnittenen Brötchen darin quellen lassen. Die Eier trennen, Eiweß zu steifem Schnee schlagen. Die eingeweichten Brötchen mit den 2 Eßlöffel Zucker, den 2 Eßlöffel Mehl, den Eigelb, den Mandeln und Zimt nach Geschmack gründlich vermischen. Die Kirschen untermischen und schließlich die steifgeschlagenen Eiweiß unterheben. Eine Auflaufform buttern, mit etwas Mehl und Zucker ausstreuen, die Masse hineingeben, mit Butterflocken belegen und bei 140 bis 160 Grad 45 Minuten backen. Selbstverständlich können Sie auch Kirschen aus dem Glas verwenden, diese jedoch gut abtropfen lassen. Und das eine oder andere Gläschen Kirschwasser in der Masse würde zwar bei nordhessischen Traditionalisten entgeistertes Kopfschütteln hervorrufen, den Geschmack des Auflaufs jedoch gewißlich bereichern.
Dippehase
Für 6 Personen benötigen Sie: 1 Wildhasen, in Teile zerlegt (ersatzweise die entsprechende Menge Hasenkeulen oder Schlegel), 750g Schweinenacken, 2 Zwiebeln, 150g Roggenbrot, 2 bis 4 Eßlöffel Johannisbeergelee, 1 Flasche trockenen Rotwein, Nelken, Lorbeer, Salz und Pfeffer sowie Brotteig (vom Bäcker oder Fertigbackmischung) zum Verschließen des Schmortopfes. Den Schweinenacken würfeln, zusammen mit den Hasenteilen portionsweise anbraten, jeweils mit Salz und Pfeffer würzen, mit den in dünne Scheiben geschnittenen Zwiebeln; Lorbeer und Nelken nach Gusto in einen schweren Schmortopf schichten. Den Johannisbeergelee darüber löffeln. Rotwein mit dem feingeriebenen Roggenbrot aufkochen und in den Schmortopf gießen. Deckel auf den Topf, mit Brotteig verschließen und bei 180 Grad –ca. 2 Stunden in den Ofen tun. Dazu Rotkohl, Kartoffelklöße, und ein schöner Rotwein. Und – bitte – machen Sie den Topf erst bei Tisch auf. Die Duftwolke, die einem entgegenkommt, wenn man – mühsam – den Teig weggehebelt hat, ist wirklich einmalig.
Weckewerk
Jetzt wird’s ein wenig rustikal. Für 6 Personen benötigen Sie: 250g altbackenes Weißbrot oder Brötchen, 1 Liter Bouillon, 750g Fleischreste vom Schwein (gekocht, mit Schwarten auch Reste vom Schweinebraten sind möglich, ebenso Gehacktes vom Schwein, jeweils mit gekochten Schwarten), 250g Zwiebeln, Majoran, Kümmel, Salz und Pfeffer. Die Brotreste in der Bouillon quellen lassen, Fleisch nebst Schwarten und Zwiebeln durch den Wolf drehen, alles in die Bouillon geben, mit Kümmel, Majoran, Salz und Pfeffer abschmecken und unter ständigem Rühren zu einer festen Masse verkochen. Entweder so zu Pellkartoffeln reichen, oder im Kühlschrank erkalten lassen, Scheiben von der Masse abschneiden und in der Pfanne braten. In Nordhessen wird das Weckewerk gelegentlich vor dem Braten noch paniert, was angesichts der ohnehin gegebenen Fettigkeit des Gerichts durchaus atemberaubend sein kann. Trinken Sie dazu Bier, ein Wein verbietet sich angesichts des nach wenigen Gabeln dringend benötigten klaren Schnapses. Übrigens: falls Sie den Aufwand scheuen, suchen Sie einen nordhessischen Fleischer auf. Bei ihm gibt’s Weckewerk fertig in Gläsern.


