Splitterbrötchen (CMXX)

Zum Jahreswechsel erscheinen die Splitterbrötchen natürlich als XXL-Ausgabe.

Schmerzliche Erkenntnis: Es wird mir nicht gelingen, bis zum Ende meines Lebens alle Bücher zu lesen, die ich noch lesen will. Was nicht an meiner Lebenserwartung, sondern an meiner Neugier liegt. Wer jetzt „Luxusproblem“ murmelt, ist nicht nur ein dummer, selbstzufriedener Sack, sondern versteht die emotionale Wucht des Problems nicht. Ein Beispiel: Zu Weihnachten habe ich mir selbst spontan die „Slow Horses“-Serie von Mick Herron geschenkt. Ca. 1 Minute dauerte die Freude auf den bevorstehenden Lesespaß, dann fragte ich mich „Welche anderen Bücher hast du gerade über die Klinge springen lassen?“

Statt „sich sinnlos zu betrinken“ sagt man auch „sich die Laterne austreten“. Ein pfiffiger Binzer Fewo-Inhaber weiß zu verhindern, dass seine Gäste das tun.

„Knives Out“ hat mir großen Spaß bereitet, von „Glass Onion“ war ich deutlich unterwältigt. Die Schauspieler liefern sich einen absurden Wettstreit im Overacting (Craig gewinnt), jeder zeigt mit dem Finger auf sich selbst („Bin ich nicht komisch?“) und die ganze Veranstaltung ist eher selbstverliebt als unterhaltsam.

Zahlreiche Katholiken haben für Ex-Papst Benedikt gebetet. Die hatten wohl echt Sorge, dass er sonst nicht in den Himmel kommt.

Was nicht jeder weiß: Manche Menschen, die Gutes und Richtiges tun, sind trotzdem oft strohdumm.

Kurz vor Jahresende wurden wir noch Zeuge der größten sportlichen Leistung des 21. Jahrhunderts.

Messi hätte den verkackt.

Die Grünen sind auf dem komplett falschen Dampfer – der „HMS George Orwell“, um genau zu sein – wenn sie glauben, durch Umbenennungen aller Art eine bessere Welt schaffen zu können. Trotzdem, Frau Roth hat meine volle Unterstützung, wenn sie die „Stiftung preußischer Kulturbesitz“ umbenennen will. Es ist doch lästig, wenn man bei einer so wichtigen Institution ständig erklären muss, warum sie so heißt. Allerdings – und da ist Frau Roth wieder ganz beim Politikstil der irrealen, symbolbehafteten Lösungsansätze – ist der Name offensichtlich das geringste Problem der Stiftung.

Kulinarischer Wochenhöhepunkt war der „Edel-Labskaus“ in der Strandhalle Binz, der – genau wie in der Speisekarte versprochen – nichts mit dem glorifizierten Maritim-Mumpf zu tun hatte, der anderswo serviert wird: Kalbsmedaillons auf Bratenjus, Kartoffel-Rote-Bete-Stampf, Matjestatar, Spiegelei. Delikat und deftig, Sonntagsessen!

Nochmal Benedikt: Die BILD hat stark nachgelassen. Die Headline „Wir sind tot!“ wäre das Mindeste gewesen.

Seit geraumer Zeit scheinen die Wochos nur noch aus Black Fridays zu bestehen.

Es ist überflüssig, sogar kontraproduktiv, irgendwelche Ehrfurcht vor der Kunst zu haben. Betrinken Sie sich mal mit einem Künstler, dann verstehen Sie, was ich meine.

Ich hab nichts gegen Menschen, die böllern. Ich verstehe nur das Konzept nicht, Geld für extrem kurzlebige Vergnügungen auszugeben. Da geh ich doch lieber gut Essen und trink einen schönen Wein dazu!

Ich wäre ein herausragender Sänger geworden, wenn es mir gelungen wäre, einen einzigen Ton zu treffen.

Entsetzt stelle ich fest, dass ich – Danke, Alexa! – mittlerweile mit der Bedienung eines konventionellen Radios überfordert bin. Alles, was über den Zuruf „Spiel NamedesSenders!“ hinausgeht, erfordert angestrengtes Nachdenken und Rumprobieren meinerseits.

Schließlich gelang es mir, auf dem archaischen Fewo-Radio einen Sender mit halbwegs akzeptabler Musik einzustellen, das war NDR 2. Nachdem ich mir den von 3 Stunden lang angehört hatte, verstand ich Menschen, die dem Laden „politische Stimmungsmache“ vorwerfen. Von 9 bis 12 am 29.12. kannte die Redaktion offenbar nur ein Thema: „Silvester-Böller gemein!“ Penetrante Erziehungsversuche und monothematische Langeweilerei – so bekommt man sogar einen leidenschaftlichen Verfechter des ÖRR wie mich auf die Palme.

Und wieder ist es mir gelungen, die beste, geduldigste Gemahlin von allen beim Fotografieren zu fotografieren. Aktuelles Motiv: ein schmackhafter Aperitif.

Wie kann man – wie zum Beispiel der Gesundheitsminister – davon überrascht sein, dass die Zahl jugendlicher Raucher signifikant gestiegen ist? Jugendbewegungen, waren und sind immer Gegenbewegungen. Wer von von Schadensabwehr besessenen Helikopter-Eltern großgezogen und jahrelang von der Regierung dieses Staates mit Gesundheits-Vorschriften gegängelt wurde, der gibt natürlich einen Scheiß drauf: raucht, als gäbe es kein Morgen, klebt sich auf dreckigem Asphalt voller Bakterien fest … Macht weiter, Kinners. Amüsiert euch!

Wichtigste Erkenntnis der Binz-Woche zwischen den Jahren: es ist nicht ratsam, Binz zu verlassen, ohne den nächsten Aufenthalt dort gebucht zu haben.

Ich wünsche allen Splitterbrötchen-Lesern ein gesundes, erfolgreiches 2023. Vergessen Sie nicht: Ich glaube an Sie! Warum auch immer.