Baskisches Hühnchen

Baskisches Hühnchen

Französische Hausmannskost at it’s best: Schnörkellos, logisch und mordslecker. Für 4 Personen braucht’s: Eine in 4 bis 6 Teile geschnittene Poularde, 4 grüne Paprikaschoten, 2 Tomaten, gehäutet und entkernt, 1 Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, 1 Schuss Weißwein, Lorbeerblätter, Salz und Pfeffer, Olivenöl. Pfanne auf den Herd, Olivenöl rein und die Hühnerteile bei mittlerer Hitze langsam anbraten. Mittlere Hitze heißt „nicht höher als halb“ und langsam heißt mindestens zehn bis fünfzehn Minuten Zeit nehmen für die Prozedur. Hühnerteile kurz aus der Pfanne nehmen, überschüssiges Fett abkippen, kleingeschnittene Zwiebel, Knoblauchzehen und in Streifen geschnittene Paprika anschwitzen. Mit einem Schuß (wirklich nur ein Schuß) Weißwein ablöschen, in Streifen geschnittenes Tomatenfleisch und die Lorbeerblätter dazu, Hühnerteile wieder rein, alles kräftig salzen und pfeffern (getrocknete Chili-Schoten kommen auch gut) Deckel drauf und das baskische Hühnchen bei kleiner Hitze mindestens eine halbe Stunde lang in Ruhe lassen. Danach den Deckel lüften. Sollte ziemlich genial duften. Wenn die Tomaten zu sehr gesuppt haben oder man zuviel Weißwein zum Ablöschen genommen hat, kann es nötig sein, die Hühnerteile rauszunehmen und das ganze noch etwas einkochen zu lassen. Das Gemüse soll nur etwas feucht sein, nicht schwimmen. Das ganze mit einem schönen Weißwein servieren. Wenn’s eine kleine Vorspeise und einen kleinen Nachtisch gibt, dann langt das so. Ansonsten kann man Bratkartöffelchen dazu machen. Mahlzeit!

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Neu in der Blog Roll: Deep End Dining

„Ich esse alles!“ sage ich immer, wenn ich gefragt werde, ob es irgend etwas gibt, was ich nicht esse. Und in der Tat glaubte ich bisher, nicht nur alles, sondern das meiste davon auch richtig gerne zu essen. Innereien aller Art, Polypen von der Größe eines Bienenkorbs, gern auch mal ein Stückchen Krokodil… bisher habe ich mich für einen unerschrockenen Esser gehalten, der neugierig (fast) alles ausprobiert. Bis ich auf Eddie Lin stieß. Der Mann ist mir über. Was heißt mir? Der Mann ist ein absolutes Unikat, ein furchtloser Indiana Jones der Gourmandise, ein Pionier der Esskultur, der die Grenzen des guten wie des schlechten Geschmacks bewusst durchbricht, um sie zu erweitern.
Es war Hande, die mich auf Eddie Lin’s Deep End Dining Blog aufmerksam machte, in dem sie ihn nebenbei in einem ganz fantastischen Rezept für Oktopus-Salat erwähnte. Neugierig klickte ich auf den Link und gelangte auf das vermutlich ungewöhnlichste Foodblog der Welt. Ich warne sensible Naturen ausdrücklich davor, es mir nach zu tun. Das, was Mr. Lin in seinem Blog einer staunenden Öffentlichkeit präsentiert, ist nichts für schwache Nerven oder gar Mägen. Der derzeit aktuelle Beitrag ist ein Video, in dem Mr. Lin dokumentiert, wie er seinen erweiterten Freundeskreis mit „Peanut Butter & Jellyfish-Sandwiches“ traktierte. Jellyfish ist Qualle. Ja, genau. Qualle. Und das ist erst der Anfang.
Mr. Lin scheint (erfolgreich) den Beweis führen zu wollen, das man alles, aber auch wirklich alles essen kann. Er schreibt einen lebhaften, äußerst komischen Stil, der sich dem Leser am besten über einen überaus anschaulichen Bericht erschließt, in dem Mr. Lin beschreibt, wie er im Hinterzimmer eines leicht eigenartigen koreanischen Etablissements lebende Tentakel mit großem Appetit verspeist hat. Mit dem dazugehörigen Video hat sich Mr. Lin als DER Cinema-Verité-Filmer unter den Foodbloggern etabliert, wohingegen er in „Eddie Lin and the Hot Pot of Doom“ souverän Restaurantkritik mit einer Hommage an Ernst Stavro Blofelds Selbstmord-Garten aus „Man lebt nur zweimal“ verbindet.
Wirklich ganz großes Tennis auf Deep End Dining. Ich hab mich schlapp gelacht.

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Entenkeulen in Apfelsauce

Entenkeule mit Apfelsauce
Unaufwendig, unkompliziert und ziemlich lecker: pro Nase eine Entenkeule, 1/4 bis 1/2 Apfel, geschält, entkernt und kleingewürfelt, 1 kleine kleingewürfelte Zwiebel und 1 ebensolche Knoblauchzehe, zwei bis drei oder vier blättrig geschnittene Champignons, was zum Ablöschen (Wein, Cidre, Calvados, Hühnerbrühe), bißchen Creme Fraiche, Salz und Pfeffer. Die Entenkeulen salzen und pfeffern und bei relativ niedriger Hitze auf der Hautseite ohne zusätzliches Fett langsam anbraten. Zwischendrin mal umdrehen, und sich ruhig 15 Minuten Zeit für die Anbraterei nehmen. Wenn die Keulen allseits gebräunt sind, nimmt man sie kurz aus der Pfanne, gießt das ausgetretene Fett ab, lässt, Apfel, Zwiebel und Knoblauch kurz angehen, löscht mit wenig Flüssigkeit ab und legt den Deckel auf die Pfanne. Nun lässt man die Keulen 45 bis 60 Minuten in Ruhe, guckt nur mal gelegentlich nach, ob noch genug Flüssigkeit da ist und kippt gegebenenfalls nach. Die Keulen sind meistens dann fertig, wenn die Äpfel sich restlos aufgelöst haben. Dann nimmt man die Keulen aus der Pfanne und stellt sie kurz warm, während man die Champignonscheiben in die Pfanne schmeißt, brät, die Creme Fraiche unterrührt und alles etwas einköcheln lässt. Nochmal abschmecken und auf den Tisch damit. Grünes Gemüse passt ganz gut dazu, also Bohnen, Wirsing, Rosenkohl, was aus der Ecke. Mahlzeit.

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Keine Zeit

Gestern habe ich Hühnerbrühe gekocht. „Woher nimmst du nur immer die Zeit?“ kreischt der halbe erweiterte Bekanntenkreis. Natürlich hab ich keine Zeit zum Brühe kochen.
Arbeitsplan:
Minute 1: Wasser im Wasserkocher aufsetzen, Suppenhuhn aus dem Kühlschrank und Topf aus dem Topfschrank holen
Minute 2-4: Ins Huhn gucken, ob unerwünschte Kleinteile dringeblieben sind (nein), Fett NICHT entfernen (gibt Geschmack), Huhn waschen, Huhn in den Topf werfen.
Minute 4-6: Suppengrün putzen: Zwiebel, Möhren und Sellerie schälen, Porree zurechtschneiden, alles waschen und in den Topf werfen.
Minute 7: Gewürzbehalter (keine Ahnung wie man das nennt, so ein überdimensioniertes Tee-Ei eben) mit Knoblauch, Lorbeer, Petersilie und Piment laden und in den Topf hängen.
Minute 8: Große Flamme an, Topf drauf, heißes Wasser und ein großes Tässchen Wein dazu.
ca. Minute 11 bis 13: Das Zeugs kocht. Wenn nötig, abschäumen. Salzen, pfeffern. Hitze runter. Das war’s.
Natürlich braucht die Brühe noch zweieinhalb Stunden oder so, bis sie fertig ist. Aber da muss ich ja nicht dabei sein.
Etwas mehr als zehn Minuten Arbeit (okay, hinterher muss ich noch 1 Topf, 1 Messer und 1 Schneidbrett abwaschen, Big Deal!). Finanzieller Einsatz weniger als 10 Euro. Und dafür bekomm ich mehr als zwei Liter Hühnerbrühe, die geschmacklich mit dem Fertigzeugs aus dem Supermarkt soviel zu tun hat wie eine Harley mit ’nem Dreirad. Gut, dass ich keine Zeit hab.

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Nordhessenessen

Gestern waren die liebe Freunde Monika und Reiner da, und ich hab zur Abwechslung mal 3 Gänge Nordhessenessen gekocht.
Angefangen haben wir mit Spanschlauchsuppe. Spanschlauch ist das nordhessische Wort für Porree, und das weiße und gelbe einer solchen Stange reicht für eine Vorsuppe für vier. Der Porree wird in dünne Ringe geschnitten, gewaschen und in etwas Butter angeschwitzt. Paar Speck- oder Schinkenwürfel dazu können nicht schaden. Dann mit einem Glas Weißwein ablöschen, etwas einkochen lassen, ein dreiviertel Liter Hühnerbrühe und einen Becher Schmand dazu, salzen, pfeffern, bißchen Muskat reinreiben, zehn Minuten ein- und weichköcheln lassen.
Spanschlauchsuppe
Das kann man so servieren, man kann aber auch beim Benser vorbeigehen, zwei Blutwürste holen, in Scheiben schneiden, braten und in die Suppe werfen. Die Nordhessen machen das nicht, die haben’s auch zu weit zum Benser. Aber ich mach das immer so.
Als Hauptgang gab’s Dippenickel. Wenn der Koch Dippehase machen will und für gescheite Hasenkeulen durch die halbe Stadt fahren müßte, richtig gute Kaninchenkeulen aber ums Eck zu haben sind, dann macht man eben Dippenickel. Wird ab sofort öfters gemacht. Die Sauce mit Kaninchen kommt viel besser. Und weil die Gäste selber ganz ausverschämt gut kochen können, hab ich die Küchenfolklore mit dem Topfdeckel-mit-Brotteig-Festpappen weggelassen. Wenn man einen gescheiten Bräter mit schwerem Deckel hat, genügt es, ein Stück Alufolie zwischen Topf und Deckel zu klemmen. Dazu gab’s Rotkohl und Klöße und hinterher einen Schlag vor die Stirn, weil ich vergessen hatte, das Dippenickel zu fotografieren, bevor wir es aufgegessen haben.
Tirami-Appelbrei
Zum Nachtisch hab ich mich dann an Fusion-Küche versucht und mit Tirami-Appelbrei einen deutsch-italienischen Crossover hergestellt. Schüssel mit Löffelbiskuits auslegen, mit Espresso und evtl. Amaretto (oder Calvados. Calvados!) beträufeln, darauf eine Schicht selbstgemachten Appelbrei mit Rosinen, und obendrauf die übliche Tiramisu-Creme (500g Mascarpone, 3 Eigelb, 3 steifgeschlagene Eiweiß, bißchen Zucker). Weil ich vergessen hatte, Kakaopulver zu kaufen, habe ich kurzerhand erklärt, dass Kakao und Appelbrei nicht miteinander harmonieren und die Deko weggelassen. War gut.

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Variationsfähiges Paprika-Tomaten-Gemüse

Eine Gemüsebeilage von nachgerade idiotischer Einfachheit, trotzdem äußerst lecker und vor allen Dingen endlos variationsfähig: Geschmortes Paprika-TomatenGemüse. Für die Basisvariante braucht’s pro hungrigem Magen ein bis anderthalb große Grüne Paprika (geputzt und in Streifen geschnitten) und eine große Tomate (entstrunkt und entkernt, weil’s sonst zu suppig wird, evtl. gehäutet, auf alle Fälle gewürfelt) und etwas Olivenöl. Das Olivenöl macht man in Topf oder Pfanne heiß, wirft Tomaten und Paprika rein, salzt und pfeffert.
Paprikagemuese vorher
Jetzt kommt der Deckel drauf, die Hitze wird runtergedreht, und wir beschäftigen uns fünfzehn bis zwanzig Minuten lang mit anderen Dingen. Dann heben wir den Deckel ab…
Paprikagemüse nachher
…und staunen, dass sich das Gemüse ganz ohne unser Zutun von selbst gekocht hat. Wir müssen höchstens noch ein bißchen die Flüssigkeit einkochen, falls die Tomätchen zuviel davon gelassen haben. Feucht sollte das Gemüse sein, aber nicht nass.
Man kann es so, wie es ist, servieren, am Tisch vielleicht noch mit einem Schuß kaltgepreßten Oliven- oder Kernöls vollenden, denn es schmeckt schon in dieser Basis-Version ausgesprochen gut. Ich nehme an, dass das an der niedrigen Schmortemperatur liegt, da scheint irgendwas im Paprika zu karamelisieren, was der Sache einen schönen Geschmack verleiht.
Natürlich ist hier noch nicht Ende der Bohnen Fahnenstange, jetzt geht’s erst richtig los, denn diese Simpelbeilage kann man jederzeit aufbohren, zum Beispiel…
Kurz vor dem Servieren einen Löffel kalten Schmand oder Sahnejoghurt drangeben.
Oder Currypaste mitschmoren.
Oder Paprikapulver mitschmoren.
Oder Sauerkraut, Paprikapulver und Schmand hinzufügen und mitschmoren lassen.
Oder ein Omelette damit füllen.
Oder man kann, statt separat ein Omelette zu braten, die verklepperten Eier gleich so über das gegarte Gemüse kippen. Dann erhält man so etwas ähnliches wie die berühmte Piperade aus dem Baskenland. Da kann man dann noch Schinkenstückchen drüberstreuen, damit’s nicht allzu vegetarisch wird. Ja. Piperade könnte man auch mal wieder machen.
Mein derzeitiger Favorit: Zuerst eine Zwiebel, 2 bis drei Zehen Knoblauch und eine gehörige Portion Ingwer im Öl anschwitzen, bevor man Paprika und Tomaten dazu gibt. Mit getrockneten Chilischoten schärfen. Dazu vielleicht ein Stückchen Entenbrust. Das Leben ist schön.
Mahlzeit!

Mensa, Jus und Steckerlfisch – Wie ich zu kochen anfing

Ich wußte wirklich nicht, wie gut meine Mutter kochen konnte. Was sie allmittäglich vor mich auf den Tisch stellte, hielt ich für normale, akzeptable Hausmannskost. Was es letztlich auch wahr, aber zubereitet von einer Meisterin ihres Fachs, die würzen und abschmecken konnte wie keine zweite und alles, aber auch wirklich alles tat, damit es ihren Kindern schmeckte. Ich hielt die Grüße aus dem Schlaraffenland, die sie jeden Tag aus der Küche auf den Tisch trug, für ganz normales Essen.
Ich hatte „schlechtes Essen“ einfach nicht auf meinem Radarschirm, und deshalb wusste ich auch nicht, was meine Mutter mit ihrem öfters ausgerufenen Seufzer „Der Junge ist gestraft mit seiner anspruchsvollen Zunge!“ meinte, wenn ich mich mal wieder über komisch schmeckende Milch (wurde am nächsten Tag sauer) oder Fleisch von merkwürdiger Konsistenz (entstammte der Tiefkühltruhe) und ähnliches beschwerte.
Als sich nun der Tag näherte, da ich den mütterlichen Haushalt verlassen musste, um in München ein Studium zu beginnen, fragte meine Mutter mich eines Tages, ob sie mir nicht die Grundbegriffe des Kochens beibringen solle. Entrüstet wies ich derartiges von mir: „Es gibt ja eine Mensa an der Uni, da kann ich zum Mittag essen.“ Sie sah mich lange an. „Ausgerechnet du willst in der Mensa essen?“ – „Ja, warum denn nicht? Ich bin doch nun wirklich ein unkomplizierter Esser!“
Sie hatte so eine Art, mich anzugucken, wenn ich gerade im Brustton der Überzeugung etwas gesagt hatte, was sie mit ihrem Weltbild nun gar nicht in Einklang bringen konnte. Sie atmete dann immer ein, als wollte sie einen Satz beginnen, schwieg dann aber doch, sicherlich weil sie nicht „Ist der Junge jetzt endgültig verrückt geworden?“ sagen wollte. Sie sagte es auch diesmal nicht, schüttelte nur den Kopf und schwieg.
Wochen später zog ich denn nach München, und an einem meiner ersten Tage dort betrat ich frohgemut und mit knurrendem Magen die Mensa. Das Stammessen zwo war Steckerlfisch, also gegrillte Makrele, eine Spezialität von der ich einiges gehört hatte und die ich schon immer mal ausprobieren wollte. Ich erwarb also eine Essensmarke der Klasse zwo (wenn ich mich recht entsinne für zwei Mark dreißig) und hielt alsbald ein Tablett mit einem riesengroßen, goldbraun gegrillten Steckerlfisch in der Hand. Erfreut nahm ich Platz und genoss eine ganz ausgezeichnete Mahlzeit, die mir noch heute in bester Erinnerung ist.

Steckerlfisch
Abends rief ich meine Mutter an, um ihr von diesem schönen Erfolg der Münchner Mensa zu berichten. Ich hatte nicht nur mein Ernährungsproblem gelöst, sondern auch bestätigt, dass ich in Essensdingen tatsächlich pflegeleicht war. Meine Mutter schwieg lange. Erst, als ich fragte, ob sie noch am Telefon wäre, sagte sie leise etwas. Es klang wie „Wenn du meinst…“
Am nächsten Tag wusste ich, was sie meinte. Als ich vor einem unglaublich schmierigen braunen Schmadder, aus dem knorpelige Fleischstücke feindselig zwischen öligen Fettaugen herausragten, einer Schale mit körnig angerührtem Moltofill und einem ekelhaften grünen Flummi (Stammessen 1: Schweinsgulasch mit Reis, Götterspeise) saß und keinen Bissen herunterbrachte, obwohl mein Magen knurrte wie die überforderte Endstufe eines Motörhead-Verstärkers, wurden mir schlagartig drei Dinge klar:
1. Meine Mutter war die beste Köchin der Welt, das Essen, was sie zu kochen pflegte, war alles andere als normal.
2. Ich war vielleicht doch etwas pingelig mit dem Essen.
3. In der Münchner Mensa können sie nur Steckerlfisch, sonst nix.
Am Abend rief ich meine Mutter an, leistete Abbitte und berichtete ihr von meinem Entschluss, die Mensa nur noch aufzusuchen, wenn dort Steckerlfisch im Angebot wäre. Argwöhnisch fragte sie, wie ich mich in Zukunft zu ernähren gedächte. „Ich koch eben selbst!“ verkündete ich. Irgendetwas hinzubekommen, dass essbarer war als der verknorpelte Örks aus der Mensa sollte doch machbar sein. Besorgt machte meine Mutter mich darauf aufmerksam, dass ich keinerlei Ahnung von irgendwelchen grundlegenden küchentechnischen Abläufen hätte. Ich verwies umgehend auf meine jüngst erworbene Meisterschaft im Braten von Spiegeleiern und erklärte ihr: „Dann kauf ich mir eben ein Kochbuch. Da steht ja dann alles drin. So schwer kann das auch nicht sein.“ Sie schwieg ein wenig, dann redeten wir über andere Dinge.
Am nächsten Tag gab es in der Mensa keinen Steckerlfisch. Also mied ich diesen Ort kulinarischer Verheerung und suchte stattdessen den benachbarten Buchdiscounter montanus auf, um ein Kochbuch zu erwerben. Leicht ratlos stand ich vor der Vielfalt des Angebots, bis mir der Standardsatz meiner Mutter einfiel: „…gestraft mit seiner anspruchsvollen Zunge!“ Na, da war doch haargenau das, was ich suchte! Ich kaufte mein erstes Kochbuch sowie – natürlich in einem anderen Geschäft – eine Leberkäs-Semmel, setzte mich in die Herbstsonne und begann zu lesen.
Interessant. Einleuchtend. Und wohl doch etwas komplizierter, als ich es mir gedacht habe. Aber – ich hatte es immer gewusst – machbar. Ich entschied mich, nicht nur die Mensa sondern auch die nachmittägliche Vorlesung zu meiden, suchte stattdessen noch einmal den Fleischer auf, bei dem ich die Leberkäs-Semmel erstanden hatte, ging anschließend in einen Supermarkt und dann in mein Einzimmerwohnklo und begann zu kochen. Zum ersten Mal in meinem Leben! Am Abend rief ich meine Mutter an.
„Ich habe mir ein Kochbuch gekauft und gleich etwas gekocht! Hat ganz gut geklappt“
„So. Was denn?“
„Einen Kalbsjus!“
„Du hast was gekocht?“
„Einen Kalbsjus. Dafür brät man Kalbsknochen an und kocht…“
„Großer Gott, Junge… Warum um alles in der Welt hast du einen Kalbsjus gekocht?“
„Den braucht man für gescheite Saucen. Steht so in dem Kochbuch, dass ich mir gekauft habe.“
„Was für ein Kochbuch hast du dir um Himmelswillen gekauft?“
„Kochschule für Anspruchsvolle, von einem gewissen Wolfram Siebeck. Ich dachte, damit mach ich nix verkehrt….“
Meine Mutter schwieg. Nach einer Weile fragte sie: „Hast du deinen Kalbsjus auch gegessen?“
„Natürlich nicht. Aber ich hab jetzt einen Mordshunger. Ich geh jetzt schnell um die Ecke und ess ’ne Pizza.“
Meine Mutter schwieg lange. Das Dröhnen dieses Schweigens habe ich heute noch im Ohr.

Ich bedanke mich beim Mittagesser Sebastian, dessen Eintrag über die Münchner Mensa mich an meine eigenen Basics erinnert hat.
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Rieslingkarnickel

Ein narrensicheres Essen, bei dem nix schiefgehen kann: Das Karnickel in Riesling.
Rieslingkarnickel
Für 4 Karnickel-Fans braucht man 4 Kaninchenkeulen (oder ein ganzes Karnickel, in Einzelteile zerlegt), ein paar Schalotten, zwei oder drei Handvoll Champignons, anständigen Riesling, Creme Fraiche, Thymian, Salz, Pfeffer, Butter, Olivenöl. In einem Schmortopf erhitzt man Olivenöl und Butter und brät bei mittlerer Hitze die Karnickelkeulen langsam an. Wenn sie schön goldbraun sind – was bei der von mir bewußt niedrig gewählten Anbrat-Temperatur schon mal zehn bis fünfzehn Minuten dauern kann – nimmt man sie kurz aus dem Schmortopf raus, kippt das überschüssige Fett weg und schwitzt die kleingeschnittenen Schalotten an. Während des langen Anbratens hatte man auch Zeit, die Champignons blättrig zu schneiden, und so gibt man sie jetzt zu den Schalotten, brät an und löscht mit Riesling ab (ungefähr soviel, dass die Kaninchenteile hinterher zweifingerbreit im Wein liegen), kocht auf, kocht etwas ein und gibt ein oder zwei Löffel Creme Fraiche und die Kaninchenkeulen dazu. Salzen, pfeffern, thymianen und die Hitze auf ganz klein stellen. Karnickel in Riesling ist ein Schmorgericht, und das Geheimnis eines gelungenen Schmorgerichts ist die geringe Hitze. Die Flüssigkeit, in der die Keulen garen, sollte gerade eben simmern, auf keinen Fall kochen. Also nicht blubbern, sondern nur hin und wieder blubbsen.
Deckel drauf und das war’s. Wie lang es jetzt noch dauert, hängt von der Größe der Kaninchenkeulen ab. Irgendwas zwischen dreißig und sechzig Minuten wird hinkommen, und wenn die Hitze nicht zu hoch ist, ist es egal, ob das Karnickel zehn Minuten länger schmort. Das Fleisch wird eventuell etwas weicher und tropft vom Knochen runter, so what?
Mit lecker gebutterten Nudeln und einem wuchtigen Riesling (Elsass, Pfalz) auf den Tisch bringen. Wenn’s noch Gemüse geben soll: Rosenkohl. Oder Wirsing. Ohne viel Firlefanz. Mahlzeit!
Und: Wenn jetzt jemand, der genauso gerne Kochbücher liest wie ich, ruft: Das ist ja wie Coq au Riesling, bloß mit Karnickel statt Huhn, der hat natürlich recht. Ich mag’s mit Kaninchen lieber. Weil Kaninchen so ’ne schöne Sauce macht. Einfach durch Schmoren. Ohne dass man was machen muss.

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Lammkeule unter der Kartoffel-Meerrettich-Haube

Ein Rezept des grandiosen Kochs Dieter Kaldewey, der zehn Jahre lang bei mir um die Ecke für kulinarische Sensationen sorgte, nur um sich dann schnöde mit der unvergleichlichen Lotti nach Schweden aus dem Staub zu machen. Mein Gott, wie ich Lottis Herzlichkeit und Dieters Küche vermisse…
Wie dem auch sei, diese Lammkeule kann ich wenigstens nachmachen, bei deren Zubereitung durfte ich Dieter mal über die Schulter gucken. Für 4 bis 6 Leute braucht man eine entbeinte Lammkeule, eine Packung Kloßteig (750g) aus dem Kühlregal, Olivenöl, 2-4 Eigelb, je nach Größe, Salz, Pfeffer, Knoblauch, Thymian, Senf und frisch geriebenen Meerrettich nach Geschmack.
Die Lammkeule wird gesalzen, gepfeffert und mit durchgedrückten Knoblauchzehen nach Geschmack eingerieben. Paar Thymianblätter schaden nix und geben Geschmack. Einen Bräter auf den Herd stellen, Olivenöl drin heiß machen und die Keule bei mittlerer Hitze von allen Seiten anbraten, bis sie eine schöne Farbe angenommen hat. Während die Keule das tut, reibt man den frischen Meerrettich. Wenn der frische Meerrettich mal wieder nach nix schmeckt und jegliche Schärfe vermissen läßt, kann man ihm mit Meerrettich aus dem Glas unter die Arme greifen. Nun verrührt rührt man den Kloßteig mit den Eigelben, etwas Senf, und dem Meerrettich. Den so entstandenen Pamps verteilt man auf der oberen Hälfte der angebratenen Lammkeule, die man anschließend offen für ca. 1 Stunde in den auf 180 Grad vorgeheizten Ofen schiebt (evtl. ein bißchen Brühe angießen). Wenn die Kartoffelmasse leicht bräunliche Spitzen bekommt, ist’s gut. Unkompliziert und lecker. Böhnchen und roten Landwein dazu, eventuelle Sauce muss man separat erzeugen. Mahlzeit!
Wenn jetzt ein Power-Foodie angesichts des fertigen Kloßteigs die Nase rümpft… darf ich Herrn Kaldewey in seiner unnachahmlichen Art zitieren: „Dann mach doch die Kartoffelmasse selber! Wenn’s irgendwie anders schmeckt, geb ich dir ’n Bier aus.“

Böse

Den besten böse Satz des Tages kann man auf Seite 4 lesen. Nicht schlecht. Aber die Perle, die ich in Wolf Ueckers höchst empfehlenswertem „Im Zeichen der Pfanne – Leidenschaften und Laster eines kochenden Menschen“ gefunden habe, gehört in eine eigene Liga:
„Liegt es wirklich nur an mir, daß meine Begegnung mit dem Bevölkerungsdurchschnitt, den die Meinungsforscher so lieben, nur eine Mischung aus Stumpfsinnigen und Indolenten ergibt, die bei mir Ohnmacht oder kalte Wut auslösen?“