Splitterbrötchen (XLVIII)

In der BILD fantastischen Beruf entdeckt: „Opferjurist“.

Die Preise der Bahn im Bordbistro verwundern mich schon lange nicht mehr. 5,40 für Currywurst mit Brötchen, 6,60 für ein Schinken-Käse-Baguette und 225 ml Chili con Carne zum Dumpingpreis von 6,90 Euro, alles immerhin inkl. Getränk, okay, kennt man. Aber die Chuzpe, mit der die Mitropa-Marketing-Nutten das Wort „Spar-Tipp“ neben diese Angebote geschrieben haben, nötigt sogar mir Bewunderung ab.

Apropos Marketing-Nutten: Firma Pfennig bietet jetzt im Kühlregal einen „Berliner Currywurst-Salat“ an. Soso. Wat woll’nse mir verkoofen? Kalte Wurst? Kalte Wurst kann ick mir ooch alleene kochen.

Ich habe keinen Bauch. Was sich in meiner Körpermitte wölbt, sind liebevoll gehegte Erinnerungen an die herausragenden Leistungen großer Köchinnen und Köche, sowie wertvolle Ablagerungen internationaler Spitzenweine.


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Saumon soufflé

Das ist ziemlich genau dreißig Jahre her: Ich guckte staunend auf den Teller, der gerade vor mich hingestellt worden war. So sieht also ein weltberühmtes Gericht aus. Nu ja. Einfach ein Stück Fisch mit ‘ner weißen Haube und ein Blätterteig-Fleuron. Reichlich Sauce drumrum, immerhin. „Also, von der Deko her hat er sich ja nicht gerade den Arm ausgekugelt“, dachte ich noch, schnitt mir ein Stück Fisch ab, schob mir den Bissen in den Mund und kaute.
Eine Welt brach zu sammen, neue Welten errichteten sich auf den Trümmern der alten. Wahnsinn. Es war „Saumon soufflé“, eins der Star-Gerichte Paul Haeberlins, das ich da zunächst mißtrauisch beäugt hatte, dann aber mit wachsender Andacht Bissen um Bissen genußvoll vertilgte. Das war in der Tat der Küchenhimmel auf Erden. Der Lachs von absolut perfekter Konsistenz, gerade eben durch und wunderbar saftig, das soufflierte Hechtfleisch oben schön aufgegangen, aber noch so cremig, dass es sich aufs vorteilhafteste an den Gaumen schmiegte. Und diese Sauce… dieser Traum von einer Sauce, in der sich die milde Säure des elsässischen Rieslings mit der Süße der Sahne und dem leichten Nuss-Aroma der Butter vermählte… ein Traum. Ein Traum!
Das war das erste Mal, dass ich bei einem Drei-Sterne-Koch essen durfte. Das erste Mal vergißt man nie, und „Saumon soufflé“ erst recht nicht. Am Wochenende ist Paul Haeberlin, dem die Welt dieses Gericht und noch viel mehr verdankt, gestorben. Schade.

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Splitterbrötchen (XLVII)

Früher war die Welt einfach: Wenn ein Mensch zu einem Mülleimer ging, wollte er etwas wegwerfen. Jetzt ist die Welt komplizierter geworden: immer mehr Menschen nähern sich Mülleimern, um etwas herauszuholen. Es ist eine Schande.

Blick in die Kristallkugel: Wenn Gattuso in der nächsten Saison tatsächlich für die Bayern spielt, wird er in der ersten Saisonhälfte mindestens dreimal vom Platz fliegen. Der Firlefranz wird bei Premiere „Jo mei, der Gennaro…“ sagen, Wurst-Uli wird der Konkurrenz die Schuld geben („Das ist nachgerade perfide, wie die Stürmer sich zwischen Gattuso und den Ball werfen. Der kann ja gar nicht anders, als sie zu treten!“), und der Findensienichtauch-Kalle wird die Situation in seiner weltmännischen Art auf den Punkt bringen: „Die deutschen Schiedsrichter müssen sich erst noch an Gattusos Spielweise gewöhnen.“

Manchmal glaubt man, dass die Welt einem gehört. Dass das ein Irrtum ist, merkt man, wenn sie einem wieder weggenommen wird.

Die Sendung „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ ist ein richtiges Karriere-Sprungbrett. Ist es nicht toll, wie die Kandidaten der letzten Staffel immer noch die Schlagzeilen beherrschen?

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Splitterbrötchen (XLVI)

Willi, Wuppi und Wudy… das sind tatsächlich Dinge, die man in Supermarkt oder Bäckerei erwerben und angeblich essen kann. Ich werde nie erfahren, wie das Zeugs schmeckt. Ich kann nicht „Einen Schoko-Wuppi, bitte“ oder „Ich nehm einen mit Käse überbackenen Willi“ sagen, ohne mir unerträglich dämlich vorzukommen.

Was wirklich nervt, sind Leute, die Fragen stellen, weil sie glauben, irgendwas fragen zu müssen. Ohne etwas wissen zu wollen.

„Zeitversetztes Fernsehen“ wird mir gerade als neuestes Trumpfas von T-Online angepriesen. Das ist natürlich der Wahnsinn. Davon träume ich von Kindesbeinen an. Lieber wäre es mir allerdings, wenn die Marketing-Deppen, die diesen idiotischen Begriff erfunden haben, nicht auf Zeit sondern auf Dauer versetzt würden.

Die gewissenlosen Dummschwatz-Profiteure von McKinsey warnen davor, dass die Mittelschicht hierzulande verfällt. Aha. Die gleichen Leute, die jahrelang den Stellenabbau als Allheilmittel für jedes wirtschaftliche Problem gepredigt haben, bemerken plötzlich, dass es volkswirtschaftliche Probleme gibt, wenn man einer größeren Menge Leute die Arbeit wegnimmt. Ein Verfall von Firmen wie McKinsey könnte das Problem schlagartig lösen.

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T-Shirt, anyone?

Stammgäste der Netzecke wissen, dass ich ein Fan ungewöhnlicher Berufe bin. Als ich dann im gestrigen Tagesspiegel auf den „Leiter eines Thinktanks“ stieß, kannte meine Begeisterung keine Grenzen mehr. Sofort fiel mir auf, dass ich über den Dresscode von Thinktank-Leitern überhaupt nichts weiß. Was tragen Thinktank-Leiter im Job? Business casual oder smart casual? Oder gar Tweed-Jackett mit Lederflicken an den Ellenbogen? Während ich noch rätselte, schoss mir spontan die Idee für ein T-Shirt für Schwerintellektuelle durch den Kopf, und Freund Carsten aus dem Mitzwinkel war so freundlich, meiner Idee Gestalt zu verleihen:
Thinktank-Shirt

Keine Frage, ein solches Shirt MUSS ich haben. Bevor ich jedoch in den Copy-Shop tapse und ein Unikat mache: Will noch wer eins?

[tags]T-Shirt, Thinktank, Haut Couture[/tags]

Splitterbrötchen (XLV)

Im Supermarkt einen Fehlkauf getätigt. Welcher grenzdebile Vollspaten ist nur auf die Idee gekommen, auf eine Packung, die 40 Müllbeutel mit je 20 Litern Inhalt enthält, eine riesengroße 40 zu drucken?

Ein Satz wie „Rufen Sie an und gewinnen Sie ein schickes Auto!“ (Sat1, Donnerstag abend) ist weder inhaltlich noch literarisch zu toppen.

In Minden gesehen – genialer Name für eine Boutique: „Bonnie sucht Kleid“.

Warum finden so viele Menschen Essen vom Buffet so toll? Mir was durcheinander auf den Teller packen kann ich auch zuhause.

Ein Service, den ich nicht mehr missen möchte: Der Celebrity-Deathbeeper.

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Die Meldung des Tages

Ganz oben auf SPOn steht, dass irgendein schlimmer Finger schlimmes Ohr versucht hat, den Porsche-Oberpropeller Wendelin Wiedeking (mit so einem Namen wird man entweder ein verkrachter Heimatdichter oder etwas ganz großes) mit einem Babyphone abzuhören. Nun, das ist nicht weiter verwunderlich. Der Mann kennt jede Menge Geheimnisse (War James Dean wirklich selbst schuld, oder war es doch ein Konstruktionsfehler?), hinter die die Konkurrenz gerne kommen möchte. Das Babyphone ist aber eine glatte Beleidigung. Wie (und vor allen Dingen wer!) kann es denn wagen, den absoluten Superstar aller Bilanzen, den Dogen der Dividende mit einem Pfennigsartikel vom Elektronik-Discounter abzugreifen? Oder sind jetzt sogar schon unsere Industriespione knebelnden Sparzwängen unterworfen? Man kann eine Wirtschaft auch zu Tode sparen!

Das Mindener Tageblatt hingegen berichtet uns von unglaublichen Vorfällen:

Gegen 21 Uhr kommt der große Augenblick: Knutsch-Alarm! Florian Silbereisen bricht den Weltrekord im Schnellküssen, stürzt sich auf die fassungslosen Damen im Publikum und schafft 81 Küsse in 2.37 Minuten. Doch während sich seine Verehrerinnen, die nahezu enthemmt auf ihn zugestürzt waren, noch wie ferngesteuert zurück zu ihren Plätzen tasten, singen und feiern die Gäste schon mit DJ Ötzi den Hit „Ein Stern, der deinen Namen trägt“.

Früher war es ja so, dass die Menschen auf der Bühne bis zur Oberkante Unterlippe voll mit Drogen waren. Jetzt scheint das Publikum zugedröhnt zu sein.

Den Vogel abgeschossen hat hingegen die Nichte von Konrad Kujau. Wie diese Dame es geschafft hat, mit einer einzigen, sehr einfachen, aber überaus folgerichtigen Idee aus dem scheinbar übermächtigen Schatten ihres Oheims zu treten… das muss nicht weiter kommentiert werden, das ist eine einzigartige, makellose Perle unter den Nachrichten, lässt uns alle Silbereisens und Wiedekings vergessen und gibt uns das schöne Gefühl, in großen Zeiten zu leben:

Die Nichte des Fälschers der Hitler-Tagebücher, Petra Kujau, muss sich einem Zeitungsbericht zufolge demnächst wegen Betrugs und Urheberrechtsverletzung vor Gericht verantworten. Die entsprechende Anklageschrift der Dresdner Staatsanwaltschaft sei nach über zweijährigen Ermittlungen nun fertig, berichten die „Stuttgarter Nachrichten“. Die Beschuldigte soll übers Internet mehrere Hundert Bilder alter Meister als echte „Kujau-Fälschungen“ verkauft haben. Tatsächlich seien diese Bilder billig in China hergestellt worden, berichtet die Zeitung.

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