Der Bratwurstritter

Von einer ganz, ganz großen Delikatesse ist die Rede: von der Bratwurst. Bevor ich jetzt zum Wahnsinnigen erklärt werde: mit Bratwurst meine ich natürlich nicht das, was in 99 Prozent alles Imbissbuden des deutschsprachigen Raums als „Bratwurst“ bezeichnet wird. Ein Verwendungszweck für diese fett-triefenden Holzkohlen-Brennstäbe, die dort verkauft werden, muss noch gefunden werden, denn Essen kann man derlei Zeugs sicherlich nicht, es sei denn, man erwägt die Eröffnung einer eigenen Sodbrennerei oder möchte seinen Gaumen mal wieder so richtig abhärten.
Insbesondere Berlin konnte ich bis vor wenigen Tagen nur als Bratwurst-Diaspora bezeichnen. Das, was in den Vitrinen selbst renommierter Berliner Fleischer lag und liegt, treibt jemandem, der mit den unvergleichlichen frischen, ungebrühten Bratwürsten Nordhessens großgeworden ist und seine erste solche auf einem traditionellen Schlachtekohl angemessen bekam, Tränen des Zorns und der Verzweiflung in die Augen. Doch damit ist jetzt Schluss.
Ein Ritter in schimmernder Rüstung hat die Berliner Wurst-Dämonen besiegt und bietet jetzt Berlins beste Bratwurst an, und zwar so, wie es sich für eine richtige Bratwurst gehört: frisch, grob und ungebrüht. Der Mann hinter der Wurst ist natürlich niemand anderes als der hier in der Netzecke schon mehrfach mit Ehrfurcht erwähnte Fleischer Marcus Benser, der Neuköllner Protein-Papst, den viele wegen seiner mehrfach preisgekrönten Hausspezialität auch als Blutwurstritter kennen. Nun, ab sofort ist er auch noch der Bratwurstritter, denn das, was da als „frische, ungebrühte Bratwurst“ bei ihm über den Tresen geht, ist schlicht und einfach eine der größten Delikatessen, die man für kleiens Geld in Berlin zu kaufen bekommt.
Mir schmeckt die ritterliche Bratleiste zur Zeit mit einer Art burgenländischem Kohlrabigemüse am besten, das ich mit dem Bratensatz der Bratwurst auf Höchstleistung tune.

Pro Nase 2 grobe, ungebrühte Bratwürste, 2 kleine oder 1 großen Kohlrabi, geschält und gewürfelt, 1 kleine Zwiebel, 1 Knoblauchzehe, Tomatenmark, Paprikapulver (scharf und/oder edelsüß, nach Gusto), 1 Tomate, etwas Weißwein, 1 Esslöffel saure Sahne.
Die Bratwürste einstechen, eine Eisenpfanne auf mittlere Hitze bringen und die Bratwürste einlegen. Langsam (!) gar braten, dabei gelegentlich wenden. In einer zweiten Pfanne kleingehackte Zwiebeln und Knoblauch in etwas Butter angehen lassen, Kohlrabiwürfel dazugeben, großzügig Paprikapulver und etwa 1 Esslöffel Tomatenmark zugeben, kurz durchdünsten und mit wenig Weißwein oder Brühe ablöschen, entkernte kleingeschnittene Tomate zugeben, auf kleiner Hitze garziehen lassen. Wenn die Bratwürste fertig sind (15-20 Minuten), dieselben aus der Pfanne nehmen, das ausgetretene Fett wegschütten, den Bratensaft mit ganz wenig Wasser ablöschen und unter das Kohlrabigemüse rühren. Saure Sahne auf den Tisch stellen, davon ein Löffelchen unter das Gemüse rühren und reinhauen.

Bratwurst mit Kohlrabi

Mahlzeit!

[tags]Bratwurst, frisch, Benser, Kochen[/tags]

Da war doch was …

Zum

bedeutsamsten Sportereignis, das jemals auf Schweizer Boden durchgeführt wurde

erklärt SPIEGEL ONLINE die anstehende Fußball-Europameisterschaft.
Nun ja. Nichts gegen das anstehende Turnier, aber… ähm… muss ich denn wirklich die Fußballrechercheure, die das übermächtige Spiegelarchiv hinter sich wissen, daran erinnern, dass die wunderträchtige Stadt Bern in der Schweiz liegt? Nur mal so bedeutungshalber?

[tags]EM, Fussball, Schweiz, Mythos[/tags]

Splitterbrötchen (XLVIII)

In der BILD fantastischen Beruf entdeckt: „Opferjurist“.

Die Preise der Bahn im Bordbistro verwundern mich schon lange nicht mehr. 5,40 für Currywurst mit Brötchen, 6,60 für ein Schinken-Käse-Baguette und 225 ml Chili con Carne zum Dumpingpreis von 6,90 Euro, alles immerhin inkl. Getränk, okay, kennt man. Aber die Chuzpe, mit der die Mitropa-Marketing-Nutten das Wort „Spar-Tipp“ neben diese Angebote geschrieben haben, nötigt sogar mir Bewunderung ab.

Apropos Marketing-Nutten: Firma Pfennig bietet jetzt im Kühlregal einen „Berliner Currywurst-Salat“ an. Soso. Wat woll’nse mir verkoofen? Kalte Wurst? Kalte Wurst kann ick mir ooch alleene kochen.

Ich habe keinen Bauch. Was sich in meiner Körpermitte wölbt, sind liebevoll gehegte Erinnerungen an die herausragenden Leistungen großer Köchinnen und Köche, sowie wertvolle Ablagerungen internationaler Spitzenweine.


[tags] Pseudoweisheiten, Tiefsinn, Wichtigtuerei[/tags]

Saumon soufflé

Das ist ziemlich genau dreißig Jahre her: Ich guckte staunend auf den Teller, der gerade vor mich hingestellt worden war. So sieht also ein weltberühmtes Gericht aus. Nu ja. Einfach ein Stück Fisch mit ‘ner weißen Haube und ein Blätterteig-Fleuron. Reichlich Sauce drumrum, immerhin. „Also, von der Deko her hat er sich ja nicht gerade den Arm ausgekugelt“, dachte ich noch, schnitt mir ein Stück Fisch ab, schob mir den Bissen in den Mund und kaute.
Eine Welt brach zu sammen, neue Welten errichteten sich auf den Trümmern der alten. Wahnsinn. Es war „Saumon soufflé“, eins der Star-Gerichte Paul Haeberlins, das ich da zunächst mißtrauisch beäugt hatte, dann aber mit wachsender Andacht Bissen um Bissen genußvoll vertilgte. Das war in der Tat der Küchenhimmel auf Erden. Der Lachs von absolut perfekter Konsistenz, gerade eben durch und wunderbar saftig, das soufflierte Hechtfleisch oben schön aufgegangen, aber noch so cremig, dass es sich aufs vorteilhafteste an den Gaumen schmiegte. Und diese Sauce… dieser Traum von einer Sauce, in der sich die milde Säure des elsässischen Rieslings mit der Süße der Sahne und dem leichten Nuss-Aroma der Butter vermählte… ein Traum. Ein Traum!
Das war das erste Mal, dass ich bei einem Drei-Sterne-Koch essen durfte. Das erste Mal vergißt man nie, und „Saumon soufflé“ erst recht nicht. Am Wochenende ist Paul Haeberlin, dem die Welt dieses Gericht und noch viel mehr verdankt, gestorben. Schade.

[tags]Haeberlin, Auberge de l’Ill, Saumon soufflé[/tags]

Splitterbrötchen (XLVII)

Früher war die Welt einfach: Wenn ein Mensch zu einem Mülleimer ging, wollte er etwas wegwerfen. Jetzt ist die Welt komplizierter geworden: immer mehr Menschen nähern sich Mülleimern, um etwas herauszuholen. Es ist eine Schande.

Blick in die Kristallkugel: Wenn Gattuso in der nächsten Saison tatsächlich für die Bayern spielt, wird er in der ersten Saisonhälfte mindestens dreimal vom Platz fliegen. Der Firlefranz wird bei Premiere „Jo mei, der Gennaro…“ sagen, Wurst-Uli wird der Konkurrenz die Schuld geben („Das ist nachgerade perfide, wie die Stürmer sich zwischen Gattuso und den Ball werfen. Der kann ja gar nicht anders, als sie zu treten!“), und der Findensienichtauch-Kalle wird die Situation in seiner weltmännischen Art auf den Punkt bringen: „Die deutschen Schiedsrichter müssen sich erst noch an Gattusos Spielweise gewöhnen.“

Manchmal glaubt man, dass die Welt einem gehört. Dass das ein Irrtum ist, merkt man, wenn sie einem wieder weggenommen wird.

Die Sendung „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ ist ein richtiges Karriere-Sprungbrett. Ist es nicht toll, wie die Kandidaten der letzten Staffel immer noch die Schlagzeilen beherrschen?

[tags] Pseudoweisheiten, Tiefsinn, Wichtigtuerei[/tags]

Splitterbrötchen (XLVI)

Willi, Wuppi und Wudy… das sind tatsächlich Dinge, die man in Supermarkt oder Bäckerei erwerben und angeblich essen kann. Ich werde nie erfahren, wie das Zeugs schmeckt. Ich kann nicht „Einen Schoko-Wuppi, bitte“ oder „Ich nehm einen mit Käse überbackenen Willi“ sagen, ohne mir unerträglich dämlich vorzukommen.

Was wirklich nervt, sind Leute, die Fragen stellen, weil sie glauben, irgendwas fragen zu müssen. Ohne etwas wissen zu wollen.

„Zeitversetztes Fernsehen“ wird mir gerade als neuestes Trumpfas von T-Online angepriesen. Das ist natürlich der Wahnsinn. Davon träume ich von Kindesbeinen an. Lieber wäre es mir allerdings, wenn die Marketing-Deppen, die diesen idiotischen Begriff erfunden haben, nicht auf Zeit sondern auf Dauer versetzt würden.

Die gewissenlosen Dummschwatz-Profiteure von McKinsey warnen davor, dass die Mittelschicht hierzulande verfällt. Aha. Die gleichen Leute, die jahrelang den Stellenabbau als Allheilmittel für jedes wirtschaftliche Problem gepredigt haben, bemerken plötzlich, dass es volkswirtschaftliche Probleme gibt, wenn man einer größeren Menge Leute die Arbeit wegnimmt. Ein Verfall von Firmen wie McKinsey könnte das Problem schlagartig lösen.

[tags]Pseudoweisheiten, Tiefsinn, Wichtigtuerei[/tags]

T-Shirt, anyone?

Stammgäste der Netzecke wissen, dass ich ein Fan ungewöhnlicher Berufe bin. Als ich dann im gestrigen Tagesspiegel auf den „Leiter eines Thinktanks“ stieß, kannte meine Begeisterung keine Grenzen mehr. Sofort fiel mir auf, dass ich über den Dresscode von Thinktank-Leitern überhaupt nichts weiß. Was tragen Thinktank-Leiter im Job? Business casual oder smart casual? Oder gar Tweed-Jackett mit Lederflicken an den Ellenbogen? Während ich noch rätselte, schoss mir spontan die Idee für ein T-Shirt für Schwerintellektuelle durch den Kopf, und Freund Carsten aus dem Mitzwinkel war so freundlich, meiner Idee Gestalt zu verleihen:
Thinktank-Shirt

Keine Frage, ein solches Shirt MUSS ich haben. Bevor ich jedoch in den Copy-Shop tapse und ein Unikat mache: Will noch wer eins?

[tags]T-Shirt, Thinktank, Haut Couture[/tags]